Bernd RützelSPD - Wirtschaftshilfen, Kurzarbeitergeld
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie ist keine Ideologie, sie ist Realität. Man kann sie vergleichen mit einer Wanderung auf einem Grat. Wer in den Bergen schon mal unterwegs war und so eine Wanderung gemacht hat, der weiß, dass man genau balancieren muss, dass man jeden Schritt mit Bedacht wählen muss, dass man aufpassen muss; denn auf beiden Seiten geht es runter. Hier ist es vergleichbar: Auf der einen Seite ist die Vermeidung der Gefährdung der Gesundheit ganz wichtig; auf der anderen Seite sieht man aber auch die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und unser Gemeinwesen. Dieses Gemeinwesen hat bisher sehr, sehr gut funktioniert und tut es immer noch. Der Zusammenhalt ist da, weil wir einen starken Sozialstaat haben. Und wenn wir eines gelernt haben, dann doch, dass wir diesen starken Staat, diesen starken Sozialstaat noch mehr ausbauen, noch mehr stärken, noch mehr für die Zukunft ausrichten müssen; denn so was kann uns immer wieder passieren.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Wir haben einen Schutzschirm aufgespannt für Arbeitsplätze, für Selbstständige, für Unternehmen, und wir haben Großartiges geleistet. Ich weiß, dass immer wieder Probleme geschildert werden; das ist ja auch gut so, das ist eben diese Gratwanderung, einen Schritt nach dem anderen. Aber Arbeitsminister Hubertus Heil, Finanzminister Olaf Scholz bin ich sehr dankbar für das, was sie die letzten Monate geleistet haben.
(Beifall bei der SPD)
Wir helfen nämlich Unternehmen dabei, liquide zu bleiben, und den Beschäftigten helfen wir, ihren Arbeitsplatz zu behalten. Durch Kurzarbeit konnten 3 Millionen Jobs, 3 Millionen Arbeitsplätze, gerettet werden. Für über 10 Millionen Menschen wurde Kurzarbeit beantragt. 3 Millionen Menschen mehr wären jetzt in der Arbeitslosigkeit. Was das für diese Menschen, für ihre Familien, für alle bedeuten würde – für die Gemeinden, für die Städte, wo sie wohnen, wo sie leben –, das können und wollen wir uns nicht ausmalen. Deswegen ist Kurzarbeit extrem wichtig.
Liebe Susanne Ferschl von den Linken, ich habe Ihnen das schon letzte Woche hier an diesem Pult gesagt: Man kann immer verschiedener Meinung sein, und man muss das auch austragen. Aber Sie stellen sich hierher und sagen: Da ist nie was gelaufen, da ist nie was gemacht worden. – Entschuldigung, wo waren Sie die letzten zwölf Monate?
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])
Haben Sie nicht mitbekommen, dass das Kurzarbeitergeld vereinfacht worden ist, dass die Regeln dazu verlängert worden sind, dass die Zugangsbedingungen vereinfacht worden sind, dass wir das Kurzarbeitergeld erhöht haben? Natürlich können wir darüber debattieren, ob es reicht oder sonst was. Aber man kann doch das, was wir hier geleistet haben, nicht so hinstellen, als ob nichts gemacht worden sei. Das ist nicht fair, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Ich will sagen: Das Kurzarbeitergeld ist aber auch eine Versicherungsleistung. Die Beschäftigten, die Unternehmen haben in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Deswegen haben sie ein Anrecht darauf – wenn es dem Betrieb schlechter geht, wenn es notwendig ist –, dass diese Leistung ausgezahlt wird.
Natürlich stimme ich zu – da stimmen wir alle zu; das ist heute im „Handelsblatt“ durch unsere Sprecherin noch einmal deutlich geworden –, dass es nicht in Ordnung ist, wenn Boni von Unternehmen gezahlt werden, die viel Unterstützung erhalten haben. Wir müssen auch noch einmal darüber nachdenken, dass diejenigen, die in Kurzarbeit geraten, am Anfang wenig zum Leben haben. Es ist immer ein Balanceakt zwischen bürgernaher, sofortiger und schneller Hilfe auf der einen Seite und einer kontrollierten Auszahlung an die Richtigen auf der anderen Seite.
Es wurde sehr schnell und sehr umfangreich geholfen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte 790 000 Unternehmen, die für bis zu 10,7 Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet haben. Da ist schnell und gut reagiert worden. Allen Frauen und Männern, die in der Bundesagentur für Arbeit, auch in den Jobcentern, arbeiten, gilt großer Dank. Sie haben Großes geleistet. Das will ich an dieser Stelle noch einmal ausführen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Jetzt beginnt eine Zeit der Kontrollen. Das ist in Ordnung so. Das muss auch so sein. All das, was schnell geleistet worden ist, muss auch überprüft werden.
Meine Kollegin Daniela Kolbe geht noch einmal darauf ein. Dann können Sie von den Linken noch einmal hören, was wir alles gemacht haben. Hoffentlich haben Sie das nächste Woche nicht wieder vergessen. Joe Weingarten geht auf die wirtschaftliche Situation ein; denn wir sorgen nicht nur dafür, dass Menschen durch Kurzarbeit nicht arbeitslos werden, sondern wir sorgen dafür, dass sie die Arbeit von morgen machen können: mit Qualifizierung, mit Weiterbildung, mit dem Arbeit-von-morgen-Gesetz. Das ist wichtig. Das ist eine Investition in die Zukunft.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Da lohnt sich jeder Cent Steuergeld, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU] – Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Dafür schon! Das habe ich nicht in Abrede gestellt!)
Das Wort erhält Matthias Nölke von der FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506070 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftshilfen, Kurzarbeitergeld |