Matthias BartkeSPD - Gesetzlicher Mindestlohn
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister! Herr Cronenberg, ich habe mich sehr über Ihre Rede gefreut; denn Sie haben in Ihrer Rede den Mindestlohn als eine Erfolgsgeschichte bezeichnet. Das hat die FDP ja nicht immer so gesehen. Ich erinnere Zeiten, als die FDP den Mindestlohn als einen Jobkiller bezeichnet hat. Sie hätten schon damals auf uns hören sollen. Ich finde, Sie sollten sowieso grundsätzlich mehr auf uns hören.
(Beifall bei der SPD)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Pascal Kober?
Nein, ich habe ja noch gar nicht richtig angefangen.
(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)
Am vergangenen 1. Januar feierte der Mindestlohn seinen sechsten Geburtstag. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit sechs Jahren kommt man in die Schule. Und wer in die Schule geht, will wachsen und sich weiterentwickeln. Das zeigt uns die Mindestlohnevaluierung.
(Zuruf der Abg. Bettina Stark-Watzinger [FDP])
Der Mindestlohn muss sich weiterentwickeln, damit er einmal das wird, was er sein soll: ein Zeichen des Respekts für Arbeit in unserem Land.
(Beifall bei der SPD)
Olaf Scholz und Minister Heil haben nun den Lehrplan für das erste Schuljahr des Mindestlohns vorgelegt:
Erste Aufgabe für das nächste Schuljahr: Der Mindestlohn muss armutssicher werden. – Aktuell beträgt er 9,50 Euro. Jeder Vierte in unserem Land arbeitet zu einem Lohn von unter 12 Euro. Die Evaluation zeigt, dass der Mindestlohn hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückbleibt. Um den Anschluss zur Mitte zu halten, muss er schneller steigen. Die SPD ist daher davon überzeugt: Wer Vollzeit arbeitet, muss davon leben können. Der Lohn muss armutsfest sein.
(Beifall bei der SPD)
Ich habe von Uwe Schummer und Bernd Rützel gelernt: Das hat auch schon Papst Pius so gesehen. Nein, Papst Leo XIII. war es – Entschuldigung; man merkt, ich bin nicht ganz bibelfest.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Das bedeutet zwei Dinge: Der Lohn muss bei Vollzeitkräften nicht mehr durch zusätzliche Sozialtransfers aufgestockt werden, und er ist hoch genug, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu gewährleisten. – Berücksichtigt man dies, landen wir bei einem Mindestlohn von 12 Euro. Wir planen daher, ein neues Kriterium ins Mindestlohngesetz aufzunehmen, das die Mindestlohnkommission bei der Findung beachten muss: Sie soll sich stärker an der Armutsgefährdung orientierten.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Und das, lieber Matthias Zimmer, ist keine politische Festsetzung.
Zweite Aufgabe für das nächste Schuljahr: Lücken müssen geschlossen werden. – Viel zu vielen Beschäftigten wird ihr verdienter Lohn vorenthalten. Wenn Arbeitgeber Kost und Logis auf den Mindestlohn ungerechtfertigt anrechnen oder Arbeitsstunden mit Gutscheinen oder Sachleistungen abgelten, dann geht das gar nicht.
Das größte Einfallstor für die Umgehung des Mindestlohns ist aber die fehlende Erfassung der Arbeitszeit. Da werden die Rüstzeiten oder die Nacharbeiten nicht korrekt aufgeschrieben, da gelten die Fahrtzeiten bei Leerfahrten ohne Fahrgäste nicht als Arbeitszeit und, und, und. Im Arbeitsschutzkontrollgesetz für die Fleischbranche haben wir es eindeutig geregelt: Die Arbeitszeit ist tagesaktuell elektronisch und manipulationssicher aufzuzeichnen. – Was jetzt schon in Schlachthöfen gilt, muss möglichst schnell auch in anderen Betrieben durchgesetzt werden. Jede Arbeitsstunde zählt.
(Beifall bei der SPD)
Der Plan von Hubertus Heil und Olaf Scholz für die Weiterentwicklung des Mindestlohns erstreckt sich aber nicht nur auf die Regelungen zum Mindestlohn selbst. Wir denken Mindestlohn und Sozialpartnerschaft immer zusammen. Sie sind ein Team mit einem Ziel: Respekt für gute Arbeit.
(Beifall bei der SPD)
Dritte Aufgabe für das erste Schuljahr des Mindestlohns: die Schaffung eines Bundestariftreuegesetzes. – Aufträge, die aus Steuermitteln gezahlt werden, müssen gute Arbeit garantieren. Öffentliche Aufträge des Bundes, der Länder und der Kommunen dürfen nur noch an Auftragnehmer vergeben werden, die ihren Beschäftigten tarifvertragliche Entlohnungsbedingungen gewähren. Alle Arbeitnehmer/-innen, die bei dem öffentlichen Auftrag eingesetzt werden, sollen einen Anspruch auf diese Entlohnungsbedingungen bekommen, einen einklagbaren Anspruch auf gute Löhne.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mit einem Vergabemindestlohn von 12 Euro wollen wir zunächst einmal dafür sorgen, dass diejenigen angemessen entlohnt werden, deren Aufträge aus Steuermitteln gezahlt werden.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Mit dem Bundestariftreuegesetz wollen wir endlich für faire Verhältnisse sorgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Lehrplan für die weitere Entwicklung des Mindestlohns hat noch viele weitere Aspekte. Ich freue mich auf die Beratungen im Klassenzimmer – Entschuldigung: im Ausschusssaal.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU])
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Bartke. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Peter Aumer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7514899 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Gesetzlicher Mindestlohn |