21.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 223 / Tagesordnungspunkt 5

Bernhard DaldrupSPD - Grunderwerbsteuer

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes, das ist ein ziemlich unspektakulärer Titel, aber durchaus ein brisantes Thema. Es geht um Grundstücksgeschäfte via Share Deals. Es gibt nämlich eine ziemlich große Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft: Während Käuferinnen und Käufer kleiner Einfamilienhäuser Grunderwerbsteuer von bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises zahlen müssen, entziehen sich finanzstarke Konzerne auf dem Immobilienmarkt selbst beim Erwerb ganzer Straßenblöcke vollständig der Besteuerung.

Der Trick geht im Grunde genommen so: Anders als bei Privatleuten werden eben nicht das Grundstück oder die Immobilie selbst verkauft, sondern Anteile an einer Gesellschaft, die das Grundstück oder die Immobilie hält. Solange innerhalb von fünf Jahren weniger als 95 Prozent der Anteile auf neue Anteilseigner übergehen, wird keine Grunderwerbsteuer fällig; der Fiskus geht leer aus. Es gibt gewaltige Steuermindereinnahmen für die Bundesländer.

Das ändern wir jetzt mit diesem Gesetz. Wir haben es im Koalitionsvertrag vereinbart, und auf der Zielgeraden liefern wir, zugegebenermaßen nicht so umfangreich, wie wir Sozialdemokraten es wollten – dazu war unser Koalitionspartner nicht bereit –; aber am Ende haben wir einen Kompromiss geschlossen.

(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Künftig wird die Steuer bereits fällig, wenn mindestens 90 Prozent der Anteile einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft innerhalb von zehn Jahren die Eigentümer wechseln. Außerdem werden künftig auch Änderungen der Beteiligungsverhältnisse an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften erfasst. Wie bei Personengesellschaften gelten künftig eine Beteiligungsgrenze von 90 Prozent und eine Zehnjahresfrist.

Wir haben dafür gesorgt, dass der Verkauf von Anleihen an Kapitalgesellschaften über die Börse grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer auslöst. Das ist unseres Erachtens auch sachgerecht; denn beim Börsenhandel geht es nicht vorrangig um die Einsparung von Grunderwerbsteuer, sondern um die Stärkung der Ertragskraft von Kapitalgesellschaften; deshalb ist das so geregelt.

Ich weiß, die Opposition hält diese Börsenklausel für unzureichend, einerseits weil deswegen Share Deals nicht hinreichend erfasst werden, andererseits weil sie unter Umständen zu weit geht. Verbände und Unternehmen fordern noch kurz vor der Verabschiedung Änderungen, weil – ich zitiere – „der Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag nun doch sehr plötzlich und sehr schnell“ beraten wird, wie mir gestern noch um 19.30 Uhr von interessierten Verbänden geschrieben worden ist.

Share Deals haben eigentlich schon die letzte Große Koalition beschäftigt. Der damalige Bundesfinanzminister hat nicht geliefert. Erst Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, auf den sich zuvor die Länder verständigt haben. Er ist ein richtiger Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit.

Nun stellt sich immer die Frage: Gibt es Alternativen? Gibt es bessere Lösungsvorschläge? Ja, es gibt immer Alternativen. Allerdings sind die Oppositionsanträge, die einen Systemwechsel fordern, nicht nur von uns, sondern auch von der Länderarbeitsgruppe diskutiert und verworfen worden – wohlgemerkt auch von den Ländern, in denen diejenigen, die hier in der Opposition sind, mitregieren. Es gab weder aus Baden-Württemberg noch aus Nordrhein-Westfalen irgendwelche eigenen Initiativen.

(Cansel Kiziltepe [SPD: Genau!)

Wir Sozialdemokraten wollen die Steuervermeidung mittels Share Deals beenden. Die weitere Absenkung der Beteiligungsschwelle auf 75 Prozent wäre eine leicht realisierbare, verfassungsrechtlich stabile Option – gutachterlich belegt und verfassungsrechtlich sauber. So wollten wir es.

(Beifall bei der SPD)

Julia Klöckner hat das verstanden und hat es auch unterstützt. Was sie aber falsch eingeschätzt hat, war die fehlende Unterstützung. Die hatte sie fälschlicherweise bei Olaf Scholz vermutet; aber der wäre durchaus ihrer Auffassung gewesen. Das war nur leider mit ihrer eigenen Fraktion nicht zu machen. Schade eigentlich.

(Ulli Nissen [SPD]: Ja, schade!)

Für uns ist dieses Gesetz dennoch eine wichtige Etappe. Wir stimmen dem Gesetzentwurf deshalb auch zu. Aber ich vermute, das Thema wird uns weiter beschäftigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die AfD-Fraktion ist der nächste Redner der Abgeordnete Udo Hemmelgarn.

(Beifall bei der AfD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516558
Wahlperiode 19
Sitzung 223
Tagesordnungspunkt Grunderwerbsteuer
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