Aydan ÖzoğuzSPD - Bundeswehreinsatz in Afghanistan
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zum ersten Mal rief die NATO den Bündnisfall nach Artikel 5 ihrer Charta aus – das war vor 20 Jahren, nach den schrecklichen Terroranschlägen vom 11. September 2001. Seitdem sind wir und unsere Bundeswehr mit den NATO-Verbündeten in Afghanistan. Dieses Land hatte auch schon zu dem Zeitpunkt 20 Jahre Krieg hinter sich.
(Unruhe)
Moment, Frau Özoğuz. – Ich meine das jetzt wirklich ernst: Wenn Sie nicht aufhören, Ihre Gespräche hier im Raum zu führen, die für die Rednerin absolut störend sind, dann unterbreche ich jetzt, und dann kommt das Sitzungsende nicht um 4 Uhr, sondern um 5 Uhr. Ich meine das wirklich im Ernst. Sie können Ihre Gespräche wirklich woanders führen. Wir sind hier in einer Afghanistan-Debatte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Anton Friesen [AfD] und Tobias Pflüger [DIE LINKE])
Bitte, Frau Özoğuz, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Afghanistan hatte bereits 20 Jahre Krieg hinter sich, die sowjetische Besatzung, den Bürgerkrieg und das Talibanregime.
Wir werden hier heute natürlich zu ganz unterschiedlichen Schlüssen kommen, wir werden debattieren. Das ist ja auch richtig so. Aber eins möchte ich ganz an den Anfang stellen: Unsere Bundeswehr hat einen ganz wichtigen Beitrag für einen besseren Zugang zu Bildung, für die Ermöglichung so vieler ziviler Projekte, die den Menschen das Leben erleichtern, und für die Stärkung von Frauen-, Kinder- und Menschenrechten leisten können. Dafür gebührt ihnen unser aufrichtiger Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
59 Soldaten haben dabei ihr Leben verloren, und das dürfen wir nie vergessen.
Jetzt stehen die Zeichen auf Abzug. Heute sehen wir zwei Entwicklungen, die man niemals gegeneinander aufrechnen sollte – ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt –: Es ist eine Errungenschaft, dass die Müttersterblichkeit zurückgegangen ist, dass Mädchen in ganz vielen Orten so selbstverständlich zur Schule gehen. Es ist übrigens auch eine Errungenschaft, dass die Taliban verhandeln, auch mit den Frauen, die vonseiten der afghanischen Regierung mit am Tisch sitzen. Ich durfte einige Male mit ihnen zwischen diesen Verhandlungen sprechen. Diese Frauen sind sehr bewundernswert; meine Kollegin Siemtje Möller wird noch darauf eingehen.
Es gehen heute keine weltweiten Anschläge mehr von Afghanistan aus. Aber es gibt noch eine andere Seite: Es stimmt leider auch, dass der Konflikt immer noch zu den blutigsten auf der Welt gehört. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut. Ohne internationale Hilfe kann sich die Afghanische Republik nicht finanzieren. Auch die Korruption ist ein weitverbreitetes Problem. Die fragile Sicherheitslage mit Anschlägen, insbesondere auf Frauen, Journalisten und Bildungseinrichtungen, bedeutet doch vor allem eins: Ein sofortiger Abzug der internationalen Truppen ohne ein Ergebnis der Verhandlungen, die zurzeit geführt werden, könnte alles Erreichte zur Disposition stellen. Das sollten wir nicht zulassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den kommenden Monaten bietet sich vielleicht die letzte Chance, einen halbwegs stabilen Frieden auf den Weg zu bringen. Das jüngste Treffen der NATO-Außenminister zeigt, dass die Biden-Administration erkannt hat, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten, und sich künftig wieder mit ihren Partnern eng abstimmen will. Washington hat zwar noch keine finale Entscheidung über den Zeitraum des Verbleibs der US-Truppen in Afghanistan getroffen, aber schon jetzt ist klar: Der gemeinsame Tenor der NATO-Bündnispartner wird sein: ein geordneter, verantwortungsvoller Rückzug.
Was wir jetzt brauchen, sind die Verhandlungen zwischen Taliban und afghanischer Regierung. Wir müssen gemeinsam darauf hinwirken, dass beide Seiten ein ordentliches und auf Gewaltfreiheit beruhendes Abkommen zu Papier bringen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Davon, dass die Verhandlungen mühevoll und zäh sind, muss man niemanden überzeugen. Aber ich möchte schon noch sagen, dass ich der Verteidigungsministerin sehr danke, dass sie alles dafür tut, unsere Soldatinnen und Soldaten in dieser Lage bestmöglich zu schützen. Ich danke auch dem Außenminister, dass er die Doha-Verhandlungen so intensiv begleitet und gerade auch die Frauen unterstützt.
(Zuruf des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Deshalb ist es zu diesem Zeitpunkt so wichtig, eine Verlängerung des Mandats der Mission Resolute Support der NATO – mit unseren deutschen Soldaten und Soldatinnen vor Ort – hinzubekommen. Ich bitte Sie um Unterstützung des Antrags.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Bijan Djir-Sarai [FDP])
Vielen Dank, Aydan Özoğuz. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Rüdiger Lucassen.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7510853 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 218 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Afghanistan |