Otto FrickeFDP - Griechenland: Teilrückzahlung IWF-Kredit
Geschätzte Frau Präsidentin! Auch um einem Wunsch der Schriftführerin neben Ihnen entgegenzukommen, möchte ich mit dem „Osterspaziergang“ im Faust beginnen: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“, die eine kann sich von der anderen nicht trennen. Genauso geht es meiner Fraktion mit diesem Antrag.
(Dennis Rohde [SPD]: Otto, was ist aus Shakespeare geworden?)
– Wenn du zu Shakespeare Fragen hast, kannst du die gerne stellen; sonst sage ich dir das gerne nachher.
Die eine Seite ist – das finde ich auch sehr gut –, dass Linke, Grüne und SPD anerkennen, wie stark die Reformbereitschaft der neuen bürgerlichen Regierung in Griechenland ist, und deswegen uns hier unterstützen. Das hatte ich von den Linken und Grünen nicht erwartet. Ich will aber ausdrücklich sagen, dass ich das sehr hoch ansehe und auch sehr hoch schätze, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Auf der anderen Seite aber muss man ganz klar sagen, dass alles, was hier vom Zurückzahlen von Schulden usw. erzählt worden ist, ja faktisch nicht stimmt. Es stimmt auch nicht, dass deswegen danach irgendwelche Schulden aufgenommen werden. Frau Staatssekretärin, da wird nichts zurückgezahlt; da werden Schulden ausgetauscht. Es wird nicht nach der Rückzahlung ausgetauscht, sondern es wurden vorher schon die entsprechenden Schulden mit einer Vergünstigung von 35 Millionen Euro neu aufgenommen; ja, das stimmt, das ist richtig. Aber wenn ein Schuldner in einer Gemeinschaft wie der Europäischen Union 35 Millionen Euro Zinsvorteil durch eine Umschuldung hat, der wir zustimmen sollen, was sollte denn dann ein vernünftiger Schuldner mit den 35 Millionen Euro machen? Sollte er sagen: „Oh, die behalte ich“? Oder sollte er sagen: „Boah, ich habe noch ein bisschen viel Schulden; dann gucke ich mal, dass ich die auch noch für was anderes nutze: dass ich schneller zurückzahle, Reformen vorziehe, Ähnliches mehr mache; ich tue all das, um mich als ein Schuldner, der ein Teil der europäischen Familie ist, meinen Gläubigern gegenüber fair zu verhalten.“ Genau das tut Griechenland aber nicht, und das ist die andere Seele, über die wir hier reden müssen.
Meine Damen und Herren, ich habe mir mal angeguckt, was aus der letzten Zeit positiv zu bewerten ist. Ganz schnell: Dass der IWF drinbleibt, ist richtig. Dass die neue Regierung in den anderthalb Jahren bisher sehr, sehr viel getan hat, dass zum Beispiel gerade im Bereich der beruflichen Bildung, gerade im Bereich anderer Bildungsreformen viel getan worden ist, ist richtig. Dass wir Fortschritte bei der Privatisierung haben, ist richtig; die werden ja selbst von Grünen und Linken hier unterstützt. Dass man bei Kartellverfahren endlich mal anfängt, sich an Konzerne zu wenden, die das Land in Teilen ausgebeutet haben, dass es eine Reform der Finanzverwaltung gibt: Alles richtig, alles gut. Aber – und das muss man ganz klar sagen – was steht dagegen? Das will ich auch noch schnell sagen.
Die EU-Kommission sagt: Ja, am Anfang waren da Reformen; inzwischen lässt der Elan ein bisschen nach. – „Ein bisschen“ habe ich jetzt hinzugefügt; er lässt auch an der Stelle nach. Vieles wird rausgezögert; bei der Rente sind Schritte geplant, aber sie werden nicht gemacht; von der Mehrwertsteuer wird seit Jahren versprochen, dass man sie harmonisiert, aber es erfolgt nicht. Bei der Grundsteuer ist was passiert – das scheint auch der linke Teil des Parlamentes gut zu finden –: Die Grundsteuer wird um 20 Prozent gesenkt; das macht man. Aber das, was notwendig ist, nämlich final die Katasterämter so aufzustellen, dass jeder gleichmäßig besteuert wird, das wird auch wieder nicht gemacht. Es gibt einen Reformstau. Im Übrigen – das ist dann die Krone, das will ich am Ende doch sagen – ist die Krone des Ganzen, dass gesagt wird: Ja, wir haben mit den Reformen im Moment in Griechenland etwas Probleme; denn jetzt kommt ja „Next Generation EU“, und wir müssen erst mal alle Energie darauf verwenden, wie wir die Subventionen nutzen, die wir bekommen.
Meine Damen und Herren, es geht deswegen nicht, dass wir zustimmen können. Wir werden uns enthalten. Dann ist es eben wie mit dem Faust: Auf Deutsch ist es etwas Hartes, auf Lateinisch ist es etwas Glückliches.
Ich danke.
(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Auf Griechisch wäre jetzt originell gewesen!)
Danke sehr. – Das Wort geht an Frau Dr. Gesine Lötzsch von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7505982 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 214 |
Tagesordnungspunkt | Griechenland: Teilrückzahlung IWF-Kredit |