25.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 218 / Zusatzpunkt 9

Florian HahnCDU/CSU - Eigenmittelsystem der EU

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht der Turnvater Jahn, sondern Hahn spricht jetzt für die Union.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir werden heute den Eigenmittelbeschluss der EU ratifizieren. Vor einem Jahr hätten wir davon nicht zu träumen gewagt, und da stand eine Einigung über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU noch in den Sternen. Unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft ist dann eine historische Einigung gelungen, und man konnte sich auf einen EU-Haushalt und auf einen Wiederaufbaufonds verständigen. Dafür noch mal herzlichen Dank an die Bundesregierung und an die Bundeskanzlerin.

Die finanziellen Mittel stehen jetzt zur Verfügung. Wenn alle Mitgliedstaaten den Eigenmittelbeschluss ratifiziert haben, werden die ersten Gelder fließen, und das ist auch bitter notwendig; denn Corona hält die Menschen und die Wirtschaft im Würgegriff. Parallel dazu wächst die Staatsverschuldung. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist ausgesetzt. „ Impfen statt Sparen“ scheint im Moment zu stark die Devise zu sein, und das darf eben kein Dauerzustand sein. Wenn die Bevölkerung in Europa geimpft ist und wir die Pandemie im Griff haben, müssen wir zurück zu normalen Verhältnissen, müssen wir zurück zum Stabilitäts- und Wachstumspakt. Er muss dann wieder aktiviert werden; das wird vermutlich ab 2023 der Fall sein.

Und hier dürfen wir auch nicht lockerlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn wie es der Begriff sagt: Stabilität und Wachstum gibt es eben nur mit der entsprechenden Haushaltsdisziplin und nicht mit einer Schuldenunion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wiederaufbauinstrument ist das Herzstück zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie. Gigantische 750 Milliarden Euro stehen zur Verfügung. Das Geld wird allerdings mit Wermutstropfen erkauft: Erstmals wird sich die EU verschulden müssen, um den Fonds zu finanzieren.

Damit haben wir, bei Lichte betrachtet, erstmalig einen schuldenfinanzierten EU-Haushalt in substanzieller Größenordnung. Das haben wir uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion bisher nicht vorstellen können. Aber das ist der außerordentlichen Situation der Pandemie geschuldet, und das soll und das muss entsprechend aber auch ein einmaliger Vorgang bleiben. Eine auf Dauer angelegte Verschuldung machen wir nicht mit. Für uns kommt eine Schuldenunion nicht infrage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Kolleginnen und Kollegen, die Ratifizierung des Eigenmittelbeschlusses ist im Deutschen Bundestag normalerweise ein durchlaufender Posten. Heute haben wir es jedoch mit einer Ausnahmesituation zu tun, wie ich bereits ausgeführt habe, und daher scheint es mir schon notwendig, sich nicht nur mit den finanzpolitischen Folgen der Maßnahmen zu befassen, sondern auch zu schauen, auf welchem Fundament das Konstrukt steht.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat daher im vergangenen Jahr eine öffentliche Anhörung mit zahlreichen Sachverständigen durchgeführt. Gegenstand der Anhörung war die Frage, wie die rechtliche Gestaltung des Aufbauinstruments zu beurteilen ist und ob die EU im Rahmen ihres gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes geblieben ist.

Die im Eigenmittelbeschluss festgelegten Mittel sind von den Mitgliedstaaten der EU aufzubringen. Daher benennen die EU-Verträge und das deutsche Integrationsverantwortungsgesetz den Eigenmittelbeschluss ausdrücklich als einen zustimmungsbedürftigen Unionsrechtsakt. Zweifellos berührt der vorliegende Eigenmittelbeschluss eine zentrale Frage der EU-Finanzierung. Aber allein deswegen bekommt er keine Primärrechtsqualität, sondern ist Teil des EU-Sekundärrechts.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Es liegt hier also kein Fall einer Vertragsänderung vor, wie manche glauben machen wollen.

(Widerspruch des Abg. Peter Boehringer [AfD])

Auch wird das Grundgesetz seinem Inhalt nach weder geändert noch ergänzt, und deshalb findet auch kein Eingriff in die Haushaltshoheit des Deutschen Bundestages statt, wie es die AfD in ihrem Antrag feststellen möchte.

(Peter Boehringer [AfD]: Das hat doch nichts mit Recht zu tun! Das ist doch materiell!)

Darüber hinaus konstatiert die AfD in ihrem Antrag, über den ebenfalls gleich abgestimmt wird, einen Verstoß gegen die Integrationsverantwortung des Deutschen Bundestages. Das sehen wir komplett anders. Die absoluten Integrationsschranken, wie sie im Grundgesetz festgeschrieben sind, werden nicht tangiert,

(Peter Boehringer [AfD]: Nein!)

auch mit Blick auf die Kreditaufnahme; denn die Mitgliedstaaten haften nicht gemeinsam für die Kredite, sondern jeder Mitgliedstaat nur für seinen Anteil an den Schulden.

Vor diesem Hintergrund hat der Europaausschuss eine Stellungnahme nach Artikel 23 Grundgesetz zu dem Eigenmittelbeschluss verabschiedet, die heute ebenfalls zur Abstimmung steht, und die Quintessenz unserer Stellungnahme ist: Insgesamt steht das Maßnahmenpaket auf unions- und verfassungsrechtlich solidem Fundament. – Dies war auch das einhellige Ergebnis der erwähnten öffentlichen Anhörung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort geht als letztem Redner in der Debatte an Markus Töns von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7510748
Wahlperiode 19
Sitzung 218
Tagesordnungspunkt Eigenmittelsystem der EU
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