Tobias PeterkaAfD - Strafrecht – kriminelle Handelsplattformen
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Im Koalitionsvertrag von 2018 zwischen Union und SPD findet sich der Satz: Bei bestehenden Strafbarkeitslücken werden wir eine Strafbarkeit für das Betreiben krimineller Infrastrukturen einführen. – Das nenne ich mal einen Paukenschlag. Es sollte eigentlich ganz selbstverständlich sein und ist kein Grund zur Selbstbeweihräucherung, dass verantwortungsvolle Regierungen jedes kriminelle Handeln einer Strafbarkeit zuführen.
Aber selbst diesem billigen und langatmigen Schaufenstereffekt werden Sie hier nicht einmal richtig gerecht; denn: Wo ist genau die Strafbarkeitslücke? Es drängt sich einfach auf, dass mit dem neuen § 127 StGB vor allem Ermittlungsmaßnahmen wie Onlinedurchsuchungen, Telekommunikations- oder Verkehrsdatenerfassung ausgeweitet werden sollen. Das kann man dann bitte auch gleich so nennen, und den Gesetzentwurf von der Strafprozessordnung her aufbauen. Dass unsere Gesetzgebung vielen digitalen Entwicklungen heillos hinterherläuft, habe ich selber bereits mehrfach betont. Man kann ja durchaus den Standpunkt vertreten, dass gewisse Ermittlungsbefugnisse auf den Prüfstand gehören, aber dann bitte auch für entsprechend geschultes Personal bei den Ermittlungsbehörden sorgen. Da liegt nämlich das eigentliche Problem.
(Beifall bei der AfD – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Es ist auch ein Rechtsproblem!)
Der jetzige Gesetzentwurf zur Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen und Serverinfrastruktur zielt entgegen früheren Initiativen neben dem riesigen Darknet auch auf das relativ überschaubare World Wide Web ab, das Otto Normalverbraucher so kennt. Damit soll wohl dem Vorwurf begegnet werden, der Beihilfevorsatz, der ja durch § 127 hinfällig werden soll, sei doch praktikabel und an sich auch feststellbar, nämlich durch Darknetforen mit den Namen wie „Cocaine Market“ oder „Fraudsters“, also Betrüger, und sonstige Offensichtlichkeiten.
Gleichzeitig wird aber keine Plattform und kein Server im offenen Internet lange Waffen, Kinderpornos oder Drogen anbieten können, ohne durch technisch versierte Behörden schnell erwischt werden zu können, zumindest bei effektiver internationaler Zusammenarbeit. Geht es also eigentlich doch nur um die Zugriffsrechte der Ermittlungsbehörden? Dann – noch mal – bitte auch das Kind beim Namen nennen.
(Beifall bei der AfD)
Der neue § 127 StGB erfordert jetzt also keinen direkten Vorsatz, nur einen anderen tatenfördernden Zweck der eigenen Plattform oder des eigenen Servers. Kann man so machen, geht aber am Problem, wie gesagt, vorbei. Darknet-Akteure sind mit neuester Verschlüsselungstechnik und mehrfach anonymisiert unterwegs. Auch wenn ich nach einem zusätzlichen deutschen Straftatbestand strafbar bin, muss ich erst einmal von steinzeitlich ausgerüsteten Behörden dingfest gemacht werden, und zwar ich selbst, nicht einer meiner Tarnrechner, den ich als Zombie unter dem Schreibtisch einer Rentnerin irgendwo im Ausland betreibe.
Die Tatbestandsqualifikationen an sich, nämlich gewerblich und bandenmäßig, zeugen von schablonenhafter Ahnungslosigkeit; denn aus Liebhaberei ist kaum jemand im Darknet derart unterwegs, und eine lohnende Serverstruktur betreiben in der Regel auch mehrere Personen. Daher wäre der Aufbau des zentralen Paragrafen als gewerblicher Grundtatbestand mit einem minderschweren Fall, also quasi aus dem Jugendzimmer heraus, viel sinnvoller.
Das alles ist dann im Ausschuss zu beleuchten, genauso wie viele Stimmen in der Wissenschaft, die nämlich kaum ein gutes Haar an dieser Form des Gesetzentwurfs lassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Danke, Kollege Peterka – Als nächsten Redner hören wir Axel Müller, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7515526 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 222 |
Tagesordnungspunkt | Strafrecht – kriminelle Handelsplattformen |