Christine Lambrecht - Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute Morgen eine sehr besondere Reform, nämlich die Reform des Urheberrechts. Sie erinnern sich: 2019 haben das Europäische Parlament und der Rat die DSM-Richtlinie beschlossen – ein längst überfälliges Update für das europäische Urheberrecht. Diese Richtlinie setzen wir jetzt um. Ich kann Ihnen sagen: Das ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe.
Viele von Ihnen erinnern sich vielleicht noch an die Bilder aus 2019, als Nutzerinnen und Nutzer, als viele aufgeregte Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gegangen sind, gekämpft haben, weil sie Sorge hatten, dass genau diese Richtlinie dazu führen wird, dass die Meinungsfreiheit im Netz eingeschränkt wird, ihr Verhalten im Netz reglementiert wird.
Deswegen müssen wir zum einen dafür sorgen, dass diese Freiheit der Kommunikation im Netz erhalten bleibt – beispielsweise die Freiheit des Zitats, die Freiheit der Karikatur, die Freiheit der Parodie –, aber wir müssen zum anderen auch dafür sorgen, dass Kreative und Kreativwirtschaft besser an der Wertschöpfung im digitalen Raum beteiligt werden, meine Damen und Herren. Das zusammenzubringen, ist eine große Herausforderung. Wir sind sie angegangen, und ich bin der Meinung: Mit unserem Gesetzentwurf, den wir vorlegen, ist es uns auch gelungen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU])
Unser Gesetz wird die Position der Kreativen und der Kreativwirtschaft stärken und gleichzeitig die Freiheit im Netz bewahren und auch in Einklang stehen mit den europäischen Vorgaben.
Große Uploadplattformen wie Youtube und Facebook sind künftig für alle Inhalte, die sie zugänglich machen, urheberrechtlich verantwortlich. Das heißt ganz konkret: Wenn Plattformen geschützte Inhalte wiedergeben, dann müssen sie von den Rechteinhabern diese Lizenzen erwerben – absolut neu, aber absolut notwendig. Wenn Rechteinhaber mit der Wiedergabe ihrer Werke nicht einverstanden sind, dann müssen die Plattformen verhindern, dass diese geschützten Inhalte abrufbar sind. Für die Kreativen und die Kreativwirtschaft bringt diese Regelung eine echte Verbesserung; denn sie stärkt ihre Verhandlungsposition gegenüber diesen sehr mächtigen Plattformen.
(Beifall bei der SPD)
Zugleich behalten wir auch die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer im Blick; denn die neuen Pflichten für die Plattformen dürfen nicht dazu führen, dass auch erlaubte Inhalte blockiert werden.
Auf einer Linie mit der der Europäischen Kommission haben wir deshalb, wie ich finde, ein sehr innovatives Konzept entwickelt, nämlich das Institut der mutmaßlich erlaubten Nutzungen. Wie soll das aussehen? Geringfügige Nutzungen fremder Werke dürfen die Plattformen nicht vorsorglich schon blockieren. Diese Inhalte müssen zuerst einmal ins Netz gehen. Das Gleiche gilt für Inhalte, die von Nutzerinnen und Nutzern beim Hochladen als erlaubt gekennzeichnet werden. Ich finde, das ist eine ausgewogene Lösung, die zwischen diesen unterschiedlichen Positionen die Balance hält und auch in Europa auf großes Interesse stößt.
Darüber hinaus enthält unser Entwurf noch weitere wichtige Regelungen. Dazu gehört, dass Urheberinnen und Urheber in Zukunft einen Direktvergütungsanspruch gegenüber den Plattformen erhalten. Ein Direktvergütungsanspruch! Das bedeutet, es darf nicht sein, dass ausgerechnet die Kreativen – wir haben in der Debatte davor gehört, wie angespannt die Situation dort ist – auf der Strecke bleiben, wenn die Verwertungsketten lang und kompliziert sind. Gerade bei digitalen Verwertungen ist das extrem der Fall.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Elisabeth Motschmann [CDU/CSU])
Darüber hinaus passen wir noch das Urhebervertragsrecht an. Wir sorgen da nämlich für mehr Transparenz, mehr Fairness und bessere Rechtsdurchsetzung, und wir stärken den urheberrechtlichen Schutz der Presseverlage. Wir erleichtern den Zugriff auf vergriffene Bücher, und wir stellen sicher, dass die Verwertungsgesellschaft WORT fortbestehen kann.
Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, dass wir unser Urheberrecht an die veränderten technologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen anpassen. Ich sage es ganz offen: Manche unserer Regelungen stammen noch aus der Steinzeit des Internets. – Mit diesem Entwurf haben wir jetzt ein Update vorgelegt, einen fairen Kompromiss. Ich freue mich auf konstruktive, auf spannende Diskussionen, die sicherlich anstehen werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Joana Cotar, AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7511171 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt |