05.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 216 / Zusatzpunkt 8

Nadine SchönCDU/CSU - Jugendschutzgesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Wort zum Kollegen Huber: Wenn Sie sich mit der Materie beschäftigen, dann müssten Sie wissen, dass für den Rundfunk die Länder zuständig sind und dass es bei diesem Gesetz nicht um Inhaltekontrolle geht. Aber es ist eine komplexe Materie; Sie können sich damit ja noch einmal vertieft auseinandersetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was glauben Sie, wie viele Minuten täglich sich ein Jugendlicher im Internet befindet? Im Jahr 2020 waren es 258 Minuten, also über vier Stunden. Jetzt kann man sagen: Na ja, es war Coronapandemie, dann war es bestimmt ein bisschen mehr. – Aber auch 2019 waren es nach der aktuellen JIM-Studie 205 Minuten, also etwa dreieinhalb Stunden. Etwa ein Drittel davon fällt auf Unterhaltung, ein Drittel auf Kommunikation, also Chatten, WhatsApp, und ein Drittel auf Spiele. Internet und digitale Medien sind also längst ein fester Bestandteil im Leben von uns allen und natürlich auch von Kindern und Jugendlichen geworden. Das ist erst einmal gut; denn das Netz bietet ganz viel, was uns Mehrwert bringt: Kommunikation, Interaktion, Information. Wir können auf das Wissen der ganzen Welt zugreifen, indem wir das Internet nutzen. Man hat Austausch, Unterhaltung; Austausch selbst über die speziellsten Themen. Man kann sogar Meditation und Entspannung im Netz finden.

Auf der anderen Seite gibt es auch Gefahren. Zum Beispiel Cybergrooming. Sexueller Missbrauch beginnt nicht selten im Netz. Viel zu viele machen die verstörende Erfahrung, im Netz von Fremden angesprochen zu werden, bedrängt zu werden oder mit Bildern und Videos konfrontiert zu werden, die sie ängstigen und die sie verstören. Lootboxen, In-App-Käufe animieren zum Geld ausgeben, und zwar in einem etwas größeren Maße als beim Paninibildchen am Kiosk um die Ecke. Spielsucht, Sich-nicht-mehr-lösen-Können, ist ein anderes Risiko, das sich nicht bestreiten lässt.

Wir als Gesetzgeber können nicht jedes Risiko beseitigen. Was wir aber tun können und auch müssen, ist, Kindern, Jugendlichen und Eltern Werkzeuge an die Hand zu geben, die ihnen Orientierung verschaffen und die ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst bestmöglich zu schützen. Genau das machen wir mit der Novellierung des Jugendmedienschutzes. Wir holen das Jugendschutzgesetz heraus aus dem Zeitalter von CD-ROM und Diskette. Wir machen es fit für das 21. Jahrhundert. Wir wollen klare Regeln schaffen, um Risiken einzudämmen und Eltern und Kinder bestmöglich bei der Mediennutzung zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dafür gibt es viele sehr innovative Neuerungen in diesem Gesetz. Wir schaffen zum einen mehr Transparenz und Orientierung. Interaktionsrisiken wie Chat- und Kontaktfunktionen, über die Kinder und Jugendliche häufig anonym und unbeobachtet kontaktiert werden, aber auch versteckte Kostenfallen oder glücksspielähnliche Funktionen in Spielen sollen künftig durch Deskriptoren kenntlich gemacht werden. Diese Deskriptoren bieten den Eltern Orientierung, indem sie über das, was die Altersbewertung bisher ausmacht, nämlich eine Aussage über den Inhalt des Mediums, hinausgehen. Als Elternteil oder als Jugendlicher kann ich so selbst bewerten, ob ich mich darauf einlassen will oder nicht. In manchen Fällen gibt es auch die Möglichkeit, dass diese Interaktionsrisiken in die Altersbewertung einfließen. Aber vor allem setzen wir auf die Deskriptoren.

Besonders gelungen finde ich das dialogische Verfahren bei der Anbietervorsorge. Es ist nämlich nicht so wie in anderen Fällen, wo es nur eine Aufsicht gibt, die immer sagt, was nicht geht, sondern wir schaffen ein System, wo gemeinsam erörtert wird, was geht. In einem dialogischen Verfahren zwischen den Anbietern und der Aufsicht wird dann eruiert, was die besten Vorsorgemaßnahmen sind, um ein Spiel oder ein digitales Angebot entsprechend altersgerecht anbieten zu können. Das können ganz unterschiedliche Sachen sein, etwa Melde- und Hilfesysteme, die ich für sehr wichtig erachte, Hinweise auf Beratungsangebote oder datensensible Voreinstellungen am Nutzerprofil selbst. Es gibt also einen ganzen Baukasten. Es ist mir wichtig, dass wir hier keine starren Regelungen schaffen, sondern eine Auswahl, dass wir individuelle Lösungen finden, die dann in der Gesamtkonzeption dem besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen dienen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir schaffen mit der Bundeszentrale eine neue Einheit – ja, es ist kritisiert worden –, aber das ist dann eben auch eine Stelle, die zum einen sehr gut mit den Aufsichten der Länder, mit der KJM, zusammenarbeitet. Wir haben auch im parlamentarischen Verfahren das Zusammenwirken noch einmal deutlich nachgeschärft und verbessert. Diese Stelle kann dann die Rechtsdurchsetzung gegenüber den ausländischen Anbietern besser gestalten; denn ohne Frage ist das Netz global. Wir haben es vor allem mit ausländischen Anbietern zu tun, die hier ihre Angebote, Plattformen oder auch Spiele anbieten. Deshalb ist es wichtig, dass wir Anbietervorsorge nicht auf nationale Angebote beschränken, sondern immer auch den Blick auf den internationalen Bereich werfen. Dafür sind die Verfahren und auch diese neue Stelle bestens geeignet.

Liebe Kollegen, vielen Dank für die Beratungen der letzten Woche. Ich hoffe, dass dieses Gesetz in der Praxis seine Wirkung entfalten wird, wir Kinder und Jugendliche besser schützen und Eltern mehr Orientierung geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schön. – Als nächsten Redner rufe ich auf den Kollegen Matthias Seestern-Pauly, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506683
Wahlperiode 19
Sitzung 216
Tagesordnungspunkt Jugendschutzgesetz
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