16.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 222 / Zusatzpunkt 6

Alice WeidelAfD - Bevölkerungsschutzgesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundeskanzlerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch nie hat es eine Bundesregierung gewagt, in so wenigen Sätzen so viele Angriffe auf die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger, auf Rechtsstaatlichkeit und demokratische Prinzipien unterzubringen wie in diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der AfD)

Die vorgeschlagene Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes ist ein alarmierendes Dokument obrigkeitsstaatlichen Denkens. Dieser Rückfall in den autoritären Ungeist geht vom Kanzleramt aus und von Ihnen, Frau Bundeskanzlerin.

(Beifall bei der AfD)

Ihr Misstrauen gegenüber den Bürgern und den demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen hat bei diesem Gesetzesvorhaben eindeutig die Hand geführt. Sie misstrauen den Bürgern; deswegen wollen Sie sie tagsüber gängeln und nachts einsperren. Sie misstrauen den Ländern und Kommunen. Deswegen legen Sie die Axt an die Wurzeln der föderalen Architektur der Bundesrepublik und entmachten Ministerpräsidenten, Landräte und Bürgermeister per Bundesgesetz.

Sie misstrauen den Gerichten, den berufenen Kontrolleuren staatlichen Handelns. Deswegen stellen Sie die Amts- und Verwaltungsgerichte durch Zentralisierung kalt – möglicherweise, weil diese nämlich eben zuletzt einige Ihrer Eingriffe in die Bürgerrechte gekippt haben.

Und nun lassen Sie sich eine Ermächtigung – Ihre Wortwahl, nicht meine! – ins Gesetz schreiben, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassen. Wir sagen dazu: Ausgangssperren sind unverhältnismäßig und verfassungswidrig!

(Beifall bei der AfD)

Für Millionen von Menschen, die nicht so privilegiert wohnen wie zum Beispiel Mitglieder des Bundeskabinetts, sind sie die Hölle. Im Kampf gegen das Virus sind Ausgangssperren dagegen nutzlos, ja sogar kontraproduktiv. Die Infektionsgefahr ist nun mal im Freien fast null und hängt auch nicht von Uhrzeiten ab.

Willkürlich festgesetzte Inzidenzzahlen als ausschlaggebendes Kriterium sind ebenfalls absurd. Sie hängen von der Zahl der durchgeführten Tests ab und lassen sich nach Belieben hochtreiben. Ohne Rückkopplung an die Testquote, den Anteil tatsächlich Erkrankter und die Alterskohorten der Betroffenen sind sie auch nicht aussagekräftig.

(Beifall bei der AfD)

Das bestätigen viele Wissenschaftler, zuletzt der frühere Chefvirologe der Charité, Professor Krüger. „ Hört auf die Wissenschaft“, so lautet Ihr Mantra. Sie aber hören nur auf die Stimmen, die Sie hören wollen und die Ihre Vorurteile bestätigen.

(Beifall bei der AfD)

Widerspruch tun Sie dagegen als Verschwörungstheorie ab.

Dagegen wäre doch eine differenzierte und transparente Debatte dringend nötig, um bessere Entscheidungen treffen zu können. Ginge es Ihnen tatsächlich in erster Linie um die Pandemiebekämpfung, hätten Sie längst geeignete und zielgerichtete Maßnahmen ergreifen können, die auch wir hier immer wieder eingefordert haben.

Covid-19 ist vor allem für bestimmte Risikogruppen gefährlich. Dann muss man auch diesen bedrohten Personen gezielte Schutzangebote machen, statt die Grundrechte für alle einzuschränken und das ganze Land an die Wand zu fahren.

(Beifall bei der AfD)

Die Überlastung des Gesundheitssystems verhindert man weder mit Zusperren der Gesellschaft noch mit Krankenhausschließungen und Abbau von Intensivbetten,

(Beifall bei der AfD)

sondern durch gezielte Investitionen in Personal und Infrastruktur. Dafür hatten Sie genug Zeit, die nicht genutzt wurde.

Sie wollen mit diesem Gesetz etwas anderes: den endlosen Bundes-Lockdown, obwohl fünf Monate Wellenbrecher-Lockdown mehr als genug gezeigt haben, dass dieses primitive Rezept überhaupt nicht funktioniert.

(Beifall bei der AfD)

Und Sie nehmen in Kauf, dass der Mittelstand zugrunde geht, der Arbeitsmarkt durch staatliche Dauerintervention zerstört wird, dass Innenstädte veröden, dass eine ganze Schülergeneration verloren geht und dass das Kultur- und Vereinsleben stirbt. Sie belegen ganze Branchen mit Berufsverboten. Sie enteignen Händler und Gewerbetreibende, Gastronomen und Tourismusbetriebe durch monatelange Zwangsschließungen ohne Aussicht auf einen Ausweg. Zahllose Geschäfte werden nie mehr öffnen. Generationenalte Familienbetriebe verschwinden für immer. Dem unternehmerischen Mittelstand bricht das Rückgrat.

(Beifall bei der AfD)

Auf Deutschland kommt eine Insolvenzwelle von nie dagewesener Dimension zu, ein massiver Anstieg von Depressionen, geschädigten Kinderseelen, in Isolation verkümmernden älteren Menschen, verstörten Jugendlichen und zerrütteten Familien. Das sind die Kollateralschäden Ihrer Dauer-Lockdown-Politik!

(Beifall bei der AfD)

Die Bürger verlieren das Vertrauen in einen Staat, der einem vor dem Ruin stehenden westfälischen Gastronomenehepaar, das aus Verzweiflung sein Café wieder öffnet, das Ordnungsamt und hohe Bußgelder auf den Hals schickt. Die Bürger verlieren das Vertrauen in einen Staat, der mit Polizeikommandos Rentnergeburtstage stürmt und Kinder vom Bolzplatz jagt, aber Drogenhändler im Park gewähren lässt.

(Beifall bei der AfD)

Die Bürger verlieren das Vertrauen in einen Staat, dessen Polizisten Erholungssuchende in Parks mit Zollstöcken schikanieren, aber bei Clangroßhochzeiten untätig danebenstehen müssen.

(Beifall bei der AfD)

Seit mehr als einem Jahr missbrauchen Sie die Coronakrise, um Zumutungen durchzusetzen, mit denen Sie unter normalen Bedingungen niemals durchkämen: Reise-, Kontakt- und Versammlungsverbote, das Einreißen der letzten Haltelinien bei der Staatsverschuldung, eine EU-Schuldenunion, die das Budgetrecht dieses Parlaments aushebelt und die deutschen Steuerzahler in Geiselhaft für Brüsseler Ausgabenorgien nimmt.

Und jetzt versuchen Sie, am Grundgesetz vorbei unter dem Vorwand des Infektionsschutzes eine Notstandsgesetzgebung durch die Hintertüre einzuführen, die von unserer Verfassung aus guten Gründen nicht vorgesehen ist.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie mal sagen, was Sie wollen? Was will denn die AfD?)

Nichts anderes bedeutet es, wenn Sie Bürger pauschal als potenzielle Gesundheitsgefährder unter Generalverdacht stellen,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)

ihrer Grundrechte berauben und einsperren wollen.

(Beifall bei der AfD)

Es wäre grotesk und falsch, einer Regierung, die so oft und offenkundig versagt und das Recht gebrochen hat, derart weitreichende zusätzliche Kompetenzen zu geben.

(Beifall bei der AfD)

Die AfD-Fraktion lehnt deshalb aus tiefer freiheitlicher und demokratischer Überzeugung diesen Gesetzentwurf ab.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der AfD – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Satz der AfD, was Sie denn wollen! – Gegenruf des Abg. Tino Chrupalla [AfD]: Hören Sie mal zu! – Gegenruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja klar, Sie sind blank bei dem Thema!)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Bärbel Bas, SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7515427
Wahlperiode 19
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Bevölkerungsschutzgesetz
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