21.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 223 / Tagesordnungspunkt 4

Pascal KoberFDP - Vereinbarte Debatte - Suizidhilfe

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine knapp bemessene Redezeit in dieser Debatte den Angehörigen von Suizidenten widmen. Der Suizid eines Menschen bleibt – das darf ich Ihnen als Seelsorger sagen; das wissen Sie auch alle – nicht folgenlos für das Leben und auch für die Freiheit der nahen Angehörigen.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen betont, seinen ganz persönlichen Wunsch, sterben zu wollen, erfüllen zu können. Dem müssen wir Rechnung tragen. Es hat die Sorge betont, dass gesellschaftliche Werte sich verändern können. Dem wollen wir auch Rechnung tragen. Was aber außerhalb des Blickfeldes geblieben ist, ist die Frage, welche Folgen sich für Angehörige ergeben könnten, übrigens auch für Angehörige, die den Suizidwunsch des Betroffenen unterstützen.

Der wissenschaftliche Fachdiskurs geht im Schnitt von sechs Personen aus, die von einem Suizid betroffen sind, für deren Leben der Freitod ihres Nächsten einen tiefen Einschnitt in ihr Leben bedeutet. Es geht um Menschen, die ihren Partner verlieren. Es geht um Eltern, die ihre Kinder verlieren. Es geht um Kinder, die ihre Eltern verlieren. Es geht um Geschwister, die ihre Geschwister verlieren. Was wäre unser Wunsch, wenn es um unseren Partner ginge, als der, dass der Sterbewunsch so sorgfältig wie nur möglich geprüft würde und dass Missbrauch so sorgfältig wie nur möglich verhindert wird?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was bedeutet es eigentlich, einen Menschen mehrere Wochen zu begleiten, der einen Sterbewunsch in seinem Herzen trägt, vielleicht sogar schon das Rezept für das Medikament in seiner Tasche? Gibt es Beratungsangebote, Unterstützungsangebote für die Angehörigen? Lassen wir sie mit ihren Fragen, ihren Sorgen, Ängsten, eventuell Schuldgefühlen und Traumata allein? Erschöpft sich gesetzgeberische Verantwortung in der Respektierung der Freiheit des Sterbewilligen, oder haben wir als Gesetzgeber nicht auch eine Verpflichtung zur Sorge für alle beteiligten Betroffenen, also auch gegenüber den Angehörigen?

(Beifall des Abg. Benjamin Strasser [FDP])

Zumindest müssen wir den Angehörigen die Versicherung, das Versprechen geben können, dass der Ernsthaftigkeit des Sterbewunsches ein besonders sorgfältiges Augenmerk geschenkt wird, dass versucht wird, Missbrauch besonders sorgfältig zu verhindern, dass aber auch Beratung den Zugang zu den individuell benötigten Hilfsangeboten niederschwellig und auch erreichbar eröffnet, um vielleicht einen anderen Ausweg zu finden als den Freitod.

(Beifall des Abg. Benjamin Strasser [FDP])

Wir brauchen Beratungs- und Hilfsangebote für den Sterbewilligen, aber auch für sein Umfeld, seine Angehörigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kober. – Nächster Redner in dieser Debatte ist der Kollege Friedrich Straetmanns aus der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516537
Wahlperiode 19
Sitzung 223
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte - Suizidhilfe
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