Heike BaehrensSPD - Aktuelle Stunde – Kurswechsel in der Corona-Politik
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von einer Fraktion, in der einzelne Abgeordnete bis vor Kurzem noch mit einer löchrigen Maske herumgelaufen sind und bis heute nicht die Regel dieses Hauses beherzigen, hier im Plenum eine Maske zu tragen, erwarten wir keine Lösung.
(Beifall der Abg. Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU])
Das haben Sie heute mit Ihren menschenverachtenden Reden, die Sie gehalten haben, noch mal unterstrichen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])
Sie wollen Alternativen zu einem Lockdown, haben aber noch nicht einmal die einfachsten Maßnahmen zum Infektionsschutz begriffen. Hygienemaßnahmen sind Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Pandemiebekämpfung. Reichen sie nicht aus, müssen wir unsere Kontakte reduzieren, um Infektionen zu stoppen. Das hat sich im vergangenen Jahr ein ums andere Mal gezeigt.
Wenn momentan Länder wie Portugal wieder zu einer gewissen Öffnung zurückkehren können, dann deshalb, weil sie sich das durch einen harten Lockdown erarbeitet haben, einen wesentlich härteren, als wir ihn je gehabt haben. Auch Tübingen kann seinen Sonderweg nur fahren, weil vorher die Inzidenzen extrem reduziert werden konnten. Mitten in der ansteigenden dritten Welle Forderungen nach Abkehr vom Infektionsschutz zu stellen, ist aber völlig verfehlt.
Nein, wir müssen das Virus, wir müssen Infektionen weiter konsequent stoppen, und das eben nicht nur bei uns. Wir müssen die globale Dimension dieser Krise erfassen. Das, worüber wir heute ausgiebig streiten, seien es Mallorca-Urlaube oder Ruhetage an Ostern, könnte uns bald als Bagatelle erscheinen, nämlich dann, wenn wir wieder hier stehen und uns mit neuen Mutationen konfrontiert sehen. Und diese Gefahr besteht, solange das Virus in anderen Teilen der Welt über einen langen Zeitraum hinweg ungehindert wüten kann. Schon jetzt hören wir besorgniserregende Berichte über Varianten, gegen die der Impfstoff nicht mehr ankommt. Und das Virus wird in anderen Weltregionen weiter wüten und weitere Mutationen hervorbringen, wenn wir nicht hier konsequent handeln und gleichzeitig für eine gerechte globale Impfstoffverteilung sorgen.
(Beifall bei der SPD)
Es ist für viele von uns kaum auszuhalten, bis zum Sommer auf eine Impfung warten zu müssen. Ja, auch ich will, dass es schneller geht, und dafür wird in dieser Regierung auch viel gearbeitet. Aber es reicht nicht, wenn wir das Impfen nur bei uns in Deutschland beschleunigen. Es ist zwingend notwendig, in absehbarer Zeit eine Grundimmunität in allen Ländern herzustellen. Diese Perspektive ist aber im Moment noch 80 Prozent der Weltbevölkerung versagt.
Es kann nicht sein, dass Millionen Impfdosen von AstraZeneca in den USA lagern und nicht für den Export freigegeben werden, obwohl dieser Impfstoff dort gar nicht zugelassen ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Es kann auch nicht sein, dass 29 Millionen Impfdosen in Italien auf Halde liegen und aus dubiosen Gründen nicht zum Retten von Menschenleben eingesetzt werden. Impfstoffe müssen tatsächlich zum öffentlichen, globalen Gut werden und der Willkür von Herstellerinteressen und den Partikularinteressen einzelner Staaten entzogen werden.
Die Covax-Initiative ist deshalb ein wichtiger und richtiger Ansatz. Es ist gut, dass Deutschland bereits 1,5 Milliarden Euro dazu beigetragen hat, aber das reicht natürlich nicht, solange der Impfstoff noch knapp ist. Darum müssen wir zusätzlich mit allen Mitteln dafür sorgen, dass die internationalen Produktionskapazitäten ausgeweitet werden. Das – das will ich auch den Antragstellern von heute sagen – ist die einzig wirksame Alternative zum Lockdown. Nur so können wir uns vor Infektionen schützen und auch die Menschen in den ärmeren Ländern dieser Welt, die auf keine stabilen Gesundheitssysteme zurückgreifen können. Nur so kann das ungehinderte Mutieren des Virus gebremst werden. Nur so schützen wir uns davor, uns in wenigen Monaten fragen zu müssen, wie wir in so engen Grenzen denken konnten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank, Heike Baehrens. – Der letzte Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kollege Stephan Albani, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7510814 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 218 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde – Kurswechsel in der Corona-Politik |