14.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 220 / Tagesordnungspunkt 5

Carsten BrodesserCDU/CSU - Stärkung des Anlegerschutzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir den Anlegerschutz vor allem im Bereich der Vermögensanlagen weiter verbessern. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, die Missstände, Unwuchten, aber auch kriminelle Machenschaften Einzelner verhindern und Schäden für Anleger vermeiden. Der Gesetzentwurf setzt – Frau Parlamentarische Staatssekretärin Ryglewski hat darauf hingewiesen – die noch offenen Punkte des Maßnahmenpakets zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes um, das das BMJV zusammen mit dem BMF erarbeitet und bereits Ende 2019 veröffentlicht hatte.

Aufhänger ist vor allem die bereits zitierte Insolvenz des Containeranbieters P&R gewesen. Bei dieser spektakulären Insolvenz ging es immerhin um 3,5 Milliarden Euro, die 54 000 Anleger in den Containeranbieter P&R investiert hatten. Was war das Geschäftsmodell von P&R? P&R war ein Unternehmen, das immerhin seit mehr als 40 Jahren Privatanlegern Seefrachtcontainer verkauft hatte und diese dann zurückmietete. Beim Kauf von Containern erhielten die Investoren im Gegenzug feste Mieten. In der Regel kaufte P&R nach fünf Jahren dann die gebrauchten Container mit einem Preisabschlag zurück. Die Anleger erhielten dabei ein Renditeversprechen zwischen 3 und 5 Prozent.

Im März 2018 meldete P&R dann, für viele überraschend, die Zahlungsunfähigkeit an. Zwei Monate später stellte sich heraus, dass von 1,6 Millionen verkauften Containern sage und schreibe 1 Million Container fehlten. Der Fehlbestand ergab sich daraus, dass seit mehr als zehn Jahren Container lediglich auf dem Papier verkauft wurden, um mit den eingenommenen Geldern die laufenden Verbindlichkeiten aus Mietzahlungen und Rückkäufen gegenüber den Altanlegern zu bedienen – also ein Schneeballsystem, das immer mehr zur Lawine für Anleger und das Management wurde. Selbst in den umfangreichen Verkaufsprospekten der P&R war nichts Konkretes zu Marktpreisen und ‑mieten zu finden.

Auch in diesem Fall müssen wir leider feststellen, dass trotz erkennbarer Plausibilitätsdefizite die BaFin im Zeitraum von 2017 bis Anfang 2018 noch fünf Angebote von P&R gebilligt hatte. Nach dem Vermögensanlagengesetz in seiner jetzigen Fassung hatte die BaFin bei solchen Produkten bereits die notwendigen Kompetenzen, um ein solches unklares Angebot einer Vermögensanlage zu untersagen. Bei dem letzten geplanten Angebot von P&R tat sie dies richtigerweise dann auch – für viele Anleger aber leider zu spät.

Nicht ausreichend und ein klares Defizit bei der Aufsicht ist eine lediglich auf Vollständigkeit beschränkte Prüfung von Vermögensanlage-Informationsblättern durch die BaFin. Es muss vielmehr gewährleistet werden, dass diese auch ihren Zweck erfüllen und dem Anleger eine gut verständliche Entscheidungsgrundlage bieten. Die Prüfung der Verständlichkeit sollte daher selbstverständlich sein. Zukünftig muss die BaFin also die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben schneller und effektiver verfolgen.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das Lastenheft für eine neu aufgestellte BaFin ist durchaus gut gefüllt. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir aus dem Anlegerschutzgesetz kein Anlageverhinderungsgesetz machen. Wir sollten vielmehr einen guten Mittelweg finden, der Investitionen in Vermögensanlagen durchaus ermöglicht und gleichzeitig den Anlegerschutz besser absichert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Bei den Vermögensanlagen, um die es hier geht, sind in der Regel nicht Kleinanleger, sondern durchaus breiter aufgestellte Investoren angesprochen. So lag nach einer Studie aus dem Jahr 2020 die durchschnittliche Mindestzeichnungssumme in der Untersuchung bei Publikumsangeboten bei über 28 800 Euro.

Das im Gesetz vorgesehene Blindpool-Verbot mag durchaus seine Rechtfertigung haben, aber in einem angespannten Finanzierungsumfeld für Unternehmen entzieht ihnen das Blindpool-Verbot auch wichtige Finanzierungsmöglichkeiten. Die Investition in Vermögensanlagen ist nämlich kein Teufelszeug, sondern ermöglicht in den meisten Fällen volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionen wie in erneuerbare Energien, Impfstoffe, Wohnimmobilien und in die Forstwirtschaft. Ein generelles Blindpool-Verbot verringert hingegen die Anzahl und die Vielfalt der Anlagemöglichkeiten für Verbraucher und Anleger.

Als Politik sind wir also aufgefordert, in einer freien marktwirtschaftlichen Gesellschaft die Vielfalt und die Diversifikationsmöglichkeiten für Anleger unter Wahrung höchstmöglicher Sicherheit gegeneinander abzuwägen. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist insoweit eine Neuregelung vorgesehen, die ein bestehendes Transparenzdefizit durch die Kontrolle der Mittelverwendung ausgleichen soll. So räumt der Gesetzentwurf der BaFin bei der Billigung von Angeboten einen größeren Ermessensspielraum ein, um Anlagen, bei denen begründete Zweifel an einer gesetzeskonformen Mittelverwendung bestehen, nicht zum öffentlichen Angebot zuzulassen.

Ich komme zum Schluss. Aufgrund der Insolvenz von P&R Container gibt es im Gesetz die Überlegung, dass für bestimmte Vermögensanlagen die Bestellung eines unabhängigen Mittelverwendungskontrolleurs durch den Emittenten zukünftig zwingend erforderlich ist. Unabhängig von diesem konkreten Fall müssen wir aber sorgsam überlegen, wie wir in Zukunft ähnliche Insolvenzen verhindern können. Ich sehe daher an der einen oder anderen Stelle durchaus noch Nachbesserungsbedarf, den wir aber in den Beratungen sicher klären können. Der vorliegende Entwurf ist dafür eine gute Grundlage.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen und danke für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Danke schön. – Das Wort geht an Till Mansmann von der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7514783
Wahlperiode 19
Sitzung 220
Tagesordnungspunkt Stärkung des Anlegerschutzes
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