15.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 11

Karin MaagCDU/CSU - Alternative Maßnahmen zur Lockdown-Politik

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Seitz, schnell und schlampig! Allein der Antrag als solcher ist ja eine Zumutung. Weder hat das Bundeskanzleramt – Zitat – „zum wiederholten Male die Verlängerung der ‚Lockdown-Maßnahmen‘ ... beschlossen“ – das hat das Bundeskanzleramt übrigens noch nie –, noch hat Herr Professor Schrappe mit den Kollegen ein Thesenpapier entwickelt. Sie beziehen sich vermutlich – das wird aus dem Antrag nicht klar – auf die sieben Thesenpapiere unter dem Titel „Die Pandemie durch SARS-CoV-2/CoViD-19“. Papiere eins bis sechs behandeln Aspekte wie Epidemiologie, Prävention und Gesellschaftspolitik und sind hier übrigens bekannt. Papier sieben verhält sich im Wesentlichen zum Thema Impfen.

(Zuruf von der AfD)

Die Herren Professoren Schmidt-Chanasit und Stöhr gehören nicht zu den Autoren dieser Thesenpapiere. Bei den Herrn Professor Schrappe zugeschriebenen Zitaten machen Sie sich noch nicht mal die Mühe, diese zu belegen.

(Zuruf von der AfD)

Aber es geht Ihnen ja auch nicht um den konstruktiven Diskurs. Nein, offensichtlich soll dieser Antrag der Coronaresolution Ihres Parteitags am Wochenende ein restbürgerliches Tarnmäntelchen umhängen. Ihr Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke sprach im Zusammenhang mit Corona von einer – Zitat – „herbeigetesteten Pandemie“ und einem – wiederum Zitat – „Testwahnsinn“. Weiteres Zitat: „Die Testung und die Anzahl der Testung führt überhaupt dazu, dass wir eine Pandemie haben.“ – Zitat Ende. Sie lehnen den PCR-Test zum Nachweis der Infektion ab und fordern in Ihrer Resolution – Zitat –, „zu seit Jahrzehnten bewährten Diagnosemethoden zurückzukehren“. Sie schwafeln dort über angebliche Meldungen zu alarmierend hohen Nebenwirkungen und – Zitat – „auffällig vielen Corona-Ausbrüchen und erhöhten Sterberaten nach Impfungen in Heimen“. Mit Verlaub: Blödsinn.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Ja, es gibt Nebenwirkungen, leichte wie auch in geringerem Umfang schwerere. Aber dank unserer funktionierenden Impfüberwachung werden diese auch sofort erkannt, bewertet und vor allem die richtigen Konsequenzen daraus gezogen. Also: Aufklärung, Hinweise, Impfempfehlungen, die angepasst werden. Deshalb kann ich hier sagen, dass bei den bislang zugelassenen Impfstoffen der Nutzen der Impfung die Gefahren einer Nebenwirkung deutlich und weitaus überwiegt.

Wenn in einer Alteneinrichtung in Osnabrück nach der zweiten Impfung 14 Senioren mit der britischen Variante angesteckt wurden und die Senioren entweder asymptomatisch sind, das heißt keinerlei Beschwerden haben, oder leichte Krankheitsverläufe haben, dann beweist es eines, nämlich dass die Impfung offensichtlich wirkt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

Wenn wir das jetzt alles zusammenrechnen: Mit dieser Vorgeschichte fordern nun ausgerechnet Sie den Deutschen Bundestag auf, eine unabhängige Expertenkommission einzurichten. Wozu sie eingerichtet werden soll, wird jetzt nicht ganz klar, weil in Ihrem Antrag an dieser Stelle das Verb fehlt;

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Da fehlt nicht nur das Verb!)

aber das ist ja nun auch wurscht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie wollen sich doch gar nicht mit den Fakten auseinandersetzen. Sie wollen sich doch offensichtlich gar nicht beraten lassen. Sie haben sich mit dieser Resolution doch klar auf die Seite der Coronaleugner gestellt.

(Zurufe von der AfD)

Weiterhin fordern Sie uns auf, unsere legislativen Pflichten wahrzunehmen. Wir tun das. Gleich morgen haben Sie erneut die Gelegenheit, an dieser Stelle zum Entwurf eines Vierten Bevölkerungsschutzgesetzes zu debattieren. Die Lage ist nämlich höchst angespannt: Die Zahl der Neuinfektionen ist nahezu flächendeckend nach oben gegangen, die Tagesinzidenz beträgt im Deutschlanddurchschnitt 160.

(Zuruf von der AfD)

Wir sind mitten in der dritten Welle. Wir haben Landkreise mit einer Inzidenz von 400, 500. 4 600 Coronapatienten sind in intensivmedizinischer Behandlung, und das Personal kann nicht mehr.

(Zuruf von der AfD: Blödsinn!)

Wer den Appell von Professor Hallek am Dienstag in Köln gehört hat, wer gehört hat, dass wieder planbare Operationen verschoben werden müssen, wer gehört hat, dass jetzt die 40- bis 60-Jährigen in den Kliniken liegen –

(Zurufe von der AfD)

bei den beatmeten Intensivpatienten haben wir eine Sterberate von 50 Prozent –, wer sich mit Long Covid befasst hat, mit den Schäden, die dauerhaft entstehen können, der weiß, dass wir dringend schnell harte Maßnahmen brauchen und nicht so einen Quatsch wie Ihre Anträge.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt müssen wir notgedrungen, weil die unterschiedlichen Interessen der Länder es offensichtlich nicht mehr zulassen, bundeseinheitlich per Gesetz festlegen, was zu tun ist, wenn in einem Landkreis die Inzidenz über 100 steigt. Aus gesundheitspolitischer Sicht – das sage ich deutlich – wäre es schön gewesen, wir hätten das Gesetz noch diese Woche verabschiedet.

Aber wir verabschieden das Gesetz doch nicht, weil wir, Herr Seitz, in den letzten Wochen und Monaten keine Fortschritte erzielt hätten! Hausärzte und Impfzentren haben beim Impfen Tagesrekorde erreicht. In der Woche nach Ostern wurden von Montag bis Freitag 2,6 Millionen Impfungen durchgeführt. 18 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind jetzt geimpft – einmal wenigstens. Wir kommen unserem eigenen Anspruch – darauf lege ich Wert –, dass wir hier wieder Spitzenpositionen einnehmen, endlich näher.

Sogar die Länder sind mittlerweile gut dabei. Seit 8. März haben sie flächendeckend 15 000 Teststationen aufgebaut, zusätzlich kommen die privaten hinzu. Jeder Bürger hat einen Anspruch auf mindestens eine Testung pro Woche. Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, bei dieser Gelegenheit appelliere ich an Sie: Nehmen Sie diesen Anspruch auch wahr! Es ist wichtig, sich testen zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Jetzt frage ich Sie von der AfD: Welche Ideen hat die AfD zum Schutz vor unkontrollierter Ausbreitung des Virus, zum Schutz der Intensivstationen, zum Schutz aller Altersgruppen vor Long Covid?

(Dr. Roland Hartwig [AfD]: Schutz von Risikogruppen von Anfang an! Das habe ich immer gesagt!)

Die Infektionen laufen zu lassen, zu leugnen, das ist doch keine Strategie, das ist Zynismus! Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Sie nicht wundern: Wir von der Union lehnen diesen Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Wieland Schinnenburg, FDP, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7514849
Wahlperiode 19
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Alternative Maßnahmen zur Lockdown-Politik
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