25.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 218 / Tagesordnungspunkt 26

Bernhard DaldrupSPD - Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vor ein paar Tagen einen Aufruf zu einer Demonstration für den Klimaschutz gelesen. Selbstverständlich war darin der Hinweis enthalten, dass hier eigentlich nichts zum Klimaschutz geschehe und dass die Politik eigentlich viel zu wenig mache.

Annähernd zeitgleich hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze die erste Klimabilanz nach den Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes vorgestellt, und das Ergebnis lautet: Die Treibhausgasemissionen lagen in Deutschland knapp 41 Prozent unter dem Vergleichsjahr/Bezugsjahr 1990, und mit 9 Prozent hat es den größten jährlichen Rückgang im letzten Jahr gegeben. Das hat auch mit Corona zu tun, aber keineswegs nur.

Wie passt beides eigentlich zusammen? Ist das sozusagen nur ein Kommunikationsproblem? Ich habe ja durchaus Verständnis für manche Forderungen, die gestellt werden, auch von der Klimabewegung, aber ich will an dieser Stelle eines vielleicht mal festhalten, was für alle gesellschaftlichen Bewegungen wichtig ist: Empörung allein reicht nicht. Im Gegenteil! Bleibt es nur bei Empörung, führt das nur zu Frustration, die auf dem Fuße folgt, weil ja sowieso schon klar ist, dass sich nichts ändert. Nur wenn sich Empörung sozusagen in Handlungen umwandelt, bekommt Fortschritt eine Richtung; nur dann gibt es Erfolge.

Dann ist man aber in einem Feld, das viele sehr distanziert mit Realpolitik bezeichnen. Sie ist aber eben notwendig. Lässt man sich darauf ein, wird erkennbar: Wir reden nicht nur über Klimaschutz, nein, wir machen auch tatsächlich Klimaschutz, und die von der Koalition ergriffenen Maßnahmen wirken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz haben wir zum ersten Mal feste Jahresemissionsmengen für die einzelnen Sektoren festgelegt; ich komme gleich darauf zurück. Diese zählen auch. Auch die Folgen von Covid-19 haben zu dem Ergebnis beigetragen, aber in ganz unterschiedliche Richtungen: Entlastung im Verkehrssektor, aber nicht alleine dort. Im Gebäudebereich beispielsweise kam es 2020 zu einer Emissionsminderung von nur gut 3 Millionen Tonnen auf 120 Millionen Tonnen CO

Nach den Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes muss das zuständige Ministerium, also Horst Seehofer,

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir sehr gespannt!)

bis spätestens 15. Juli 2021 ein Sofortprogramm vorlegen, über das der Bundestag dann zu unterrichten ist. Wahrscheinlich wird man dann noch weiter in konkretere Details einsteigen müssen; die Mühen der Ebenen, wie Brecht mal gesagt hat, liegen auch im Bereich des Klimaschutzes noch vor uns. Und genau damit haben wir es heute Abend zu tun. Denn wer befasst sich schon freiwillig zu mitternächtlicher Stunde mit der Verordnung zur Änderung der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung?

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir zum Beispiel! Wir haben einen Entschließungsantrag geschrieben!)

– Wir auch; ich komme gleich darauf zurück.

Es geht beim Klimaschutz und bei der Klimawende eben auch um das Wohnen und Bauen, und hier ist das Potenzial zur CO

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Wir wollen energieproduzierende Gebäude haben und nicht nur energieverbrauchende Häuser. Unser Motto lautet, ein schönes Ziel zu formulieren, und so ein Motiv ist besser als Verbote.

Deshalb haben wir 2019 im Steuerrecht Anreize für energetische Sanierungsmaßnahmen an eigengenutzten Wohnungen geschaffen. Seit dem 1. Januar werden befristet für zehn Jahre zum Beispiel Kosten für den Austausch einer alten Ölheizung oder eine bessere Wärmedämmung zusammenhängend steuerlich gefördert. Das hört sich abstrakt an – so ist das eben in der Steuerpolitik –, aber es macht sich in Cent und Euro bemerkbar. Konkret können Eigentümerinnen und Eigentümer 20 Prozent der Aufwendungen für jede Einzelmaßnahme verteilt auf drei Jahre von der Steuerschuld abziehen. Um das mal in Mark und Pfennig zu sagen: Insgesamt sind bei Aufwendungen für Sanierungsmaßnahmen an einem begünstigten Projekt in Höhe von 200 000 Euro 40 000 Euro von der Steuerschuld abzugsfähig. Das ist schon eine ziemliche Menge.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wohngebäude muss dabei übrigens älter als zehn Jahre sein. Es geht nicht um den Neubaubereich, sondern es geht um den Wohnungsbaubereich im Bestand, und das ist ein großer, wichtiger Faktor.

Wir haben uns dabei für einen schlanken, bürokratiearmen Zugang zu dieser steuerlichen Ermäßigung ausgesprochen; denn wir wollen, dass die Menschen diese Möglichkeiten auch nutzen. Motivieren ist das Motto bei dieser Angelegenheit. Dazu gehört übrigens auch Vertrauen in Handwerksunternehmen, die das machen. Deshalb ist für uns die Hinzuziehung eines Energieberaters ein Angebot, aber keineswegs eine Pflicht; wir haben auch Vertrauen in Handwerksunternehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Im November 2020 ist das GEG, das drei Rechtsakte zusammenfasst, und darüber hinaus die Bundesförderung für effiziente Gebäude, die vier Rechtsakte zusammenfasst, in Kraft getreten. Mit der vorliegenden ersten Verordnung zur Änderung der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung nehmen wir jetzt die notwendigen Anpassungen vor, den Gleichklang, so wie das eigentlich vernünftig ist.

Dabei gibt es Diskussionen, beispielsweise um die Frage, ob denn eigentlich die sogenannten Mini-KWKs in ihrer bisherigen Form noch dabei sind. Sie sind es; sie werden in der Zukunft auch dabei sein. Wenn sie aber nur gas- oder ölbefeuert sind, dann sind sie es nicht, sondern gasbasierte Systeme sind nur als Hybride und in Kombination mit erneuerbaren Energien weiterhin förderfähig. Das will ich hier jetzt aus Zeitgründen nicht im Einzelnen darstellen, aber in einer entsprechenden Protokollerklärung haben wir das jedenfalls auch festgehalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich!)

Jetzt haben die Grünen – Lisa wird ja gleich noch reden – das im Ausschuss abgelehnt, unter anderem, weil die Begleitung von Sanierungsmaßnahmen durch Energieberatung nicht verpflichtend ist. Man kann dieser Auffassung sein. Außerdem wollen sie eine höhere steuerliche Förderung und den KfW-Standard 55 für Effizienzhäuser, die es im Neubau gibt, auch auf den Altbau übertragen.

(Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das kann man machen, aber die Folge wird sein, dass diese Hürden die Investitionen nicht befördern, sondern wahrscheinlich eher verhindern.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie jetzt klimaneutrale Gebäude oder nicht?)

Dieses Risiko müssten eigentlich auch die Grünen noch mal reflektieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will daran erinnern, dass die Grünen der bestehenden Regelung damals im Vermittlungsausschuss zugestimmt haben. Wir haben volles Vertrauen in Energieberater. Sie können hinzugezogen werden, ihre Kosten können geltend gemacht werden, aber wir schreiben es eben nicht vor. Die steuerliche Förderung soll bürokratiearm sein; sie soll motivieren, nicht verkomplizieren.

Jetzt komme ich zum Schluss zurück zum Beginn: Klimawandel und Protest. Es tut sich eben offenbar doch etwas, wie ich dargestellt habe,

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Schneckentempo!)

ganz konkret durch politisches Handeln. Der gesellschaftliche Protest zeigt immer dann Wirkung, wenn er auf parlamentarische Unterstützung stößt, und zwar durch Handeln und nicht nur durch Reden, und genau das machen wir.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Jetzt kommt für die Fraktion der AfD die Abgeordnete Franziska Gminder.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7510943
Wahlperiode 19
Sitzung 218
Tagesordnungspunkt Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta