Katrin Helling-PlahrFDP - Vormundschafts- und Betreuungsrecht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gerne hätten wir einer Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zugestimmt. Es ist uns ein Anliegen, die Autonomie der Menschen, die Unterstützung benötigen, zu stärken. Völlig ohne Not nehmen Sie mit dem Gesetzentwurf aber auch den dritten Anlauf, ein Ehegattennotvertretungsrecht einzuführen – völlig ohne Not. Ich zitiere aus der Sachverständigenanhörung:
… eigentlich gehört es nicht in diesen sehr komplexen Entwurf, in dem eine Menge Arbeit steckt.
Man könnte gar meinen, Sie hätten sich Mühe gegeben, noch etwas unterzubringen, was das Gesetz nicht zustimmungsfähig macht.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)
Ehegatten sollen in Notsituationen automatisch in Gesundheitsbelangen füreinander entscheiden können, sofern sie nicht zuvor widersprochen haben.
Meine Damen und Herren von der Großen Koalition, Sie wollen Gerichte entlasten und opfern dafür das individuelle Selbstbestimmungsrecht der Ehepartner. Ich bin ernstlich in Sorge; denn das Notvertretungsrecht öffnet nicht nur Missbrauch Tor und Tür. Sehr viele Menschen werden überhaupt nicht um das Notvertretungsrecht wissen und können folglich auch gar nicht widersprechen. Das ist doch fatal.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und wenn Sie sagen, den Ehepartner habe man sich doch selbst ausgesucht, Herr Kollege Lehrieder,
(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Stimmt!)
so ist das Argument denkbar schwach. Menschen wählen ihre Ehepartner sicher nach vielfältigen Kriterien aus. Die Frage, wer in Notsituationen medizinische Entscheidungen für sie treffen soll, ist keines davon.
(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU/CSU)
Die Realität zeigt ja auch, dass Menschen häufig gerade nicht ihren Ehegatten, sondern andere, zum Beispiel die Kinder oder auch weniger emotional beteiligte Dritte, mit solchen Entscheidungen betrauen. Deshalb bleibt es dabei: Es braucht keine staatlich verordnete Notvertretung, sondern individuelle Entscheidungen.
(Beifall bei der FDP – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Die gibt es doch!)
Das Instrument der Vorsorgevollmacht hat sich ja auch inzwischen mehr als etabliert. Wir haben fast 5 Millionen registrierte Vorsorgevollmachten und eine unbekannte Zahl nicht registrierter; und es werden mehr. Das sollten wir befördern,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
indem wir Aufklärung intensiveren, zum Beispiel parallel zur Organspende.
Wir sehen ja durchaus, dass sich einige Ehegatten gerne in Notsituationen vertreten möchten und auch das Verfassen einer Vorsorgevollmacht scheuen. Für diese können wir gerne – dazu stellen wir heute einen eigenen Antrag zur Abstimmung – ein Ehegattennotvertretungsrecht als selbstbestimmtes Opt-in gestalten. Dann reicht ein einfaches digitales Häkchen im Vorsorgeregister.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Großen Koalition, wir haben im Ausschuss noch versucht, den Entwurf über eine Streichung des Notvertretungsrechts zu retten. Sie haben stattdessen die Dauer des Notvertretungsrechts noch verdoppelt. Deshalb kann ich heute nur sagen: Nicht mit uns!
(Beifall bei der FDP – Mechthild Rawert [SPD]: Und was waren jetzt die Inhalte zum Vormundschafts- und zum Betreuungsrecht?)
Das Wort hat Sören Pellmann für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7506709 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 216 |
Tagesordnungspunkt | Vormundschafts- und Betreuungsrecht |