Alexander GaulandAfD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war ein buntes Themenpotpourri, das uns die Bundeskanzlerin in einer eigentlich monothematischen Zeit vorsetzen wollte. Aber dann kam der Tag, an dem alles anders wurde. Ja, Frau Bundeskanzlerin, Sie haben sich entschuldigt und die Verantwortung dafür auf sich genommen.
Aber das, meine Damen und Herren, ist nur die halbe Wahrheit. 16 Ministerpräsidenten haben in einer Nachtsitzung offenbart, wie weit sie von den Stimmungen und Gefühlen der von ihnen Regierten entfernt sind.
(Beifall bei der AfD)
Denn, meine Damen und Herren, es hätte doch einem von ihnen auffallen müssen, was sie mit diesem Oster-Lockdown anrichten. Dabei spreche ich gar nicht von den Rechtsproblemen. Doch spätestens seit die Menschen nach Mallorca fliegen, aber nicht nach Scharbeutz fahren können, musste klar sein, welches Echo Sie auslösen. Dass Ihnen sogar die sonst so handzahmen Kirchen die Gefolgschaft verweigern, beweist nur noch einmal, wie weit weg Sie von den Menschen sind.
(Beifall bei der AfD)
Und nun wird auf allen Kanälen Besserung versprochen. Aber Besserung muss bedeuten, dass Sie vorher und nicht nachher den Bundestag und die Parlamente informieren und beteiligen. Sie tun das doch auch, wenn Sie vor einem Europäischen Rat hier eine Regierungserklärung abgeben – warum also nicht bei Entscheidungen, die ganz unmittelbar in das Leben der Menschen eingreifen? Was der östliche Mittelmeerraum für Europa bedeutet – so war die Ankündigung –, lässt sich weitaus eher auch noch danach kommunizieren, meine Damen und Herren.
Die deutsche Politik folgt seit vielen Jahren verlässlich einem Muster: Es werden Wünsche formuliert, man versucht, sie in die Tat umzusetzen, stellt regelmäßig fest, dass sie sich nicht erfüllen, und wundert sich dann und beschimpft die Kritiker. Frau Bundeskanzlerin, auch die Europapolitik folgt diesem Muster, deswegen eilt sie von Misserfolg zu Misserfolg. Eine europäische Fiskalunion ist nicht in unserem Interesse – wir sind nicht die Einzigen, die das so sehen –; denn es wird eine Schuldenunion sein.
(Beifall bei der AfD)
Die EU ist unfähig, Impfstoff zu beschaffen und das Impfen in den Mitgliedsländern zu organisieren; der frühere britische Premierminister Blair hat das vor Kurzem sehr klug ausgeführt. Warum sollte man der EU auch die weit komplexere Verwaltung der europäischen Finanzen anvertrauen? Die Lektion der Coronakrise heißt: Zentralismus ist schwerfällig, unflexibel und wirkt chaotisch. Dezentralisierung ist das Gebot der Stunde, und dieses Gebot verweist auf den Nationalstaat, weshalb das Impfen in Großbritannien, Israel und selbst in Russland besser funktioniert.
(Beifall bei der AfD)
Es liegt im deutschen Interesse, dass zuerst die Bürger dieses Landes geimpft werden, natürlich auf freiwilliger Basis. Jede Art von Impfzwang, auch den indirekten, lehnen wir ab. Darum hat sich die Bundesregierung zu kümmern,
(Beifall bei der AfD)
und zwar nicht aus Impfnationalismus, wie ein törichter Vorwurf sogleich lautete, sondern aus derselben Selbstverständlichkeit, mit der jeder zuerst an die Gesundheit seiner Familie denkt, aus demselben Grunde, aus dem sich der Bürgermeister von Kassel eben erst um Kassel kümmern muss und nicht um Bielefeld. Joe Biden hat sich beim Impfen sofort an das Motto von Donald Trump gehalten: „America first!“ Und das ist richtig so, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Auch bei den Coronamaßnahmen werden wir am Ende wieder dastehen und feststellen, dass alles Wünschen nicht geholfen hat. Freunden wir uns langsam mit dem Gedanken an, dass Lockdowns wenig bis nichts bewirken. Intelligente Hygienekonzepte bewirken etwas. Man kann Großveranstaltungen absagen, aber man kann nicht verhindern, dass Menschen ein soziales Leben führen.
Es liegen derzeit drei internationale Studien zur Wirksamkeit eines Lockdowns auf die Senkung der Infektionszahlen vor. Keine kommt zu dem Ergebnis, dass es eine eindeutig messbare Wirkung gibt.
(Beifall bei der AfD)
Der Epidemiologe John Ioannidis, Professor in Stanford, hat die Auswirkungen von Lockdowns verschiedener Härte in 14 europäischen Ländern und in den USA ausgewertet. Sein Fazit: Die Maßnahmen haben sich gering bis überhaupt nicht auf die Infektionskurve ausgewirkt. In Schweden verläuft die Kurve parallel zu unserer. Das heißt, die Dynamik der Pandemie schert sich offenkundig nicht darum, ob das öffentliche Leben heruntergefahren wird oder nicht.
Noch keine Studien gibt es über die Kollateralschäden der Coronamaßnahmen. Diese Schäden betreffen nicht allein die Wirtschaft. Isolation, Kontakt- und Bewegungsmangel, Aussichtslosigkeit, das ständige Aufeinanderhocken in den Familien – das alles schädigt die Gesundheit Abertausender Bürger. Die Auswirkungen auf die Psyche, die Bildung und die Intelligenz der Kinder sind massiv.
Der Bundestag sollte deshalb eine Enquete-Kommission einsetzen, die diese Schäden untersucht. Gerade im Hinblick auf die kommenden Pandemien sollten wir wissen, mit welchem Einsatz wir spielen. Denn auf Dauer, meine Damen und Herren, verzeihen die Bürger einer Regierung eben nicht, dass sie fast alles falsch gemacht hat. Wir könnten auch aus dem, was geschehen ist, lernen.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der AfD)
Jetzt hat das Wort der Fraktionsvorsitzende der SPD, Dr. Rolf Mützenich.
(Beifall bei der SPD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 218 |
Agenda Item | Regierungserklärung zum Europäischen Rat |