15.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 24

Daniela De RidderSPD - Friedensmediation – deutsche Außenpolitik

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern Abend wurden wir von Außenminister Heiko Maas und Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer informiert, dass der Abzug der deutschen Soldatinnen und Soldaten aus Afghanistan bereits bis Mitte August abgeschlossen sein könnte. Kein einfaches Unterfangen! Die Islamische Republik Afghanistan wird beherrscht vom Terror der Taliban und von Korruption. Wir alle sind jedoch in größter Sorge, wie die erreichten Fortschritte für die Zivilbevölkerung, allen voran die Lage von Frauen und Mädchen, erhalten und stabilisiert werden können.

Mein Beispiel Afghanistan soll zeigen: Frieden geht nicht ohne Friedensmediation, Herr Podolay.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da geht es nicht um Meditation, wie Sie fälschlicherweise gesagt haben – da sagt auch keiner „Om“ –, sondern es geht um intensive Verhandlungen und Gespräche. Mein Beispiel soll zeigen: Es kann alles nicht gelingen, wenn man nicht auf Friedensmediation setzt – nicht in Afghanistan und auch nicht anderswo, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe von der AfD)

Der vielleicht wichtigste Bestandteil der Friedensmediation ist es, verlorengegangenes Vertrauen zwischen Kontrahentinnen und Kontrahenten, die durch tiefgehende ökonomische, soziale, kulturelle, ethnische oder religiöse Gräben getrennt werden, wiederherzustellen. Das geht nur Schritt für Schritt, mit großer Empathie und noch größerer Kultursensibilität, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Mediation Support ist seit vielen Jahren ein zentraler Eckpfeiler der deutschen Außenpolitik. Die Bundesregierung engagiert sich nicht nur, lieber Ottmar von Holtz, in Afghanistan, sondern, ja, beispielsweise auch in Libyen. In der Tat, ich erinnere an die Berlin-Konferenz. Aber die Bundesregierung ist auch im Jemen engagiert, hier etwa, indem sie die Berghof Foundation unterstützt, oder auch in Uganda mit finanzieller Flankierung der Exposure-Projekte. Wie gut!

Allein im Jahr 2020 finanzierte das Auswärtige Amt mehr als 30 Projekte im Bereich Mediation und Dialog, und es investierte dabei rund 10 Millionen Euro. Hinzu kommt im Übrigen die Unterstützung der VN-Friedenspolitik mit weiteren 10 Millionen Euro. Längst gibt es auch – das wird im Antrag erwähnt – ein Aus- und Fortbildungsprogramm für Diplomatinnen und Diplomaten und ein eigenes Personalkonzept. Die Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ sind dabei im Übrigen der Kompass.

Zivile Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung haben vor allem aber dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie multilateral und multidimensional angelegt sind und wenn gesellschaftliche Akteure und vor allem konfliktvermittelnde Kräfte aus den Konfliktregionen zusammenwirken.

Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktvorsorge: Dazu gehören neben der Mediation auch der nationale Dialog und die Vergangenheitsbewältigung, die die Versöhnungsarbeit erst möglich machen. So betrachtet ist Friedensmediation immer der erste wirkungsvolle Angang in einem langwierigen und häufig schmerzlichen Prozess der Friedenssicherung und der Stabilisierung. Sie kann aber ohne die Stärkung, lieber Ottmar von Holtz, staatlicher und zivilgesellschaftlicher Strukturen nicht nachhaltig genug wirken.

Deshalb muss Friedensmediation immer auch in Rechtsstaatsförderung und justizielle Zusammenarbeit eingebettet sein – umso mehr, je fragiler die Staatlichkeits- und Governance-Strukturen der jeweiligen Postkonfliktländer sind. Dazu zählen die Beratung –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– von Verfassungsorganen und Verfassungsreformen und – nicht zu vergessen – Entwaffnung und Reintegration, Extremismusprävention und Deradikalisierung sowie Migrationsmanagement. Schade, lieber Ottmar von Holtz, dass dies im vorliegenden Antrag nur peripher Erwähnung findet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin De Ridder. Das Präsidium ist heute gnädig und zieht der SPD keine Minute ab. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Renata Alt, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7515350
Wahlperiode 19
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Friedensmediation – deutsche Außenpolitik
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