15.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 13

Stephan ThomaeFDP - Änderung des Grundgesetzes - Kinderrechte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz trägt die Bundestagsdrucksachennummer 19/28440. Das klingt wie irgendeine Sache unter tausend anderen, aber eine Grundgesetzänderung ist auch im dichten Parlamentskalender eine Besonderheit; denn wir packen das Grundgesetz nicht jeden Tag und nicht häufig in einer Wahlperiode an.

Wenn wir es tun, wenn wir jetzt über eine Änderung des Grundgesetzes hinsichtlich der Kinderrechte beraten, dann sollten wir damit ein zweites Anliegen politisch verknüpfen, das uns wichtig erscheint, nämlich die Verankerung eines weiteren negativen Diskriminierungsmerkmals in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz: die sexuelle Identität. Das passt nach unserer Auffassung sehr gut zusammen. Beide Dinge berühren den privatesten, den intimsten Bereich des Menschen, die Kinderrechte und die sexuelle Identität der Menschen.

Die Geschichte der Homosexuellen, der Bi-, Trans- und Intersexuellen ist eine Geschichte der Benachteiligung, Diskriminierung und Verfolgung. Deswegen ist jetzt die Zeit gekommen, im Grundgesetz eindeutig klarzumachen, dass es wegen der sexuellen Identität keine Benachteiligung mehr geben darf.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Dazu gibt es schon einen Gesetzentwurf der Grünen, der Linken und der FDP aus dem Jahr 2019. Wenn wir das jetzt nicht noch einmal beraten, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dann wird es in dieser Wahlperiode nichts mehr damit werden; das muss doch klar sein. Deswegen erwarte ich von Ihnen, Frau Ministerin, von der SPD und den Grünen, dass wir gemeinsam, Sie mit uns, der FDP und mir, dafür kämpfen, dass wir auch über diesen Punkt sprechen. Ich habe das Gefühl, dass auch in der Union die Bereitschaft vorhanden ist, anzuerkennen, dass die Zeit dafür reif ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sönke Rix [SPD])

Für die Kinderrechte liegt nun auch der Vorschlag der FDP auf dem Tisch. Auch für uns ist wichtig, dass das Gefüge zwischen Eltern, Kindern und Staat nicht verändert wird, dieses spitzwinklige Dreieck, in dem Eltern und Kinder nah beisammen sind und in weiter Ferne der Staat sein Wächteramt dann ausübt, wenn das Kindeswohl in Gefahr ist. Das ist seine Aufgabe; aber die Erziehungshoheit der Eltern darf nicht angetastet werden. Wir wollen nicht, dass sich der Staat als stiller Miterzieher in das Familienleben einmischt.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

Wir wollen nicht den Staat stärken. Wir wollen die Kinder stärken, ohne dass wir dadurch die Elternrechte und die Familien schwächen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dann wollen Sie dagegenstimmen?)

Ein weiterer Punkt ist, dass wir Kinder als Rechtssubjekte im Grundgesetz sichtbar machen wollen, aber auch als Satzsubjekte; denn wenn wir von Kinderrechten sprechen, dann müssen auch Kinderrechte drin sein. Nur zu sagen, dass der Staat das Kindeswohl angemessen berücksichtigen muss, was er ohnehin immer tun muss – er ist immer zu angemessenem Verhalten verpflichtet –, ist ein Stück zu wenig. Ein bisschen mehr muss es schon sein, wenn wir über Kinderrechte sprechen; sonst wäre es eine reine Mogelpackung.

(Beifall bei der FDP)

Die Vorgespräche haben schon stattgefunden; sie haben aber noch zu keiner Einigung geführt. Wir brauchen für eine Grundgesetzänderung nach Artikel 79 Absatz 2 Grundgesetz eine doppelte Zweidrittelmehrheit: in diesem Haus, also im Bundestag, und im Bundesrat. Da ist noch keine Kompromisslösung gefunden worden. Aber wir werden konstruktiv an diesen Beratungen mitwirken. Ich freue mich darauf, dass wir am Ende vielleicht doch noch eine Lösung finden –

Kollege!

– und Kinderrechte und ein neues Merkmal, die sexuelle Identität, im Grundgesetz verankern werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Kollege Norbert Müller für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7515410
Wahlperiode 19
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Änderung des Grundgesetzes - Kinderrechte
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