Marco Bülowfraktionslos - Nachtragshaushalt
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man in einer Krise Schulden aufnimmt, dann ist das erst mal selbstverständlich und auch richtig. Die Frage ist aber, wofür man sie aufnimmt und ob man in die Vergangenheit investiert oder in die Zukunft. Gerade in einer Pandemie braucht man Investitionen in die Zukunft. Dafür müssten Schulden da sein. Des Weiteren müsste man immer in so einer Situation sowohl auf die Einnahmeseite als auch auf die Ausgabenseite blicken. Das gehört zu einer solchen Debatte dazu. Hierzu möchte ich drei Punkte kurz nennen:
Erstens. Wenn man Geschenke ohne Gegenleistung verteilt, wie zum Beispiel letztes Jahr an die Lufthansa, dann muss man sich nicht wundern, wenn dieses Geld irgendwann fehlt. Oder nehmen wir ein aktuelles Beispiel: Mercedes schüttet 1,4 Milliarden Euro an Dividenden aus. Diese Dividenden landen nicht hauptsächlich bei deutschen Aktionären, sondern irgendwo im Ausland. Dieses Geld ist weg. 700 Millionen Euro hat Mercedes aber auf der anderen Seite als Kurzarbeitergeld angenommen. Das ist schäbig. Genau vor diese Ausgaben müsste die Politik einen Riegel schieben.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich könnte jetzt noch einen weiteren Punkt aufmachen, nämlich dass die Kosten für externe Mitarbeiter in den Ministerien wachsen – trotz Pandemie.
(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Dafür reicht die Zeit nicht!)
Auch das wäre ein Schritt, wenn man da eingreifen würde.
Zweitens. Nehmen wir den Militärhaushalt. Der Militärhaushalt ist seit 2014, also innerhalb von nur sieben Jahren, um 15 Milliarden Euro gestiegen, und er steigt auch während der Pandemie. Warum gehen wir da nicht ran? Mit Panzern und den ganzen Neuanschaffungen werden wir nicht die Pandemie bekämpfen und auch nicht die Auswirkungen, die Covid hinterlässt. Auch das ist eine Sache, die wir mal hinterfragen sollten.
Drittens. Ich habe hier schon mal von der Blacklist gesprochen, also von den Ausgaben, die getätigt werden, und von den Einnahmen, die nicht hereingeholt werden. Auch dazu gibt es eine neue Meldung. Wir können natürlich gern noch mal über Cum/Ex und die ganzen Dinge sprechen, bei denen es die Regierung und die Länder versäumt haben, Steuerprüfer einzusetzen, die genau dem auf den Grund gehen, weswegen dann viele Sachen verjährt sind. Heute gibt es neu die Meldung, dass Menschen mit einem Einkommen von über 500 000 Euro im Jahr immer seltener kontrolliert werden. Es gibt nur noch die Hälfte der Kontrollen, die es früher gab. Auch dadurch geht uns Geld verloren. Über diese Dinge müsste auch bei Haushaltsdebatten und Nachtragshaushalten gesprochen werden.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Am Ende geht es vor allen Dingen darum, dass die Pandemie und die Maßnahmen gegen die Pandemie dafür sorgen, dass die Ungleichheit in diesem Land rapide wächst, dass einige sogar hohe Profite machen und sich die Taschen vollstopfen trotz oder wegen dieser Pandemie und andere – die breite Mitte und viele von denen, die nicht viel haben, also sozusagen diejenigen, die in der Pflege oder in anderen Bereichen schuften – die Lasten zu tragen haben, aber keine Unterstützung kriegen oder ihre Existenz verlieren. Und auf die müssten wir uns konzentrieren.
In Deutschland gibt es überhaupt keine Untersuchungen und Debatten darüber – in vielen Ländern gibt es starke Debatten darüber –, was die Auswirkungen für das gesellschaftliche Gefüge bedeuten, wie ungleich sie sind und wer am Ende die Zeche zu zahlen hat; denn darauf kommt es ja an. Wir sprechen jetzt über den Nachtragshaushalt, aber die nächsten Jahre werden wir doch darüber reden, wer die Zeche zu zahlen hat. Das werden wieder diejenigen sein, die nicht besonders viel haben. – Da müsste Politik für sorgen, da müsste ein Finanzminister für sorgen, und dafür müsste eine Regierung sorgen.
Danke.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Voraussichtlich letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Florian Oßner, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7514837 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Nachtragshaushalt |