05.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 216 / Tagesordnungspunkt 31

Jens BrandenburgFDP - Rehabilitierung homosexueller Soldaten

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Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jahrzehntelang haben die Bundeswehr und auch die NVA homosexuelle Soldaten systematisch unterdrückt. Mit unehrenhaften Entlassungen, faktischen Berufsverboten und gesellschaftlicher Rufschädigung haben sie ganze Biografien vernichtet. Die Bundeswehr war nicht einfach eine Getriebene gesellschaftlicher Vorurteile, sondern sie hat die Unterdrückung homosexueller und transsexueller Menschen in Deutschland aktiv vorangetrieben.

Von heute auf morgen wurden Soldaten in die Obdachlosigkeit entlassen. Viele mussten sich ein Leben lang verstecken, um ihre Karriere nicht zu gefährden. Bis ins Jahr 2000 hat die deutsche Parlamentsarmee homosexuellen Soldaten den Weg zum Berufssoldaten, zum Ausbilder, zum Vorgesetzten verweigert. 21 Jahre später soll der Deutsche Bundestag dieses Unrecht endlich anerkennen – ein überfälliger, aber wichtiger Schritt.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, vor ziemlich genau einem Jahr haben Sie in Ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion noch jede Entschädigung diskriminierter Soldaten vehement abgelehnt. Wir Freie Demokraten haben das damals deutlich kritisiert und ein Rehabilitierungsgesetz eingefordert. Wenige Wochen später kam dann Ihre Kehrtwende, und Sie kündigten einen entsprechenden Gesetzentwurf an. Mein Kollege Alexander Müller und ich haben Sie daraufhin aufgefordert, am 20. Jahrestag der Aufhebung des Erlasses zur Personalführung homosexueller Soldaten die Betroffenen auch öffentlich um Entschuldigung zu bitten. Mit sehr aufrichtigen Worten haben Sie diese Gelegenheit genutzt und damit vielen Menschen eine Last genommen. Am 17. September haben Sie im Ministerium die historische Studie – Sie haben es erwähnt – „Tabu und Toleranz“ vorgestellt, Ihre Worte der Entschuldigung wiederholt und auch den Zeitzeugen ein Podium gegeben.

Heute liegt ein Gesetzentwurf vor, der viele unserer Forderungen aufgreift: von der Aufhebung truppendienstgerichtlicher Urteile über finanzielle Entschädigungen bis hin zur Einbeziehung ehemaliger NVA-Soldaten. Frau Ministerin, der Gesetzentwurf ist ein Meilenstein zur Aufarbeitung der jahrzehntelangen Diskriminierung in der Bundeswehr. Das Überdenken früherer Entscheidungen zeugt auch von politischer Größe. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ja, Sie sollten einfach häufiger auf die FDP hören. Aber freuen Sie sich mal nicht zu früh; denn der Entwurf lässt ja noch Luft nach oben. Systematische Diskriminierung nach dem Jahr 2000 – also etwa die Überwachung durch den MAD – dürfen wir nicht ignorieren. Bei nachweisbar besonders schweren Folgeschäden müssen auch höhere Entschädigungen möglich sein.

Der Bericht der Wehrbeauftragten zeigt: Trotz vieler Fortschritte erleben noch immer homo- und transsexuelle Soldaten im Alltag Stigmatisierung. Die Ergebnisse der Vielfaltsstudie „Bunt in der Bundeswehr?“ halten Sie seit über einem Jahr im Ministerium unter Verschluss. Alltagsdiskriminierung hat in einer modernen Truppe keinen Platz. Die sexuelle oder geschlechtliche Identität darf kein Hindernis sein für Kameradschaft und Karriere in der Bundeswehr.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mit regionalen Ansprechpersonen, mit einer sichtbaren Teilnahme an Christopher Street Days und mit einer inklusiven Öffentlichkeitsarbeit wie die der schwedischen Armee könnte sich die Bundeswehr als moderner Arbeitgeber präsentieren. Ein offener Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt schwächt die Truppe nicht, er stärkt sie.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Matthias Höhn für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7506720
Wahlperiode 19
Sitzung 216
Tagesordnungspunkt Rehabilitierung homosexueller Soldaten
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