04.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 215 / Tagesordnungspunkt 15

Johannes SteinigerCDU/CSU - Wertpapierhandel

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben, wenn wir im Wahlkreis unterwegs sind – nicht nur in Coronazeiten –, durchaus Frust über die Digitalisierung in Deutschland, sei es im Hinblick auf die Digitalisierung der Verwaltung, die Digitalisierung der Bildung oder auch die Digitalisierung des Gesundheitssystems, wenn es montags mal wieder heißt: Die Infektionszahlen können wir Ihnen nicht genau darstellen, weil nicht alle Gesundheitsämter am Wochenende melden.

Wir sehen also: Digitalisierung ist ein ganz wichtiger Standortfaktor. Das ist auch ein wichtiger Standortfaktor für den Finanz- und Rechtsstandort in Deutschland. Herr Keuter, nachdem ich mir diese ahnungslose Rede angehört habe, die Sie gerade gehalten haben, die zeigt, dass Sie offensichtlich keine Ahnung von Blockchain, Dezentralitäten und anderem haben, bin ich froh, dass Sie keine Verantwortung in Deutschland haben und dass Sie nie Verantwortung für dieses Land haben werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Stefan Keuter [AfD]: Wir werden sehen, Herr Kollege!)

Wir machen hier einen ersten Schritt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Einführung von elektronischen Wertpapieren. Damit schaffen wir ein neues Stammgesetz. Jetzt könnte der eine oder andere, der genau zuhört, vielleicht denken: Elektronische Wertpapiere, was soll das denn jetzt schon wieder sein? Ein elektronisches Papier, das gibt es doch eigentlich gar nicht.

Tatsächlich ist es so: Im Begriff „Wertpapier“ steckt das Wort „Papier“ schon drin. Wenn ich eine Forderung oder ein Recht habe, dann kann ich das nicht anfassen; deswegen wurden die Forderung bzw. das Recht in der Vergangenheit immer als Urkunde verbrieft. Eine Urkunde ist eindeutig, ist klar festgelegt und wird, wie es eben auch dargestellt worden ist, im Zweifel in einem Tresor eingeschlossen. Dann ist das klar.

Was jetzt passiert, ist Folgendes: Wir holen die Möglichkeit der Verbriefung als Urkunde, als Papier, nun mit neuen technologischen Möglichkeiten ins 21. Jahrhundert. Stichwort ist die sogenannte Blockchain-Technologie, die es ermöglicht, Transaktionen dezentral auf verschiedenen Rechnern eindeutig verschlüsselt abzusichern. So haben wir genau das, was wir vorher als Papier hatten, jetzt über die Blockchain-Technologie als digitales Medium. Es ist also völlig falsch, Herr Keuter, was Sie gerade zu dieser Technologie gesagt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben jetzt also die Möglichkeit, Besitzverhältnisse papierlos und digital rechtssicher abzubilden. Blockchain ist sozusagen der Ersatz für das Papier. Was den Gesetzentwurf betrifft, könnte man natürlich sagen: Das kommt alles vielleicht etwas spät. In der Schweiz beispielsweise gibt es entsprechende Regelungen schon, ebenso in Luxemburg.

Kollege Steiniger, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung von Herrn Keuter?

Ja. Bevor er eine Intervention macht.

Vielen Dank, Herr Kollege. – Sie haben mich gerade angesprochen und mir Unkenntnis vorgeworfen. Ich finde es schon relativ vermessen von einem Juristen, einem Banker erklären zu wollen, wie das Wertpapiergeschäft funktioniert. Das war damals übrigens mein Spezialgebiet, und ich habe das Geschäft von der Pike auf, also von der Effektenkasse her, gelernt. Sie als Jurist müssten doch eigentlich wissen, was die Verbriefung, was eine Urkunde bedeutet. Da kann man nicht sagen: Das liegt plötzlich digital vor.

Sie haben mir außerdem gerade Unkenntnis über die Blockchain-Technologie vorgeworfen. Sie haben offensichtlich Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht gelesen, worin explizit gesagt wird, dass Sie sich nicht auf eine Technologie festlegen wollen. Deshalb habe ich in meiner Rede dieses ganze Technologiethema ausgespart.

Sie haben offensichtlich Ihre Rede geschrieben, ohne zu wissen, was ich sagen werde. Sie wussten, dass Sie auf mich erwidern müssen; dann hätten Sie aber bitte dieses Thema aussparen können. Das Thema Blockchain habe ich überhaupt gar nicht erwähnt. Wie kommen Sie darauf? Vielleicht nehmen Sie, wenn Sie schon die Technologie ansprechen, auch einmal Bezug auf Ihren eigenen Gesetzentwurf, wo es nämlich ganz explizit darum geht, dass keine Technologiefestlegung erfolgen soll.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Herr Kollege Keuter, herzlichen Dank für Ihre Frage, die mir die Gelegenheit gibt, Sie zuerst darauf hinzuweisen, dass Sie das nächste Mal besser googeln müssen. Ich bin kein Jurist, sondern Mathematiker, und kenne deshalb die kryptografischen Verfahren, die hinter der Distributed-Ledger-Technologie – das ist der Oberbegriff von Blockchain-Technologien – stecken, sehr genau.

Was Sie in Ihrer Rede gesagt haben, hat offenbart, dass Sie überhaupt nicht verstehen, welche Chancen diese Technologie bietet, nämlich dass wir das, was wir früher in Papierform gemacht haben, heute genauso sicher, fälschungssicher und eindeutig im digitalen Bereich abbilden können. Herzlichen Dank für die Offenbarung dieser Ahnungslosigkeit!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Schäffler [FDP])

Ich war gerade dabei, auszuführen: Es wäre natürlich schöner gewesen, wenn wir diesen Gesetzentwurf schon etwas früher gehabt hätten. Wir als Unionsfraktion haben schon im Jahr 2018 ein Eckpunktepapier gemacht. Ich sehe Thomas Heilmann, der damals als Kollege unserer Fraktion maßgeblich daran mitgearbeitet hat, ebenso Heribert Hirte und andere. Im März 2019 gab es dann das Eckpunktepapier von BMF und BMJV. Es ist dringend notwendig, dass jetzt endlich etwas passiert. Ich sage auch: Das ist jetzt ein erster Schritt in dieser Legislatur, und es ist im Grunde genommen ein in Text gegossener Arbeitsauftrag für die nächsten Jahre.

Wenn wir uns mit dem Gesetzentwurf beschäftigen, werden wir noch über ein paar Punkte sprechen müssen, zum Beispiel über die Frage, wie wir mit Fondsanteilen umgehen. Derzeit ist die dezentrale Abbildung nur für Schuldverschreibungen möglich. Wir können uns durchaus vorstellen, hier auch Fondsanteile zu übernehmen. Wir müssen über die Fragen von Abtretung und Übertragung sprechen. Ich finde auch, eine Evaluation eines solchen Gesetzes erst nach fünf Jahren ist viel zu spät. Wenn wir schon sagen, dass wir hier einen ersten Schritt machen, dann sollten wir auch relativ schnell in eine Evaluation gehen.

Alles in allem: Es ist ein gutes Gesetz, das zwar ein bisschen langweilig daherkommt, aber es macht etwas für die Attraktivität unseres Finanzstandortes. Wir wollen, dass die Unternehmen in Deutschland bleiben. Wir wollen, dass die Blockchain-Start-ups in Deutschland gegründet werden. Und wir wollen auch, dass die Infrastruktur in Deutschland weiterentwickelt wird. Das hier ist ein guter erster Schritt in Gesetzesform.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Frank Schäffler.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506165
Wahlperiode 19
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Wertpapierhandel
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