Jens BeeckFDP - Teilhabestärkungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Heil! Frau Staatssekretärin Griese! Auch ich vermisse Frau Staatssekretärin Kramme, weil das ja ein Thema ist, das sie immer sehr interessiert hat. Immerhin – sechs Sitzungswochen haben wir noch – das erste Gesetz aus dem Hause Heil, das nicht durch internationale Vereinbarungen oder als Reparaturgesetz für das Bundesteilhabegesetz versucht, in der Teilhabe etwas zu machen. Das kommt spät, aber wir nehmen hier mal den guten Vorsatz dazu.
Was dieses Gesetz dann allerdings erreicht, darüber kann man lange streiten; das werden wir in der Anhörung und in der Ausschussberatung noch tun. Es werden ohne Frage wichtige Themen adressiert. Dazu gehört insbesondere der Gewaltschutz. Vergegenwärtigen wir uns einmal die Anklage, die aktuell im Raum steht, gegen mehr als 140 Beschuldigte im Kreis Minden-Lübbecke, die über lange Zeit strukturelle Gewalt, etwa durch den Einsatz von Pfefferspray, gegen Menschen in einer Eingliederungshilfeeinrichtung ausgeübt haben sollen. Wenn sich das bewahrheiten sollte, dann ist das Staatsversagen in diesem Land.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Da nützt es auch nichts, in dieses Gesetz zu schreiben: Die Leistungserbringer müssen Vorkehrungen treffen. – Vielmehr brauchen wir hier klare Vereinbarungen mit den Ländern und klare Zuständigkeiten der staatlichen Aufsichten an dieser Stelle. Wenn wir die Schwächsten in der Gesellschaft, die in unserer Obhut sind, nicht schützen können, dann machen wir unseren Job hier falsch.
(Beifall bei der FDP)
Adressiert wird auch – das haben Sie angesprochen – das Budget für Ausbildung. Das ist, Herr Kollege Oellers, tatsächlich eine sehr positive Entwicklung. Warum aber nicht zeitgleich das Budget für Arbeit mit angefasst wird, erschließt sich mir überhaupt nicht. Auch hier müssen wir endlich zu dem kommen, was in der ganzen Diskussion um das Bundesteilhabegesetz 2016 im Grunde Konsens gewesen ist: Personenzentriertheit unserer staatlichen Leistung. Wir nehmen den Menschen mit Behinderung in den Blick und orientieren uns an seinen Bedürfnissen, sodass er in den Genuss voller Teilhabe kommt. Wenn wir das ernst nehmen, müssen wir die Leistungen zusammenführen und nicht immer neue Hürden aufbauen, sodass man entweder nur das eine oder das andere machen kann und sich entscheiden muss. Also hier ist auch für die Beratung im Ausschuss noch viel Luft nach oben.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Sören Pellmann [DIE LINKE])
Dann freue ich mich sehr, dass sich jetzt auch die Linken, nachdem die FDP-Fraktion im Jahr 2019 beantragt hat, ein Assistenzhundegesetz umfassend auf den Weg zu bringen, dem anderthalb Jahre später angeschlossen haben und nun auch das Ministerium dieses Thema in den Blick nimmt. Die Regelungen bleiben allerdings weit hinter dem zurück, was erforderlich ist: Die 100 Hund-Mensch-Gemeinschaften, die Sie finanzieren wollen, sind weniger als das, was jedes Jahr ehrenamtliche Vereine und Verbände leisten. Das ist nicht mal ein Zehntel dessen, was die Bundeswehr ihren versehrten Soldaten regelmäßig zur Verfügung stellt. Da brauchen wir viel mehr. Der Weg ist richtig, aber wir müssen an dieser Stelle viel mehr aufs Tempo drücken.
Wir müssen zur Anerkennung von Assistenzhunden als Teilhabeleistung kommen, zu einer klaren Finanzierung. Bei der Evaluierung – Frau Präsidentin, ich komme zum Ende – dürfen wir eben nicht nur den Blick darauf richten, was so ein Assistenztier eigentlich kostet. Dass das in unser aller Interesse liegt, wird deutlich, wenn wir zeitgleich in den Blick nehmen, was ein solches Tier dem Sozialstaat an anderer Stelle einspart. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir dann zu der Erkenntnis kommen, dass jeder Assistenzhund in Deutschland im Laufe seines Lebens 100 000 Euro einspart. Vor diesem Hintergrund wird es uns allen viel leichter fallen, diese Tiere auch zu finanzieren.
Frau Präsidentin, herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Das Wort geht an Sören Pellmann von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7511206 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Teilhabestärkungsgesetz |