04.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 215 / Zusatzpunkt 11

Frank SchwabeSPD - Aktuelle Stunde - Eskalation der Gewalt in Myanmar

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Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Min Aung Hlaing, Soe Win, Myint Swe, Sein Win, Soe Htut, Ye Aung, Mya Tun Oo, Tin Aung San, Ye Win Oo und Aung Lin Dwe. Man könnte auf die Idee kommen, die Namen der Opfer der Ermordeten der letzten Tage und Stunden hier vorzutragen. Das sind sie in dem Falle aber nicht, sondern es sind die Namen der Täterinnen und Täter. Aber das ist auch wichtig, damit man sich die Namen merkt und schaut, wie man damit international umgehen kann. Die USA haben sie bereits auf eine Sanktionsliste gesetzt. Es sind dieselben Vertreterinnen und Vertreter der Militärs, die übrigens in Den Haag schon vor dem Internationalen Strafgerichtshof stehen.

Ich will noch mal sagen: Ich glaube, man kann nicht Opfer gegen Opfer aufrechnen. Aber es ist schon infam, Herr Braun, wenn Sie hier die Argumentationsmuster genau der Militärs übernehmen, die von Bengalen reden, die eigentlich gar nicht zu Myanmar gehören würden, wenn Sie über die Rohingya reden und genau diese Argumentationsmuster übernehmen, die die Grundlage und der Hintergrund des Völkermordes, des Genozids, sind, der an Tausenden Menschen verübt wird. Hunderttausende sind vertrieben worden. Das sollten Sie bei aller politischen Auseinandersetzung wirklich unterlassen.

(Jürgen Braun [AfD]: Lenken Sie nicht ab!)

Der Völkermord an den Rohingya ist dramatisch und schlimm. Deswegen ist es richtig, dass der Deutsche Bundestag diesen verurteilt.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sind dieselben Militärs, die diesen Völkermord verantworten und die jetzt auf unschuldige Menschen schießen lassen, sie gezielt erschießen lassen. Sie sind verantwortlich und müssen dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Die Lage und Entwicklung Myanmars ist wirklich ein internationales Drama. Myanmar hat mehr Aufmerksamkeit bekommen als viele andere Länder der Welt. Das hat sicherlich etwas zu tun mit dem Charisma von Aung San Suu Kyi. Es hat sich am Ende leider das bewahrheitet, was sie befürchtet hat. Sie hat befürchtet, dass am Ende die Militärs wieder putschen werden. Sie hat sich wahrscheinlich auch deswegen in der Frage der Rohingyas zurückgehalten. Man könnte es aber auch andersherum sagen: Das, was sie versucht hat, nämlich einen Völkermord nicht „Völkermord“ zu nennen, hat sich am Ende für sie nicht ausgezahlt. Es hat trotzdem am Ende diesen Putsch gegeben.

Es hat sich auch nicht ausgezahlt – so viel kritische Betrachtung muss schon sein –, dass sie es versäumt hat, ihre Partei, die Nationale Liga, entsprechend neu aufzustellen. Auch ich war in Myanmar und habe Vertreterinnen und Vertreter dieser Nationalen Liga getroffen. Es war eine Riege alter Männer. Die Partei hat es leider nicht geschafft, das, was wir jetzt auf den Straßen an jungen Menschen, an Zukunftshoffnung, an Zukunftsperspektiven sehen können, mit in diesen demokratischen Prozess einzubringen. Am Ende sind auch die Vertreter der Rohingyas, die früher in dieser Partei an führender Stelle waren, zum Teil als stellvertretende Parteivorsitzende, ausgeschlossen worden. Das hat zu großen Enttäuschungseffekten geführt.

Jetzt haben wir aber die Situation, dass eine demokratisch legitimierte Führung des Landes geputscht wurde und dass junge Menschen dagegen aufbegehren, eine Zivilgesellschaft, wie man sich das, glaube ich, nicht hätte vorstellen können, wie sich das auch die Militärs nicht hätten vorstellen können. Das macht große Hoffnung. Es stimmt tieftraurig, zu sehen, wie tagtäglich Menschen ermordet werden.

Was können wir tun? Wir tun das ja in großer Einigkeit, glaube ich. Wir müssen die Dinge auf den Tisch legen und die Fragen diskutieren, um deutlich zu machen: Niemand kommt ungenannt davon. – Wir müssen alles tun, um Aung San Suu Kyi, ihre Partei und die demokratisch legitimierte Regierung zu unterstützen, dass sie wieder ins Amt kommt. Wir müssen verurteilen, dass diese Gewalt gerade stattfindet, und fordern, dass politische Gefangene freigelassen werden, dass die Verfolgung eingestellt wird. Und wir müssen den EU-Sanktionsmechanismus nutzen, den wir dankenswerterweise mittlerweile haben, auch in Abstimmung mit den Vereinigten Staaten von Amerika, die zum Glück zurück sind auf der Weltbühne. Wir dürfen solche Verbrechen nicht decken, sondern müssen sie entsprechend anprangern. Und wir müssen auch gemeinsam alles tun, um das Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof voranzutreiben.

Noch mal: Man trifft sozusagen immer die Richtigen. Es sind dieselben, die den Völkermord an den Rohingya begehen und die gerade unschuldige Menschen erschießen lassen. Lassen Sie uns hoffen, dass mit dem internationalen Protest, aber vor allem mit dem Engagement der jungen Menschen im Land, die Demokratie in Myanmar schnell zurückkehrt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde ist der Abgeordnete Martin Patzelt, CDU/CSU-Fraktion. – Bitte schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506103
Wahlperiode 19
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Eskalation der Gewalt in Myanmar
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