Nadine SchönCDU/CSU - Vereinbarte Debatte - Internationaler Frauentag
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Satz zu meiner Vorrednerin: Natürlich gelten Frauenrechte und Gleichberechtigung für alle Frauen in unserem Land, und natürlich fordern wir sie ein – für die Frauen, die schon lange hier leben, genauso wie für die Frauen, die jetzt neu zu uns kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März werfen wir heute natürlich den Blick auf die Frauen in der Krise. Frauen in der Krise, das sind die Superheldinnen, die Job, Schule, Pflege der Schwiegermutter und das Schrubben der Töpfe vom Mittagessen miteinander vereinbaren, alles zusammen, gleichzeitig und von allem immer noch ein bisschen mehr – und das seit einem Jahr.
Frauen in der Krise, das sind die, für die wir klatschen, die in den Heimen, in den Pflegeeinrichtungen, in den Krankenhäusern Menschen betreuen, pflegen, heilen und leider auch viel zu oft sterben sehen. 75 Prozent der Angestellten im Gesundheitssektor sind Frauen; im Pflegebereich sogar 85 Prozent.
Frauen in der Krise, das sind, ja, auch die ausgebremsten Mütter, die in vielen Fällen mehr Betreuungsaufgaben übernommen haben als die Väter – wobei natürlich auch die eine Menge geleistet haben – und die sich – und das ist interessant – laut Studien des Jobportals LinkedIn derzeit deutlich weniger auf lukrative Stellen bewerben, als es Männer tun. Und das sind Tatsachen; die muss man einfach zur Kenntnis nehmen.
Frauen in der Krise, das sind teilweise auch die Zukurzgekommenen, nämlich unglaublich viele Minijobberinnen, die ja keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.
Frauen in der Krise, das sind oft auch Opfer, die den Frust der Partner abbekommen. Wir sehen beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ einen Anstieg der Anrufe von 20 Prozent, und das sind auch nur die, die sich trauen, sich tatsächlich Hilfe zu suchen.
Frauen in der Krise, das sind auch die Seniorinnen, die Witwen, die Alleinstehenden, die viele Wochen und Monate auf Umarmungen,
(Martin Reichardt [AfD]: Die Großeltern!)
auf einen Händedruck, auf ein gutes Gespräch verzichten mussten. Frauen werden nun mal im Schnitt fünf Jahre älter als Männer. Also gibt es auch viel mehr ältere Frauen, viel mehr Witwen, die besonders unter dieser Krise leiden.
Für uns alle, für Männer wie Frauen, war das letzte Jahr sehr hart. Aber wenn man sich die Zahlen im Vergleich anschaut, muss man schon sagen: Für Frauen war es besonders hart und besonders anstrengend. Warum sage ich das? Weil ich will, dass am Montag, dem Weltfrauentag, besonders laut gejammert werden darf, weil ich will, dass wir Mitleid bekommen? Nein. Ich sage das heute hier im Hohen Hause, weil ich finde, dass wir hier im Bundestag, in der Regierung und all diejenigen, die in diesem Land an verschiedenen Stellen Verantwortung tragen, in Wirtschaft und Gesellschaft, diejenigen, die Entscheidungen treffen, daraus Lehren ziehen müssen und dafür Verantwortung haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben gemeinsam die Verantwortung, dass wir die Situation für Frauen in unserem Land besser machen, und dafür, dass die Krise eben nicht zum Rückschritt wird.
Lasst uns doch Arbeit neu denken! Lasst uns Vereinbarkeit möglich machen, nicht mit starren Modellen wie dem von Hubertus Heil, sondern mit Kreativität, Flexibilität und neuen Lösungen. Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice, Flexibilisierung: Das hilft vor allem Frauen, ihre Arbeit mit Familie besser zu vereinbaren. Wir haben doch gesehen, dass vieles möglich ist.
Lassen wir nicht zu, dass dieses Jahr für Frauen dauerhaft zum Karriereknick wird! Die Frauen sind ja nicht weg. Sie hatten nur andere Prioritäten. Deshalb: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass Kind und Karriere sich nicht ausschließen durch die Möglichkeit von Führen in Teilzeit, durch bessere und flexiblere Kinderbetreuung! Wir haben das Gute-KiTa-Gesetz auf den Weg gebracht, und wir fordern auch den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Grundschulkinder. Unser Gesetz für mehr Frauen in Führungspositionen bringen wir schnell auf den Weg, und wir unterstützen „Stay on Board“.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Schaffen wir Räume und Zeiten auch der Erholung durch Kuren für Mütter und Frauen und andere Möglichkeiten der Entlastung! Kämpfen wir weiter für eine bessere Bezahlung in der Pflege, der Hauswirtschaft und der Erziehungstätigkeiten!
Und: Tun wir etwas gegen Einsamkeit im Alter! Wir haben viele Projekte, Modellprojekte und auch die Mehrgenerationenhäuser auf den Weg gebracht. Aber das reicht uns nicht. Wir wollen einen Aktionsplan gegen Einsamkeit und flächendeckende, ganz konkrete Maßnahmen.
Sorgen wir dafür, dass Opfern von häuslicher Gewalt schnell geholfen wird! Wir haben in dieser Legislaturperiode mit dem Programm für die Frauenhäuser und die Beratungsstellen 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und den runden Tisch geschaffen. Hier wollen wir weiterarbeiten, etwa auch beim Thema Prostitution.
Und: Vergessen wir die Frauen weltweit nicht, diejenigen, die dafür, dass wir schöne T-Shirts oder günstige Rosen haben, auf den Feldern oder in den Textilfabriken schuften müssen unter schlechten Bedingungen. Auch hier haben wir eine Verantwortung, dass es auch diesen Frauen besser geht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir wollen nicht jammern. Wir wollen kein Mitleid. Wir wollen Strukturen ändern und Gewohnheiten. Wir wollen, dass Frauen zu Gewinnerinnen der Krise werden. Dann kann die Krise tatsächlich zu einer Chance für Frauen in unserem Land werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Nicole Bauer, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506432 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 216 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte - Internationaler Frauentag |