Josephine OrtlebSPD - Bundesstiftung Gleichstellung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die junge Schülerin, der empfohlen wird, statt dem Mathekurs den Kunstleistungskurs zu belegen, die Verkäuferin, die aufgrund tradierter Rollenbilder zu Hause bleibt, um sich um den Haushalt zu kümmern, der Familienvater, dem mit Kündigung gedroht wird, falls er sich für eine längere Elternzeit entscheidet, die Journalistin, die ihr ganzes Berufsleben auf eine Führungsposition hinarbeitet und dann an der gläsernen Decke scheitert, und die ehemalige Köchin, die aufgrund jahrzehntelanger geringerer Bezahlung heute unter einer kleinen Rente leidet – diese Lebensrealitäten zeigen uns: Die Gleichstellung in Deutschland ist unvollständig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Klar ist aber auch: Benachteiligungen treffen vor allem Frauen: in allen gesellschaftlichen Bereichen, auf allen Ebenen, im Privaten wie im Beruf. Dabei sind es nicht die Frauen und ihre individuellen Entscheidungen, es sind die Strukturen unserer Gesellschaft, die diese Ungleichheiten erzeugen. Das zeigt uns die Coronapandemie auch noch mal ganz besonders.
Wegen dieser Lebensrealitäten und für diese Menschen brauchen wir diese Bundesstiftung Gleichstellung; denn mit ihr setzen wir den strukturellen Benachteiligungen eine strukturelle Antwort entgegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es freut mich wirklich besonders, dass wir heute mit der Umsetzung dieses Herzensprojekts der SPD starten können.
(Beifall bei der SPD)
Mit viel Druck haben wir vor knapp vier Jahren die Gründung dieser Stiftung in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Mit demselben Druck haben wir in den bisherigen Verhandlungen dafür gesorgt, dass die Bundesstiftung auch wirklich gegründet wird.
Und nun sind wir auf der Zielgeraden, endlich eines der wichtigsten gleichstellungspolitischen Vorhaben des Koalitionsvertrags umzusetzen. Mit der Gründung der Bundesstiftung durch die Koalitionsfraktionen bekennen wir uns als Parlament zum Staatsauftrag in Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz und senden damit ein klares Zeichen: Wir lassen uns nicht aufhalten, wenn es um die vollständige Gleichstellung der Geschlechter geht.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Bettina Margarethe Wiesmann [CDU/CSU])
Wir überwinden die Hürden der strukturellen Benachteiligung, indem wir das vorhandene Wissen darüber, wie dringend notwendig Gleichstellung ist, in die Köpfe aller Menschen bringen – wobei ich mir angesichts der Aussagen von Herrn Ehrhorn nicht sicher bin, ob wir das bei allen schaffen –,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD: Zum Glück nicht!)
indem wir dort, wo die Strukturen besonders verhärtet sind, beraten und Lösungen finden – das gilt für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – und indem wir zentrale Akteurinnen und Akteure miteinander vernetzen und in den Austausch bringen. Deswegen ist es gut, dass die Stiftung ihren Sitz in Berlin haben wird; denn die Vernetzung muss dort stattfinden, wo die politischen Entscheidungen gefällt werden.
Wir wollen aber auch eine Vernetzung vom Bund bis in die Kommune, also von Berlin bis zum Beispiel in meine Heimatstadt Saarbrücken. Das stärkt die wichtige Arbeit vor Ort; denn wir wissen: In der Praxis entstehen oft die innovativsten Ideen. Wir wollen genau das: dass mutige Initiativen eine Chance haben und Innovationen verwirklicht werden. Auch dabei wird die Stiftung unterstützen.
Gleichstellungspolitische Erfolge sind immer Erfolge einer gesamten Gesellschaft, Erfolge, die innerhalb und außerhalb des Parlamentes vorbereitet und umgesetzt werden. Deswegen geht ein großer Dank an die vielen Vertreter/-innen der Zivilgesellschaft, die mit großem Einsatz, Engagement und Expertise für diese Bundesstiftung gekämpft haben. Ich möchte mich zudem bei meiner Kollegin Silvia Breher für die gute Zusammenarbeit sowie bei Franziska Giffey und ihrem Haus für die Unterstützung bedanken. Ich freue mich nun auf die Anhörung und würde mich freuen, wenn wir nach der Anhörung diese Stiftung mit einer großen parlamentarischen Mehrheit auch wirklich gründen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Martin Patzelt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7511221 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Bundesstiftung Gleichstellung |