05.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 216 / Tagesordnungspunkt 26

Detlef MüllerSPD - Modernisierung des Personenbeförderungsrechts

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor fünf Wochen haben wir hier nach langen Verhandlungen das parlamentarische Verfahren zum Personenbeförderungsgesetz – Sören Bartol nannte es das Grundgesetz für den öffentlichen Verkehr – begonnen. Heute bringen wir die Novelle zumindest hier im Bundestag zum Abschluss.

Zunächst ein paar Sätze zum Entschließungsantrag der AfD. In der letzten Debatte habe ich hier von diesem Pult aus gesagt, dass das A in AfD wohl für Ahnungslosigkeit steht, da Sie keinen eigenen Beitrag zum Thema zustande gebracht haben. Nun, nach fünf Wochen Beratungen, bringen Sie einen dürren Eineinhalb-Seiten-Antrag. Sie erfinden eine ganz neue Regelungskategorie, nämlich den Mietwagen mit Fahrer; vermutlich, weil Sie den Unterschied zwischen Mietwagen und Leihwagen nicht kennen. Sie fordern einen verpflichtenden Personenbeförderungsschein für das Fahrpersonal,

(Zuruf des Abg. Dr. Dirk Spaniel [AfD])

den es in Deutschland schon seit jeher gibt. Sie kennen den Unterschied im Steuersatz nicht. Das Taxi hat eine Beförderungspflicht, deswegen der ermäßigte Steuersatz.

(Sören Bartol [SPD]: So ist es!)

Das Ganze garnieren Sie in diesem Antrag mit einem Text, der allem Anschein nach im Internet zusammenkopiert wurde.

(Heiterkeit des Abg. Sören Bartol [SPD])

Nach A für Ahnungslosigkeit, meine Damen und Herren, scheint also das f im Parteinamen – mit Verlaub – für faul zu stehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Wiehle [AfD]: S für Selbstgerechtigkeit!)

Meine Damen und Herren, mehr als zwei Jahre hat es gedauert, den Gesetzentwurf vorzulegen. Ein langer Prozess, der auch die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP und vor allen Dingen auch die Bundesländer einbezogen hat, und dessen Diskussion von allen Seiten mit großer Sachkenntnis geführt wurde. Grundsätzlich gilt: Das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in Deutschland bildet der ÖPNV mit Bussen, Straßenbahnen, S- und U-Bahnen. Neue Mobilitätsformen können diesen nur ergänzen.

(Beifall des Abg. Arno Klare [SPD])

Wir haben den Gesetzentwurf noch massiv verbessern können und einige Punkte aus den öffentlichen Anhörungen und aus dem Bundesrat aufgenommen. So haben wir bei den Sozialstandards für den gebündelten Bedarfsverkehr nachgeschärft und ermöglichen es gerade Großstädten, diese Regelungen auch auf den Mietwagenverkehr zu übertragen. Wir haben die Anforderungen an die Barrierefreiheit von Fahrzeugen deutlich verbessert, und wir haben die Zugangsvoraussetzungen für das Fahrpersonal für alle Formen des Gelegenheitsverkehrs – also Mietwagen, Pooling und Taxi – in Form eines verpflichtenden Kleinen Fachkundenachweises angeglichen.

(Beifall des Abg. Sören Bartol [SPD])

Damit schaffen wir gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für die verschiedenen Angebote, und wir schaffen Sicherheit für die Kundinnen und Kunden, die nun auf gleichmäßig hohe Qualitätsstandards in der Personenbeförderung vertrauen können. Dass wir das Ziel von gleichen Wettbewerbsbedingungen für die neuen Verkehrsformen erreicht haben, gilt für die gesamte Gesetzesnovelle.

Und – Herr Minister Scheuer hat meinen Satz leider vorweggenommen; übrigens eins zu eins –:

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es ist eben kein Taxischutzgesetz und auch keine Lex Uber, wie auf den zahlreichen Demos der letzten Wochen vorgebracht wurde. Der nun vorgelegte Gesetzentwurf ist ein austarierter Kompromiss.

Wir schaffen mit dem Linienbedarfsverkehr den Rahmen für bedarfsgesteuerte Angebote für den ÖPNV, die auch fest in dessen Tarifstruktur integriert werden müssen. Das ermöglicht bessere ÖPNV-Angebote zu Randzeiten oder in wenig erschlossenen Gebieten, gerade im ländlichen Raum.

Und wir ermöglichen mit dem gebündelten Bedarfsverkehr ein neues und modernes Angebot. Dazu geben wir den Kommunen mit den Pooling-Quoten, Kontingentierung und dem Ausschluss von Bediengebieten weitreichende Regulierungs- und Kontrollmöglichkeiten an die Hand.

Gleiches gilt für den Mietwagenmarkt. Er hat seinen Platz, er hat seine Berechtigung, auch aufgrund der Nachfrage gerade nach komfortablerer Beförderung. Aber er hat im Taximarkt nichts zu suchen. Deshalb erhalten wir die Rückkehrpflicht, geben den Kommunen mit der verpflichtenden Datenweitergabe durch die Unternehmen aber auch ein wirksames Kontrollinstrument an die Hand. Und es wird Mindestbeförderungsentgelte geben, damit Dumping-Angebote unterbunden werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir geben dem Taxigewerbe Raum zur Flexibilisierung, indem wir Öffnungsmöglichkeiten beim Taxitarif ermöglichen, die Ortskundeprüfung abschaffen und gleichzeitig technische Neuerungen wie die Nutzung von Navigationsgeräten und IT-Bezahlsystemen ermöglichen. Vor allem aber beziehen wir Plattformanbieter und auch die Nachunternehmer in die Genehmigungspflicht mit ein. Damit, meine Damen und Herren, wollen wir neue Angebote eben nicht verhindern, so wie die Fraktion Die Linke, und wir stecken auch nicht den Kopf in den Sand.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Bis jetzt war die Rede gut!)

Wir wollen aber eben auch nicht frei und ungeregelt den Markt entscheiden lassen wie die FDP. Nein, wir werden sicherstellen, dass, wer Mobilität vor Ort anbietet, auch Verantwortung für die erbrachten Verkehre und für das angestellte Fahrpersonal übernimmt.

Bedanken möchte ich mich herzlich bei allen Mitverhandlern aus den Ländern und aus dem Ministerium, natürlich bei meiner Kollegin Kirsten Lühmann und meinem Kollegen Sören Bartol, vor allen Dingen aber auch bei den Kollegen der Unionsfraktion, Michael Donth, Alois Rainer und Ulrich Lange. Es war anstrengend, es hat lange gedauert, aber es war erfolgreich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir brauchen einen gut regulierten Verkehrsmarkt mit innovativen Angeboten, um unseren Anforderungen an den Verkehr von morgen in Stadt und Land gerecht zu werden. Es muss sowohl in Cuxhaven als auch in Passau, in Berlin wie in Reutlingen, in Chemnitz wie in der Uckermark funktionieren, und diese Novelle schafft genau diesen Rechtsrahmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Jetzt haben Sie den Westen vergessen! Saarbrücken oder so!)

Vielen Dank, Detlef Müller. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Oliver Luksic.

(Beifall bei der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506480
Wahlperiode 19
Sitzung 216
Tagesordnungspunkt Modernisierung des Personenbeförderungsrechts
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