04.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 215 / Zusatzpunkt 11

Johann SaathoffSPD - Aktuelle Stunde - Eskalation der Gewalt in Myanmar

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bilder und die Nachrichten, die uns in den vergangenen Wochen aus Myanmar erreichten, sind erschütternd. Wir sehen Gewalt gegen friedliche Demonstranten. Wir sehen den Einsatz scharfer Munition durch die Sicherheitskräfte und sogar das Prahlen damit. Es gibt viele Tote und zahlreiche Verletzte unter den friedlichen Demonstranten. Wir sehen Einschüchterungsversuche durch das Militär gegen Journalisten, die über die Proteste berichten wollen. Und wir sehen willkürliche Verhaftungen in großer Zahl.

Diese Bilder und Nachrichten führen uns deutlich vor Augen: Der Militärputsch in Myanmar erfolgte gegen den ausdrücklichen Willen der Bevölkerung. Die Menschen wollen, dass Myanmar zurückkehrt auf einen Demokratisierungskurs, für den die Novemberwahlen standen. Sehr viele Menschen in Myanmar sind bereit, unter Einsatz ihres Lebens für demokratische und rechtsstaatliche Entwicklungen ihres Landes einzutreten. „ Wir sind wie Wasser, ihr könnt uns nicht aufhalten“, rufen sie auf den Straßen. Und wir stehen an der Seite dieser mutigen Männer und Frauen, die von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, tödliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten ist durch nichts zu rechtfertigen. Es ist richtig und wichtig, dass die Bundesregierung diese Gewalt durch Sicherheitskräfte sowohl öffentlich wie auch in Gesprächen mit Vertretern Myanmars auf das Schärfste verurteilt hat. Dass sowohl der Hohe Vertreter der EU, Josep Borrell, der EU-Generalsekretär Guterres als auch die Außenminister der G 7 sich gleichermaßen geäußert haben, zeigt, wie breit diese Position weltweit getragen wird.

In Myanmar zeigen sich einmal mehr die Kraft einer Zivilgesellschaft und die Kraft der Idee der Demokratie. Unsere gemeinsame Forderung ist und muss es sein, dass Myanmars Sicherheitskräfte ihre Gewalt gegen Demonstranten sofort beenden, dass Menschenrechte und das Völkerrecht in und von Myanmar geachtet werden müssen. Wir fordern, dass die zahlreichen willkürlich Verhafteten freigelassen werden, dass die festgenommenen Spitzenpolitiker, darunter San Suu Kyi und Staatspräsident Win Myint, umgehend freigelassen werden. Wir fordern, dass rechtsstaatliche Prinzipien in Myanmar wieder respektiert werden und dass die gewählte Zivilregierung wieder eingesetzt wird, damit eine Rückkehr zur demokratischen Ordnung möglich ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Es braucht einen politischen Dialog, der den Boden für die Rückkehr auf den Pfad der Demokratisierung bereitet.

Ich begrüße, dass sich im Rahmen der ASEAN die Nachbarstaaten Myanmars für eine Lösung dieser Krise engagieren. Es ist ein Erfolg, dass es am 2. März 2021 zu einem informellen ASEAN-Außenministertreffen gekommen ist, bei dem die Situation in Myanmar Thema war. Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit angesichts der anderen Dinge, die wir im Zusammenhang mit ASEAN erlebt haben; Bundesaußenminister Heiko Maas hat darauf ausdrücklich und zu Recht hingewiesen. Auch die Rolle der Sondergesandten der Vereinten Nationen für Myanmar, Frau Christine Schraner Burgener, eröffnet Myanmars Militär eine Chance auf einen politischen Ausweg aus der Krise – über den Dialog.

Angebote zum Dialog gibt es also durchaus. Richtig ist aber auch, dass die EU sich zugleich darauf vorbereitet, jene Personen durch gezielte Sanktionen zu treffen, die direkt für den Militärputsch und damit für die Verbrechen auf der Straße verantwortlich sind. Wir sind es Myanmars Zivilgesellschaft schuldig, diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die das Recht aller Menschen auf freie Meinungsäußerung und demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung niederschießen lassen. Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, festzuhalten, dass wir auch in der Vergangenheit, als Myanmar auf Demokratisierungskurs war, manches Mal höhere Erwartungen an Myanmars Regierung hatten, als diese zu erfüllen bereit war. Der Umgang mit der Minderheit der Rohyngia sei in diesem Zusammenhang genannt.

(Beifall bei der SPD)

Bei meinen Besuchen habe ich die Hoffnungslosigkeit der Menschen vor Ort erlebt und werde sie wohl nie wieder in meinem Leben vergessen. Alle Menschen in Myanmar verdienen die Chance, dass die Regierung ihres Landes auf einen Demokratisierungskurs zurückkehrt und so ihren Einfluss auf politische Prozesse ermöglicht. Dass wir nicht zögern, auch eine auf Demokratisierungskurs steuernde Regierung in Naypyidaw an ihre Verpflichtungen, etwa zum Schutz von Minderheiten, zu erinnern, haben wir in der Vergangenheit gezeigt.

„Wir sind wie Wasser, ihr könnt uns nicht aufhalten“, sagen die Menschen. In Ostfriesland würde man sagen: Tegen Backobend kannst neet angaapen. -„Es ist unsere Aufgabe, hier zu demonstrieren“, sagen die Menschen. Sie kämpfen um ihr Land, ein Land mit enormen Potenzialen und mit enormen Perspektiven. Sie kämpfen um ein Land in einer Region mit einer großen Zukunft. Die Menschen setzen sich mit friedlichen Mitteln für Frieden und Demokratie ein. Sie haben unsere Hilfe verdient. Nach Naypyidaw muss nun demokratische Offenheit zurückkehren.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der AfD hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Lothar Maier.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506097
Wahlperiode 19
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Eskalation der Gewalt in Myanmar
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