25.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 218 / Tagesordnungspunkt 14

Grigorios AggelidisFDP - 80 Jahre Überfall der Wehrmacht auf Griechenland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Botschafterin Marinaki! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich die Rede anders beginnen, aber gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung: Es tut schon sehr weh, ausgerechnet am heutigen Tag zum heutigen Thema von Rechtsradikalen Belehrungen über Geschichte zu hören. Und ich bedauere es sehr, dass man denen dann auch noch die Möglichkeit gibt, sozusagen weiterzusprechen. Es tut mir schon sehr weh.

Heute ist ein ganz besonderer Tag; heute feiert Griechenland den Beginn der griechischen Revolution vor 200 Jahren – gegen die osmanische Fremdherrschaft, für die Freiheit. Und deswegen beginne ich mit einem: Alles Gute! Χρόνια Πολλά Ελλάδα! Ζήτω το ελληνικό έθνος.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke an alle hier in Deutschland, in vielen Kommunen und Städten, die den heutigen Tag mit den Griechen ehren und feiern! Das zeigt und beweist auch, wie gut die Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland, vor allem zwischen den Menschen beider Länder, sind und traditionell auch immer waren.

Einen unglaublich tiefen Schatten wirft dabei ohne Frage während des dunkelsten Kapitels unserer deutschen Geschichte die Zeit der brutalen Besatzung Griechenlands durch Nazi-Deutschland, in der viele Menschen unerträgliches Leid erdulden mussten, viele ermordet wurden – Frauen und Männer, Greise und Kinder. Selbst eine stundenlange Aufzählung all der Gräueltaten würde es nicht angemessen wiedergeben. Wir sind es den Opfern, aber ganz besonders den zukünftigen Generationen schuldig, dies aufzuarbeiten, daran zu erinnern, derer zu gedenken, die gelitten haben, und vor allem aber eine gemeinsame, eine enge, freundschaftliche und partnerschaftliche Zukunft auf Augenhöhe zu gestalten.

Deswegen habe ich mich sehr gefreut, als ich den Titel und die Ankündigung des Antrags von den Grünen gelesen habe. Ich erinnerte mich an ein Bild von den Feierlichkeiten in Maleme auf Kreta vor einigen Jahren, wo ein griechischer Veteran, ein ehemaliger Partisan, einen ehemaligen Wehrmachtssoldaten, der blind war, über die Stufen und den Weg führte. Was für eine Geste, was für ein Symbol des gemeinsamen Erinnerns, der Versöhnung, des Vergebens, aber auch der gemeinsamen Zukunft! Deswegen freue ich mich ganz besonders, dass wir in diesem Jahr das Deutsch-Griechische Jugendwerk gegründet haben, das die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern, aber vor allem auch zwischen der Jugend – ich selber habe zwei mittlerweile erwachsene Söhne – intensivieren soll.

Und vor diesem erwartungsvollen Hintergrund habe ich den Antrag gelesen und wurde leider enttäuscht, trotz vieler Punkte, die wir unterstützen, wie die Pflicht zur gemeinsamen Aufarbeitung, die ich – das muss ich zu meinem Bedauern feststellen – weder in meiner griechischen Schulzeit noch in meiner deutschen Schulzeit als ausreichend wahrgenommen habe. Denn für mich als Parlamentarier stellt sich die Frage: Wie gehen wir vor, damit wir es beiden Ländern und Regierungen erleichtern, bei solchen sensiblen und strittigen und schmerzhaften Themen wie Wiedergutmachung Lösungen zu finden, die für beide Seiten akzeptabel sind?

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bystron von der AfD-Fraktion?

Nein, danke. – Vor allem stellt sich mir die Frage: Wird das, was wir machen, wird das, was wir im Deutschen Bundestag beantragen und beschließen, der Freundschaft, dem guten Willen und dem Wohl aller Betroffenen und Beteiligten in Zukunft dienen? Vor diesem Hintergrund muss ich feststellen, dass einige der Punkte eher Streit und Zwietracht säen werden – in Deutschland, in Griechenland, zwischen beiden Ländern und vielleicht sogar in Europa.

Genau deswegen würde ich mir wünschen, dass wir uns auf die zukunftsträchtigen Themen konzentrieren, auf den Ausbau des Zukunftsfonds, auf Investitionen in Griechenland, auf eine Partnerschaft, auf die Griechenland so viel Wert legt, gerade in seinem Kampf um Souveränität und um Freiheit, der ja heute aus griechischer Sicht genauso ein Thema ist, wie er es in früheren Jahren war. Und genau deswegen ist es wichtig, Projekte zu fördern, die den Austausch der Gesellschaften, aber auch und besonders den Austausch der Jugend fördern. Deswegen würde ich mir wünschen, dass neben dem Jugendwerk uns zahlreiche andere Dinge für die Zukunft gelingen.

Wir sind alle Europäer. Wir wollen alle zukünftig in einem vielfältigen Europa gemeinsam leben, in einem Europa, wo genauso viele junge Deutsche nach Griechenland ziehen und dort leben wie umgekehrt. Deswegen wünsche ich mir gemeinsame Lösungen, die genau das im Fokus haben. Wir sollten in Zukunft versöhnen statt spalten. Dafür stehen wir Freien Demokraten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Ich möchte noch mal daran erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die vereinbarten Redezeiten keinen Empfehlungscharakter haben. Ich werde jetzt ein bisschen strenger damit umgehen, im Sinne der Kolleginnen und Kollegen, die hier nach Mitternacht noch sitzen müssen.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Aber das doch nicht vor Gregor Gysi! Das ist jetzt gemein!)

Jeder Tagesordnungspunkt ist wichtig,

Insofern kommt jetzt Dr. Gregor Gysi, der erste disziplinierte Redner heute.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7510773
Wahlperiode 19
Sitzung 218
Tagesordnungspunkt 80 Jahre Überfall der Wehrmacht auf Griechenland
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