26.03.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 219 / Tagesordnungspunkt 34

Marco BuschmannFDP - Transparenzregelungen für Abgeordnete

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schwere Verfehlungen hat es gegeben. Deshalb ist es gut, dass wir die Dinge aufbereiten. Dass sich allerdings die Abgeordneten der AfD im Zusammenhang mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren hier als Saubermänner gerieren, entbehrt doch nicht einer gewissen Komik; denn wenn man allgemein zugängliche Quellen zurate zieht, dann erkennt man, dass die einsamen Spitzenreiter bei den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren Ihre Kollegen sind, Herr Seitz. Das gehört auch zur ganzen Wahrheit.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Viele Kolleginnen und Kollegen, die vor mir gesprochen haben, haben zu allem Möglichen gesprochen, nur nicht zu dem Antrag, der uns vorliegt. Deshalb erlaube ich mir auch, kurz etwas zu dem Antrag zu sagen, der uns vorliegen sollte. Die Fraktion Die Linke hat einen Gesetzentwurf erstellt. Man muss diesem Gesetzentwurf nicht in jedem Punkt zustimmen, man kann ihn sogar ablehnen. Aber wenn man hier über Transparenz spricht, dann hätte die Öffentlichkeit die Transparenz darüber verdient, wie man in der Sache steht.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Sehr richtig!)

Diesen Gesetzentwurf intransparent zu versenken, wird dem Transparenzanspruch nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit nicht zu viel Harmonie zwischen FDP und Linke aufkommt,

(Heiterkeit bei der LINKEN – Jan Korte [DIE LINKE]: Keine Gefahr!)

will ich zum Antrag in der Sache hier eines sagen: Dass der Bundestagspräsident ohne Ausnahme demnächst dafür sorgen soll, dass beispielsweise auch Anwälte die Branchen ihrer Mandanten angeben, ist vermutlich in 90, vielleicht sogar in 99 Prozent der Fälle in Ordnung. Da, finde ich, kann man das auch machen. Aber Sie erinnern sich: Vor dem Bundesverfassungsgericht sind genau diejenigen Fälle verhandelt worden, in denen die Angabe einer bestimmten Branche, die oligopol- oder monopolartig strukturiert ist, im Prinzip das Mandatsgeheimnis aufhebt. Deshalb wäre beispielsweise eine Sollregelung besser gewesen als eine Mussregelung, und deshalb lehnen wir Ihr Anliegen ab. Das Anliegen im Kern ist gut, man muss es aber handwerklich besser machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben diesem Haus auch einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der eines der vielen Probleme hier angeht – es ist verschiedentlich angesprochen worden –: das Thema der Aktienoptionen. Was die Aktienoptionen angeht, gibt es Gott sei Dank Einigkeit; denn in der Tat ist die Option verführerischer als ein fixer Geldbetrag. Wir sollten aber nicht nur punktuell die Probleme, die jetzt aufgetaucht sind, lösen, sondern das gesamte Problemgebiet angehen. Es gibt nicht nur Aktienoptionen; es gibt auch andere sogenannte incentivierende Finanzderivate – so würden es die Fachleute sagen –, die Anreizmechanismen auslösen. Deshalb haben wir Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der nicht nur die Aktienoptionen regelt, sondern auch andere Derivate wie Future-Kontrakte. Wir lösen das Problem umfassend und nicht nur punktuell. Ich werbe deshalb um Zustimmung für unseren Gesetzentwurf.

(Beifall bei der FDP)

Was das Gesamtthema angeht, ist hier schon viel Kluges und Richtiges gesagt worden. Es ist unerträglich, wenn einige hier, manchmal sogar ohne Beruf und ohne Geschäft, in den Bundestag kommen und dann aus der Gewährung politischen Zugangs einen Beruf oder ein Geschäft machen wollen, um ihr Mandat zu versilbern. Das ist heute schon ein Verstoß gegen die Verhaltenspflichten, und wenn das nicht ausreicht, finde ich es auch richtig, die Regeln zu verschärfen und auch zu sanktionieren. Solche Kollegen schaden dem Ansehen des Deutschen Bundestages.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen aber am Ende auch auf eines aufpassen: Es gibt genauso – und das ist die große Vielzahl – Kollegen, die selbstständige Handwerksmeister sind, die eine Freiberuflerpraxis haben, die Unternehmer sind, die sich vor dem Einzug in den Bundestag anständig und legal einen eigenen Geschäftsbetrieb aufgebaut haben. Ich will in Erinnerung rufen: Die durchschnittliche Verweildauer des Abgeordneten in diesem Haus beträgt acht Jahre. Einige glauben ja, es sei irgendwie erstrebenswert, hier erst im Pensionsalter rauszugehen, aber die Wahrheit ist: Die durchschnittliche Verweildauer beträgt acht Jahre.

Nach diesen acht Jahren kehrt der Beamte auf seinen alten Dienstposten zurück, und das ist auch richtig und gut so. Nach diesen acht Jahren kehrt der Angestellte in seine alte Position zurück; das ist richtig und gut so. Deshalb muss auch der anständige Selbstständige, der anständige Handwerksmeister, der anständige Unternehmer eine Möglichkeit haben, nach acht Jahren in seinen aufgebauten Geschäftsbetrieb zurückzukehren, und deshalb muss er die Möglichkeit haben, ihn am Leben zu erhalten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und der Abg. Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben nicht zu viel unternehmerischen Sachverstand in diesem Haus, wir haben zu wenig. Deshalb verbitte ich mir jede pauschale Diskriminierung und Inkriminierung unserer Kollegen, die einen anständigen Geschäftsbetrieb aufgebaut haben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Kollegen stellen übrigens in ihrer ganz großen Mehrheit das Mandat in den Mittelpunkt; ich habe das früher in der Fraktion erlebt, ich erlebe das jetzt.

Ein ehemaliger Kollege von mir war Bäckermeister. Er hat einen anderen Bäckermeister angestellt. Da blieb am Ende des Jahres nicht viel übrig, aber der angestellte Bäckermeister hat den Betrieb am Leben erhalten und hat dafür gesorgt, dass die Angestellten noch einen Job hatten. Der Kollege hat sich ganz dem Mandat gewidmet. Das erkennt man an den Nebeneinkünften nicht. Zur Belohnung darf der Kollege die Umsätze angeben; ich finde, das ist in Ordnung. Wir sollten aber aufhören, mit dem Finger auf die bloßen Umsätze zu zeigen und daraus einen Rückschluss auf den Anstand der Kolleginnen und Kollegen zu ziehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wer Sauereien betreibt, der gehört angeprangert, aber nicht pauschal.

Meine Damen und Herren, es gibt ja nicht nur dieses Beispiel. Die Kollegen der Union haben viel Prügel eingesteckt, deswegen will ich ein lobendes Beispiel bringen: Der Kollege Marian Wendt ist Ehrenämtler. Er ist Präsident der Bundesvereinigung des THW, und ich finde es gut, dass das so ist; ich will nicht, dass sich das Parlament von der Gesellschaft entkoppelt. Dieser Kollege hat bei der Befragung der Bundeskanzlerin Fragen, die auch das THW betreffen, gestellt. Das kann man als Lobbyismus bezeichnen, aber er hat es transparent vor aller Öffentlichkeit gemacht. Ich finde, wir müssen bei allen Regeln, die jetzt notwendig sind, aufpassen, dass wir nicht das Ehrenamt und die Selbstständigkeit systematisch aus diesem Parlament vertreiben; das jedenfalls ist mit den Freien Demokraten nicht zu machen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Das Wort hat der Kollege Jan Korte für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7511230
Wahlperiode 19
Sitzung 219
Tagesordnungspunkt Transparenzregelungen für Abgeordnete
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta