05.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 216 / Tagesordnungspunkt 27

Falko MohrsSPD - Ökolog.-sozialer, digitaler Wandel der Industrie

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland ist ein Industrieland. Das hat uns an vielen Stellen gut durch Krisen geführt; Kollege Bernd Westphal hat es erwähnt. Das war einer der Garanten, warum wir schneller als viele andere Länder aus der Finanzkrise wieder herausgekommen sind. Das ist auch jetzt ein Garant für viele gute Arbeitsplätze, für gute Mitbestimmung und eine gute Tarifpartnerschaft. Meine Damen und Herren, die Industrie ist eben ein Garant für den Wohlstand in unserem Land. Das muss auch so bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Die Gesellschaft, die Menschheit und damit auch die Industrie stehen aber ganz klar vor der Herausforderung des Klimawandels. Deswegen ist es unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das am Ende kein Widerspruch ist, dass es also nicht „entweder Industrie oder Klimaschutz“ heißt, sondern dass beides verantwortungsvoll miteinander in Einklang gebracht wird. Dafür reicht es nicht, wenn man Ziele definiert und einfach nur sagt: Da muss man mal hin. – Nein, meine Damen und Herren, zu einer verantwortlichen Industriepolitik gehört es, dann auch den Plan zu beschreiben, wie man sich dem Ziel so nähert, dass man dabei keine Arbeitsplätze verliert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter qualifiziert und die Wertschöpfung in diesem Land erhält. Das, meine Damen und Herren, ist eine verantwortungsvolle Industriepolitik.

(Beifall bei der SPD)

Man kommt dann natürlich nicht umhin, auf den größten Industriebereich in Deutschland zu schauen, die Automobilindustrie. Sie macht mit rund 2 Millionen Beschäftigten – direkt oder indirekt – rund 7 Prozent der deutschen Arbeitsverhältnisse und rund 10 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland aus. Man kann sich jetzt fragen, warum ich das hier sage. Na ja, ich habe den Antrag der Grünen gelesen und musste feststellen: Auf all diesen 14 Seiten, auf denen Sie sich mit der Industrie in Deutschland auseinandergesetzt haben, haben Sie kein einziges Wort zu der Leitindustrie „Automobilindustrie“ verloren. Kein einziges Wort!

(Timon Gremmels [SPD]: Hört, hört! Das geht ja nicht!)

Dann habe ich mich gefragt, ob ich das überlesen habe, und habe das Wort „Auto“ in die Suchmaske eingegeben. Einmal habe ich es gefunden: in dem Wort „automatisch“. Na, herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich mich wirklich mit der Zukunft und der Frage einer vernünftigen, klimaverantwortlichen Industrie in Deutschland auseinandersetzen will, dann kann ich doch nicht den größten Teil, nämlich die Automobilindustrie, völlig ausblenden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist dann keine verantwortliche Industriepolitik.

Was wir brauchen, wenn wir von der Zukunft im Pkw-Bereich, von der Elektromobilität, sprechen, ist ja ganz klar. Wir wissen doch, dass dann rund ein Drittel der Wertschöpfung aus der Batterie kommen wird. Das kann man doch nicht ausblenden. Dann kann man auch nicht, wie die Kollegen von der AfD, sagen: Batteriezellproduktion brauche ich nicht. – Das hieße nämlich, dass wir ein Drittel der Wertschöpfung und damit einen großen Teil der Arbeitsplätze im Ausland ansiedeln wollen.

(Beifall bei der SPD)

Nein, dann muss man dafür sorgen, dass diese innovativen Technologien – die Forschung, die Produktion und das Recycling dieser Batterien – in Deutschland verortet werden. Wenn wir neue, zukunftsträchtige Entwicklungen haben – ich nenne nur das Beispiel Feststoffzellenbatterien –, gehört dazu auch, dass wir mit dem Bundeswirtschaftsministerium endlich dazu kommen, dass auch die Forschung und Produktion in diesen Bereichen in Deutschland angesiedelt werden und nicht, weil es in anderen Ländern andere Förderkulissen gibt, beispielsweise in den USA. Ansonsten betreiben wir nicht eine aktive und verantwortungsvolle Industriepolitik, wie wir es uns vorstellen.

(Beifall bei der SPD)

Es geht aber auch um den ganzen Bereich der Digitalisierung, und da nicht nur um Software, Programmierung und Fachkräfte, sondern auch um handfeste Interessen und die Frage, ob wir von anderen Märkten abhängig sind. Wir erleben ja alle schmerzhaft – auch in den letzten Monaten –, dass wir im Bereich der Mikroelektronik bzw. der Halbleiter völlig abhängig von anderen Märkten weltweit sind. Ganze Industriezweige können nicht produzieren und liegen brach, weil die Halbleiter fehlen. Auch hier hat es viel zu lange gedauert, bis wir ein entsprechendes IPCEI-Projekt zur Unterstützung der Halbleiterindustrie in Deutschland auf den Weg gebracht haben. Auch da müssen wir dringend nachlegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir also verantwortungsvolle ökologisch-soziale Industriepolitik in Deutschland betreiben wollen, dann dürfen wir nicht wie die Grünen den größten Teil der Automobilindustrie ausblenden. Dann ist sie integraler Bestandteil der Industriepolitik. Das ist unsere Aufgabe.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Vielen Dank, Herr Kollege Mohrs. – Das Wort hat nun Thomas Lutze, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506674
Wahlperiode 19
Sitzung 216
Tagesordnungspunkt Ökolog.-sozialer, digitaler Wandel der Industrie
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