16.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 222 / Tagesordnungspunkt 32

Sebastian SteinekeCDU/CSU - Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein Thema besprechen, das fast jeden Einzelnen von uns betrifft. Ich bedanke mich ganz besonders beim Bundeswirtschaftsminister und bei Thomas Bareiß, dass er das besonders gut mit vorbereitet hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wie wichtig das Thema Urlaub ist, verdeutlichen auch die Zahlen, die wir bereits im Jahr 2019 hatten. Die deutschen Reiseunternehmen haben damals circa 71 Millionen Reisen verkauft, ungefähr die Hälfte davon Pauschalreisen, und damit ungefähr 69,5 bis 70 Milliarden Euro umgesetzt. Das zeigt eindrucksvoll – die Ministerin hat es ja auch gesagt –, wie wichtig dieser Zweig für die deutsche Wirtschaft ist.

Nun kam mit voller Wucht die Pandemie dazwischen und hat den Wirtschaftszweig getroffen wie kaum einen anderen in der Bundesrepublik. Doch bereits vor der Pandemie – auch darüber wurde schon gesprochen – haben die Pleiten von Tour Vital und Thomas Cook gezeigt, welche Probleme die unzureichende Haftung bisher mit sich gebracht hat.

(Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir schon lange gesagt!)

Die Kunden haben ihre Gelder nicht zurückbekommen, der Rücktransport war nicht gesichert. Insofern war es übrigens nur folgerichtig, dass insbesondere auch auf den Druck der CDU/CSU die Thomas-Cook-Kunden entschädigt worden sind. Das war eine Selbstverständlichkeit, und mit diesem Entwurf wollen wir vermeiden, dass diese Fehler sich wiederholen, und rechtssichere Neuregelungen im Pauschalreiserecht auf den Weg bringen.

Der Entwurf sieht deswegen auch insgesamt eine Systemumstellung vor, die wir sehr begrüßen: Pauschalreisende sollen künftig über den Reisesicherungsfonds abgesichert werden. Der Fonds wird als GmbH errichtet und finanziert sich überwiegend aus Einzahlungen der abgesicherten Reiseanbieter. Nur Kleinstanbieter – darüber wurde schon gesprochen – sollen weiterhin die Möglichkeit haben, sich über Versicherungen und Banklösungen anderweitig absichern zu können. Das Hauptproblem der Thomas-Cook-Pleite, nämlich die 110‑Millionen-Euro-Begrenzung, wird vollständig entfallen. Die Reisenden können sich zukünftig vollständig darauf verlassen, dass der von ihnen gezahlte Reisepreis auch vollständig zurückgezahlt wird. Damit stellen wir sicher, dass aus Urlaubsträumen kein Albtraum wird, und wir schaffen vor allen Dingen die Voraussetzungen dafür, dass nicht noch einmal der Steuerzahler in Anspruch genommen wird.

Allerdings sehen auch wir bei der konkreten Ausgestaltung noch einigen Gesprächsbedarf; das muss man sagen. Wir müssen darauf achten, dass die kleinen und mittelständischen Reiseveranstalter nicht unverhältnismäßig belastet werden. Deswegen ist definitiv über die Umsatzgrenze zu diskutieren, die bisher bei 3 Millionen Euro liegt. Das kann von unserer Seite nicht so bleiben.

Ein weiterer Punkt ist sicherlich die Frage der Höhe der Entgelte zur Bildung des Fondskapitals. Da wir gerade wegen Corona eine sehr prekäre Situation erleben, scheint der Ansatz beim festgelegten Entgelt mit 1 Prozent doch sehr hoch. Auch darüber müssen wir reden.

Auch beim Thema Sicherheitsleistungen, die in Höhe von 7 Prozent des Vorjahresumsatzes vorgesehen sind, muss man die Coronafolgen mitbedenken und möglicherweise über einen temporären Aufwuchs nachdenken, um für eine Besserstellung zu sorgen.

Und natürlich muss auch die Steuerbefreiung des Fonds sichergestellt werden. Denn es kann ja nicht ernsthaft sein, dass der Staat an dem Fondsvermögen partizipiert.

Der wichtigste Diskussionspunkt – das haben auch der GDV und viele andere schon gesagt – ist aber das Thema „Haftungsübernahme durch den Fonds“. Das Gesetz soll zum 1. Juli in Kraft treten, aber erst nach dem 31. Oktober 2021 soll die Haftungsübernahme greifen. Das ist aus unserer Sicht deutlich zu spät. Warum ist es zu spät? Weil die meisten, gerade die kleineren Unternehmen überhaupt nur einen Versicherungsschutz bis Mitte Juni dieses Jahres haben und danach keinen Schutz mehr haben. Das wäre tatsächlich fatal, weil dann das Thema Pauschalreisen in diesem Jahr wohl gar keine Rolle mehr spielen würde, und das kann doch nun wirklich keiner wollen. Deswegen müssen wir die Reisesaison auch in diesem Punkt retten. Ich glaube, da brauchen wir einen verbindlichen Zeitpunkt, der deutlich früher liegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der kommenden Woche – wir haben es schon gehört und darüber geredet – werden wir die öffentliche Sachverständigenanhörung zu diesem Thema haben – schon am nächsten Mittwoch. Wir müssen sehr zügig vorankommen. Das Datum habe ich gerade genannt. Wir wären auch früher bereit gewesen. Wir haben unsere Vorschläge Ende 2019 auf den Tisch gelegt. Leider hat es etwas länger gedauert. Deswegen müssen wir jetzt Tempo aufnehmen, um das Ganze gut zum Abschluss zu bringen. Aber ich bin mir relativ sicher, dass wir bei den Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen, schnell zu weiteren Lösungen kommen.

Ich freue mich auf die Debatten in den nächsten Wochen und darauf, dass wir zu einem guten Abschluss für die Verbraucherinnen und Verbraucher kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Steineke. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Roman Müller-Böhm, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7515506
Wahlperiode 19
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds
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