Thomas SeitzAfD - Vereinbarte Debatte - Suizidhilfe
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Allen Mandatsträgern ist klar, wie ernst das Thema ist, weil es die wohl extremste menschliche Situation überhaupt berührt. Uns allen muss klar sein, dass es keine gesetzliche Regelung geben wird, die allen Weltanschauungen und Lebensentwürfen gleichermaßen entspricht. Aber wir haben eine gemeinsame Diskussionsgrundlage, und die hat sogar bereits Gesetzeskraft. Das Bundesverfassungsgericht nämlich hat festgestellt: Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben erstreckt sich auch auf die Entscheidung des Einzelnen, sein Leben eigenhändig zu beenden. Hieran müssen wir anknüpfen.
Wir reden nicht über Sterbehilfe. Es geht nicht um Tötung auf Verlangen und schon gar nicht um Euthanasie, auch nicht um Behandlungsabbruch. Unser einziges Thema heute ist die Suizidhilfe, also der Wunsch nach Unterstützung bei der Beendigung des eigenen Lebens. Bitte lassen Sie uns das sachlich feststellen, damit wir überhaupt dem schwierigen Thema gerecht werden können, ohne Polemik.
Es geht um die Selbstbestimmung des Menschen am Ende seines Lebens. Natürlich gibt es da auch die Gefahr des Missbrauchs; deshalb muss ja die Selbstbestimmung gerade geregelt werden. Aber ich erinnere an einen Grundsatz: Abusus non tollit usum. – Der Missbrauch hebt den – ich ergänze: rechtmäßigen – Gebrauch nicht auf. So schafft man eben nicht einfach das Erbrecht ab, nur weil es Menschen gibt, die vielleicht ihren Erbonkel umbringen wollen. Also: Eine gesetzliche Regelung ist notwendig, Tabuisierung hilft keinem.
Zum verfassungsmäßigen Recht auf selbstbestimmtes Sterben gehört auch der Wunsch nach einem selbstbestimmten Todeszeitpunkt. Auch das ist zu respektieren. Ein Rechtsstaat schreibt seinen Bürgern nicht vor, wie das Lebensende auszusehen hat. Denn individueller und persönlicher kann keine Entscheidung sein.
Ein anderer Gesichtspunkt. Es heißt zu Recht: Voluntas aegroti suprema lex – der Wille des Kranken ist das höchste Gesetz. Das weiß jeder verantwortungsbewusste Arzt und keiner macht es sich einfach mit seiner Entscheidung. Der Mensch, der freiwillig aus dem Leben gehen will, hat auch ein Recht auf Respekt. Ein System, das hier die Hilfe verweigert und den hilfswilligen Mediziner bestraft, führt auch dazu, dass es Menschen gibt, die sich vor Züge werfen oder in den Autoverkehr hineinrasen. Das ist schrecklich, und das kann nicht im Interesse einer humanen Gesellschaft sein.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Kein Arzt macht es sich leicht mit dem Tod. Verantwortungsvollen Ärzten sollte es deshalb erlaubt sein, unter festgelegten Bedingungen als Helfer in der Not zu wirken, auch beim Lebensende. Die Bedingungen müssen allerdings sicherstellen, dass der Sterbewunsch ernsthaft ist und auf einer freien Willensentscheidung beruht. Er darf weder abschreckend noch verhindernd, aber auch nicht einladend wirken.
Ich möchte mit einer persönlichen Erinnerung schließen. Aus der Verhandlung beim Bundesverfassungsgericht ist mir besonders eine Schilderung im Gedächtnis geblieben: Die sichere Gewissheit, dass er mit assistiertem Suizid jederzeit seinen Sterbewunsch würde umsetzen können, hat einem Betroffenen die Kraft gegeben, seine Krankheit weit länger zu ertragen als ursprünglich für ihn vorstellbar. – Selbst wenn final viele davon keinen Gebrauch machen: Für viele Menschen wird das Wissen um die reine Möglichkeit schon ausreichen, um Schmerz und Angst zu verringern und zu ertragen. Das scheint mir human zu sein.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Seitz. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Griese aus der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516535 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 223 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte - Suizidhilfe |