Torsten HerbstFDP - Modernisierung des Personenbeförderungsrechts
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Vorhaben war ambitioniert. Der Verkehrsminister hat am Anfang des gesamten Verfahrens erklärt, er wolle einen modernen Rechtsrahmen für alle Bereiche der Personenbeförderung schaffen, ganz gleich, ob klassischer ÖPNV, ob Taxi oder neue Anbieter wie Uber, Free Now, MOIA und viele andere. Aber was wir hier vorgelegt bekommen haben, ist kein Aufbruch ins 21. Jahrhundert. Es ist kein Aufbruch ins Digitalzeitalter. Diese Novelle atmet eher den Geist, der die Faxgeräte in deutschen Amtsstuben am Leben erhält.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh! – Lachen des Abg. Sören Bartol [SPD])
Das Gesetz, das Sie hier vorgelegt haben, ist völlig überbürokratisiert. Es ist wettbewerbsfeindlich. Es zementiert Besitzstände und unterdrückt Innovationen. Es ist ein Gesetz der verpassten Chancen. Damit werden wir in Deutschland garantiert nicht zum europäischen Leitmarkt für digitale Mobilitätsdienstleistungen.
(Beifall bei der FDP)
Es gibt einige wenige Gewinner, aber einen großen Verlierer. Der große Verlierer sind die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland. Ihnen wird etwas vorenthalten, was im europäischen Ausland längst gängig ist: neue Angebote, mehr Auswahl, besserer Service und lukrativere Preise. All das, was die Menschen vielleicht überzeugt, das eigene Auto auch mal stehen zu lassen, enthalten Sie ihnen vor, weil Sie in der Vergangenheit verharren, statt die Zukunft zu gestalten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Du lieber Himmel!)
Weil sich die SPD gerade so schön aufregt, möchte ich Ihnen die Rückständigkeit an einigen hanebüchenen Details zeigen. Das eine ist die Rückkehrpflicht für gewerbliche Mietwagen. Das heißt, wenn am Ort A eine Person einsteigt und sich zum Ort B befördern lässt, muss dieser Mietwagen leer zu seinem Betriebssitz zurückfahren.
(Sören Bartol [SPD]: Weil er ein Mietwagen ist! Deswegen heißt er Mietwagen!)
Das ist ökonomisch unsinnig, weil der Verbraucher dann nämlich für den doppelten Weg zahlt, obwohl er nur eine Strecke fährt. Und es ist ökologisch unsinnig, liebe Grüne. Wenn Sie wirklich für Klimaschutz wären, müssten Sie doch ein Interesse haben, dass in Deutschland in jedem Jahr Millionen Leerfahrten vermieden werden.
(Beifall bei der FDP – Arno Klare [SPD]: Ein Mietwagen ist kein Taxi!)
Diese Regelung allein wird dafür sorgen, dass diese modernen Mobilitätsdienstleistungen gerade im ländlichen Raum nicht angeboten werden können.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Dr. Spaniel?
Aber sehr gern.
(Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Das wird hervorragend! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die „heute-show“!)
Sehr geehrter Herr Herbst, Sie haben zu Recht einige Punkte kritisiert. Jetzt haben wir ja unterschiedliche Mehrwertsteuerregelungen für Leistungen, hier Personenbeförderungsleistungen. Es war zentraler Teil unseres Antrags, dass wir sagen: Wir wollen eine Einheitlichkeit. – Das heißt, wir wollen einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz; wir haben den auf 7 Prozent gesenkten Steuersatz genommen. Wie erklären Sie denn, dass die FDP das in ihrem Antrag so nicht fordert und unterschiedliche Mehrwertsteuersätze da sind?
Wir sind grundsätzlich eine Partei, die immer für Steuersenkung ist. Wenn es die Möglichkeit gibt, die Steuer für Beförderungsdienstleistungen niedriger zu gestalten, sind wir sehr dafür. Wir sagen aber auch: Es muss einen Gleichklang zwischen Rechten und Pflichten geben. Wenn es diesen Gleichklang nicht gibt, gibt es eben auch unterschiedliche Mehrwertsteuersätze. Aber wir haben überhaupt nichts dagegen, Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten.
(Beifall bei der FDP)
Ich bin bei dem zweiten Punkt, der die Rückständigkeit zeigt. Sie wollen eine Option einführen, dass erfolgreiche Anbieter auf 25 Prozent Marktanteil begrenzt werden. Wenn man das mal auf die TV-Streaming-Branche übertragen würde, würde das bedeuten: Wenn Netflix sehr erfolgreich ist, viele Abos verkauft, gibt es irgendwann einen Verkaufsstopp, und die Kunden würden darauf verwiesen, dass sie doch bitte jetzt die schönen Filme bei ARD und ZDF anschauen sollen. Meine Damen und Herren, glauben Sie ernsthaft, dass wir so den Digitalstandort Deutschland voranbringen?
(Beifall bei der FDP – Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Es wird doch nichts verboten!)
Ein letzter Punkt. Sie haben in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag, liebe SPD, liebe Union, versprochen, dass die Taxi- und Mietwagenbranche entlastet wird. Jetzt führen Sie einen Fachkundenachweis neu ein, der Zehntausende Fahrer betrifft, gerade in den ländlichen Regionen. Mir leuchtet nicht ein, warum Sie die jetzt mit neuer Bürokratie belasten, statt sie endlich zu entlasten.
(Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Das nennt sich Qualität! Services, Qualität! Schon mal gehört?)
Dieses Gesetz ist nicht nur verbraucherfeindlich; es ist auch ein Ausdruck der digitalen Selbstverzwergung des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
(Zurufe von der SPD: Oh!)
Wenn wir uns im europäischen und internationalen Vergleich umschauen: Wo sind denn die Mobilitätsinnovationen aus Deutschland, die in Europa und weltweit erfolgreich sind? Ich sehe da nicht allzu viele; FlixMobility ist vielleicht eines der wenigen Beispiele. Aber wenn wir so weitermachen, meine Damen und Herren, wenn wir glauben, mit so anachronistischen Regelungen unseren Heimatmarkt gestalten zu können, verbauen wir den deutschen Start-ups alle Chancen, wirklich erfolgreich zu sein.
(Beifall bei der FDP)
Sie haben die Chance auf einen fortschrittlichen, zukunftsorientierten und verbraucherfreundlichen Gesetzentwurf gehabt. Sie haben einen rückwärtsgewandten vorgelegt. Aus diesem Grund können wir ihm auch nicht zustimmen.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Torsten Herbst. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Sabine Leidig.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506474 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 216 |
Tagesordnungspunkt | Modernisierung des Personenbeförderungsrechts |