Matthias HauerCDU/CSU - Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Untersuchungsausschuss Wirecard gehen wir seit fünf Monaten dem Fall Wirecard auf den Grund. Wir finden dabei eine BaFin vor, die nicht den Gesamtkonzern Wirecard beaufsichtigt hat, eine Bilanzkontrolle, die keinen Betrug aufdecken konnte, und eine Geldwäscheaufsicht, die niemand ausgeübt hat. Wir sehen dort eine BaFin, die mit einem Leerverkaufsverbot und Strafanzeigen Partei für Wirecard ergriffen hat, Insiderhandel durch einige Aufseher und Banker sowie Abschlussprüfer, die testiert haben, obwohl Milliardenbeträge nicht existierten.
Die Aufklärung dort läuft auf Hochtouren. Ich darf mich für die fraktionsübergreifend sehr gute Zusammenarbeit im Untersuchungsausschuss bedanken. Wir wollen den Skandal gemeinsam lückenlos aufklären. Das sind wir Anlegern, Mitarbeitern und auch allen anderen Akteuren am Finanzmarkt schuldig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])
Wir müssen die richtigen Schlüsse aus dem Fall Wirecard ziehen. Der vorliegende Gesetzentwurf bietet dafür eine gute Grundlage. Er geht in die richtige Richtung. Um jedoch konsequente Lehren aus dem Fall Wirecard zu ziehen, wollen wir als Unionsfraktion den Gesetzentwurf nachschärfen. Wir brauchen eine starke Bilanzkontrolle aus einer Hand,
(Beifall der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU/CSU will das offensichtlich nicht!)
klare Kompetenzen bei der Geldwäscheaufsicht, weniger Konzentration auf dem Wirtschaftsprüfermarkt, die Stärkung der Rechte von Aufsichtsräten und auch mehr Transparenz bei Verstößen. Diese Punkte sollten wir im Gesetzgebungsverfahren zwingend ergänzen. Das hat übrigens die gemeinsame Arbeit im Untersuchungsausschuss gezeigt. Ich freue mich auch über die zustimmenden Worte von der Parlamentarischen Staatssekretärin Ryglewski dazu. Ich hätte dazu hier auch gerne zustimmende Worte des Bundesministers vernommen und finde eigentlich, dass bei einer solchen Debatte die Anwesenheit von Herrn Scholz angemessen wäre.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP – Sören Bartol [SPD]: Ja, ja! Wenn bei euch ein Minister nicht da ist, ist das aber okay! Mann, Mann, Mann! Das ist echt billig!)
Das zweistufige Verfahren der Bilanzkontrolle hat bei Wirecard versagt. Die BaFin hat sich bei der Kontrolle auf die privatrechtlich organisierte Prüfstelle verlassen, obwohl beide Seiten, BaFin und DPR, wussten, dass der Prüfstelle die forensischen Werkzeuge fehlen, um Bilanzbetrug aufzudecken. Dennoch hält Herr Scholz am zweistufigen Verfahren mit einer privaten Prüfstelle fest. Wir als Union stehen für einen wirklichen Neuanfang beim Enforcement. Wir wollen nämlich eine Bilanzkontrolle bei der BaFin aus einer Hand mit klaren Zuständigkeiten und mit sachgerechten Kompetenzen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch bei der Geldwäscheaufsicht brauchen wir eine konsequente Lösung. Derzeit prüfen BaFin und Bundesländer weitgehend unabgestimmt nur die jeweils eigene Zuständigkeit oder eben Unzuständigkeit. Deshalb konnte sich ein Milliardenkonzern wie Wirecard über Jahre nahezu komplett der Geldwäscheaufsicht entziehen. Sobald zu einem Konzern eine Bank gehört, soll sich nach unserer Sicht die BaFin-Aufsicht bei der Geldwäsche künftig nicht nur auf die Bank, sondern auf die gesamte Holding erstrecken. Dennoch findet sich dazu bislang im Gesetzentwurf nichts. Aber es ist ja noch nicht zu spät. Diese Zuständigkeitslücke können wir noch schließen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auf dem Abschlussprüfermarkt brauchen wir mehr Wettbewerb und nicht weniger. Wir als Union wollen deshalb Anreize für Joint Audits prüfen, um durch das Vieraugenprinzip die Prüfungsqualität zu steigern und der Konzentration auf dem Markt entgegenzuwirken. Wir halten eine maßvolle Haftungserweiterung nach dem Proportionalitätsprinzip für geboten. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Haftungsregelung geht deutlich über das Ziel hinaus und würde die Konzentration auf dem Wirtschaftsprüfermarkt sogar noch fördern. Hier gibt es dringenden Änderungsbedarf.
Wir wollen noch weitere Verbesserungen am Gesetzentwurf. Wir wollen, dass die Abschlussprüfergesellschaft nach zehn Jahren wechselt; aber wir wollen zusätzlich, dass auch die Prüfungsteams vor Ort regelmäßig wechseln, nämlich spätestens nach fünf Jahren. Wir wollen, dass sich der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates mindestens einmal im Jahr auch mit den Abschlussprüfern ohne Vorstand zusammensetzt. Wir wollen die präventive Wirkung berufsaufsichtlicher Maßnahmen durch erhöhte Transparenz stärken, und wir wollen Informationen von Whistleblowern besser nachgehen. Wenn also künftig ein Informant bei der BaFin anruft und auspacken will, dann darf es nicht mehr vorkommen, dass die BaFin beim Wort „Wirecard“ plötzlich kein Englisch mehr versteht und den Hörer auflegt.
Es liegt also noch viel Arbeit vor uns. Abschließend sage ich sehr deutlich: Wenn der Parlamentarische Untersuchungsausschuss oder auch die Sachverständigenanhörung noch weitere Dinge zu Tage fördern, werden wir als Union bereitstehen, das ins Gesetzgebungsverfahren noch mit aufzunehmen. Aufklärung und gesetzgeberische Schlussfolgerungen müssen im Fall Wirecard Hand in Hand gehen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Matthias Hauer. – Der nächste Redner für die FDP-Fraktion ist der Abgeordnete Dr. Florian Toncar.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506110 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz |