16.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 222 / Tagesordnungspunkt 34

Karl-Heinz BrunnerSPD - Strafrecht – kriminelle Handelsplattformen

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Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Bayram, Ihr letzter Wunsch wird wahrscheinlich nicht eintreten. Ich möchte das entsprechend ausführen.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht der letzte Wunsch!)

– Nein, nicht der letzte Wunsch, aber zumindest der letzte Wunsch in ihrer Rede. Als das noch heute gültige Strafgesetzbuch in Kraft trat – –

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Brunner, wir sehen uns noch mal wieder nächste Woche!)

– Wir sehen uns immer gerne, aber wir müssen uns nicht unbedingt bei Ihrem Gesetzentwurf wiedersehen.

(Heiterkeit bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als das Strafgesetzbuch im vorvorigen Jahrhundert in Kraft getreten ist, mussten Menschen, die verbotene Dienstleistungen wollten, eine Waffe, einen gefälschten Ausweis oder Falschgeld kaufen wollten, sich immer noch bemühen, in dunklen Abendstunden in dunkle Gassen zu gehen, um dort den Verkäufer aufzusuchen, und vielleicht die Waffe unter dem Mantel abtransportieren.

Heute ist es mit dem Internet viel einfacher. Man geht mit einem Klick hinein und sucht, findet, bahnt an, wickelt das Geschäft ab, und dies in vollständiger Anonymität; nicht nur im Darknet, sondern auch im regulären Net. Dass Menschenhandel, der Handel mit Betäubungsmitteln, mit Waffen, mit Falschgeld, mit gefälschten Ausweisen, mit gestohlenen, echten und gefälschten Kreditkarten und der Handel mit Kinderpornografie im Internet zur Selbstverständlichkeit geworden sind, erschreckt. Und dass wir die Plattformen, auf denen dies umgesetzt wird, als solche bisher noch nicht wirksam in den Griff bekommen haben, kann die geneigte Öffentlichkeit und die Bürgerschaft in diesem Land nicht verstehen. Ich kann den Kollegen Dr. Martens verstehen, wenn er seine Probleme mit dem Gesetz hat. Ich kann Herrn Movassat unterstellen, dass er recht hat: Manches müsste man vielleicht nicht regeln. Aber die Menschen in diesem Land wollen nicht die Zustandsbeschreibung, was nicht geht, sondern sie wollen eine Erklärung dessen, was geht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb bin ich auch dem Kollegen Müller sehr dankbar, der bereits auf die Regelungslücke hingewiesen hat. Denn bisher greift lediglich der Straftatbestand der Beihilfe, das ist der klassische § 27 StGB. Und dieser § 27 StGB für die Plattformbetreiber erfordert – ich gestatte mir, das an diesem Nachmittag zu sagen –, dass der Plattformbetreiber zumindest eine Kenntnis über die wesentlichen Merkmale, wie es so schön heißt, der Haupttat haben muss, um straffällig zu werden. § 127 StGB setzt nunmehr daran an, dass es auf die Kenntnis der wesentlichen Merkmale nicht mehr ankommt, sondern darauf ankommt, dass die Plattform zur Verfügung gestellt wird. Ich glaube, dass die Menschen in dem Land erwarten, dass diese Plattformen nicht tätig werden.

(Beifall bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist richtig, dass wir mit deutschem Strafrecht im Wesentlichen nur Straftaten in Deutschland oder von deutschen Staatsangehörigen erfassen können und entsprechend eingreifen können. Aber nichts zu tun und alles beim jetzigen Stand zu lassen, nur weil wir nur diesen Bereich abdecken können, wäre genau der falsche Weg. Wir müssen den Menschen zeigen, dass unser Weg dort, wo wir etwas tun können, umsetzbar ist und funktioniert.

Ich sage an dieser Stelle: Ich habe, bis der Gesetzentwurf vorlag, Bauchschmerzen gehabt, mich gefragt, ob er gelingt. Und ich sage: Es ist dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gelungen, etwas zu finden, das zum einen die Regelungslücke als solche größtmöglich zu beseitigen versucht, aber das aufrecht zu erhalten, was das World Wide Web, was das Internet ausmacht, nämlich Plattformen von neutralen Dienstleistern für gesellschaftlich wünschenswerte Zwecke zu ermöglichen. Es wurde von Journalistinnen und Journalisten in Ländern, die autokratische Systeme haben, angesprochen und gebeten, ihre Dienste weiterhin zu ermöglichen.

Deshalb freue ich mich auf die Beratungen, hoffe, dass wir am Ende ein gutes Gesetz haben und die Auswüchse des Darknet und die Auswüchse des World Wide Web als solches in den Griff bekommen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche ein schönes Wochenende. Tschüs dann!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Brunner. – Als letzten Redner in der Debatte hören wir von der CDU/CSU-Fraktion Dr. Volker Ullrich.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7515531
Wahlperiode 19
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Strafrecht – kriminelle Handelsplattformen
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