15.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 26

Mahmut ÖzdemirSPD - Übereinkommen zu Sportveranstaltungen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu so später Stunde ist das die zweite sportpolitische Debatte an diesem Abend. Sportgroßveranstaltungen, Fußballspiele und andere Sportveranstaltungen brauchen Sicherheit. Es ist gut, dass wir hier über ein Vertragsgesetz reden. Wir haben gerade gehört, die Bundesregierung habe so lange gebraucht, um ein solches Vertragsgesetz umzusetzen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir hier in Deutschland ein hohes Maß an Datenschutz, ein hohes Maß an Sicherheit und auch ein hohes Maß an Verkehrssicherheit unserer Veranstaltungen vom Sport über die Kultur bis zu Bürgerfesten haben, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Alle Handelnden wollen sportlichen Erfolg; sie wollen Vergnügen, Erlebnisse, berufliche und wirtschaftliche Vorteile. Sicherheit ist dabei ein Versprechen des Staates. Vorschriften, Kontrollen und auch Einsatzkräfte garantieren, dass jedes erlaubte Risiko nur so viele Auflagen erhält wie notwendig. So konnte mein Vater – vielleicht hört er jetzt zu auf der Arbeit oder hat gerade Pause – mit mir ins Wedaustadion zum MSV Duisburg gehen.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wo spielen die jetzt?)

Wir sind gemeinsam hingefahren, mal mit Bus und Bahn, mal mit dem Auto; wir standen im Stadion dicht an dicht mit Ultras, mit Familien und haben gemeinsam den MSV Duisburg angefeuert und sind dann von Polizisten, von Ordnern durch die Menschenmenge auch wieder sicher nach Hause geleitet worden. Das einzig Risikobehaftete an einem besonderen Tag, an den ich mich erinnere, war die Beichte daheim, als der kleine Mahmut, der den Eckstoß aus nächster Nähe verfolgen wollte, seinem Vater abhandenkam und dann vom Stadionsprecher ausgerufen worden ist. Dass ein Vater nach dem Spiel sein Kind suchen muss, ist das einzige Risiko in einem deutschen Fußballstadion.

(Beifall des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Mit diesem Abkommen verbessern wir die Zusammenarbeit und die polizeilichen Strategien, Einsatzkräfte zu schulen und die Vernetzung von Polizeikräften, Rettungskräften, aber auch privaten Kräften herzustellen. Eine präzise Einschätzung des Risikos ist hierbei wichtig und notwendig. Das erreichen wir, indem wir bestmögliche Informationsaustausche nach dem höchsten Sicherheitsstandard und dem höchsten Datenschutz gewährleisten.

Ich habe gerade dargestellt, dass unsere Sportgroßveranstaltungen neben dem gesellschaftlichen Nebeneinander schon ein hohes Maß an Sicherheit genießen. Aber wir stehen auch hier vor Herausforderungen, und diese Herausforderungen möchte ich kurz aufzeigen.

Im Zusammenhang mit Hochrisikospielen werden die Sicherheitskosten immer mal wieder diskutiert. Ein höheres Risiko, das vom Staat abgedeckt wird, während Gewinne und Umsätze privatisiert werden, lehnen wir als SPD allerdings ab.

(Beifall bei der SPD)

Wir sehen, dass das Land Bremen hier einen besonderen Weg gegangen ist, nämlich Vereinen zusätzliche Sicherheitskosten über Gebühren in Rechnung zu stellen. Ich finde, das ist grundsätzlich ein gangbarer Weg, der derzeit auch richterlich geprüft wird. Vom Bundesverwaltungsgericht ist schon ein grundsätzlich positives Signal erfolgt; eine bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung hierzu steht allerdings noch aus.

Ich komme zum Thema „Rechtsextremismus im Fanblock“. Ich finde, hier ist der Informationsaustausch besonders wichtig, gerade auch im Hinblick auf den Kampf gegen rechtsradikale Fans, zum Beispiel HooNaRa, Hooligans, Nazis und Rassisten. Menschen mit solch einer Gesinnung dürfen nicht ins Stadion – leider ist das vorgekommen; wir erinnern uns an die Trauerfeiern in den Fanblocks in Chemnitz und auch Cottbus, teilweise mit europäischer Solidarität bis nach Prag –; sie dürfen nicht im Fanblock stehen, und sie dürfen erst recht nicht einen Ordnungsdienst bei diesem Verein organisieren. Das müssen wir strategisch genau betrachten, unter Einbeziehung aller Sicherheitsbehörden, auch mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen einen konsequenten Umgang mit Gewalttätern, eine Nulltoleranzpolitik. Wer einmal im Stadion gewalttätig gewesen ist, darf nie wieder ein Stadion von innen sehen. Das ist meine persönliche Überzeugung. Wir müssen auch unterbinden, dass sich Fangruppen „zufällig“ oder, besser gesagt, geplantermaßen an Bahnhöfen treffen, um wechselseitig Körperverletzungen auszutauschen, landläufig auch als Schlägereien unter Hooligans bekannt, während andere, Familien, Reisende, Studierende, Schülerinnen und Schüler oder auch Wochenendreisende, den Bahnhof in Frieden nutzen wollen. Das geht nicht. Auch da müssen wir mit unseren Polizeikräften entsprechend vor Ort sein.

Unser Versprechen ist: Wir wollen staatliche Sicherheit auf Kosten der Allgemeinheit, soweit es der Allgemeinheit dient. Wir wollen aber Kostentragung dort, wo auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erzielt werden, damit von der Familie bis zu den Fans und den Ultras im Stadion alle gemeinsam ihren Verein anfeuern und das sportliche Großereignis sportartunabhängig genießen können.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Vertragsgesetz und wünsche noch einen schönen Abend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Özdemir. – Die nächste Rednerin: für die FDP-Fraktion die Kollegin Britta Dassler.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7515372
Wahlperiode 19
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Übereinkommen zu Sportveranstaltungen
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