Markus HerbrandFDP - Grunderwerbsteuer
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut – wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass diese Volksweisheit wahrlich nicht immer stimmt, dann liegt er hier mit diesem Gesetzentwurf vor. Es ist fast schon abenteuerlich fantasielos, was uns hier nach so langer Beratungszeit vorgelegt wird.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will noch einmal daran erinnern: Ziel der Aufgabenstellung war, Steuerumgehung bei sogenannten Share Deals zu bekämpfen, nicht etwa Anteilserwerbe oder ‑verkäufe an sich zu erschweren. Seit Jahren häufen sich – und das ist auch bei uns völlig unbestritten – leider solche Fälle von Übertragungen, die den Share Deal vor allem nutzen, um eine Regelung im Grunderwerbsteuergesetz auszunutzen, die viele Jahre zuvor überhaupt kein Problem darstellte. Seitdem aber die Bundesländer ihre Freiheit nutzen und bei den Steuersätzen – ich will mal sagen – wahre Steuererhöhungsorgien in Gang gesetzt haben, spielt die Grunderwerbsteuer bei der Übertragung von Grundvermögen eine leider immer größer werdende Rolle – und deshalb auch der Versuch der Vermeidung der Grunderwerbsteuer.
In der Problemanalyse, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir uns da, glaube ich, weitgehend einig. Es ist niemandem zu vermitteln, dass bei dem Erwerb eines Einfamilienhauses bei einer Familie bis zu 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer anfällt, während eine Gesellschaft, die nahezu ausschließlich Immobilienvermögen überträgt, keine Grunderwerbsteuer zahlen muss. Und jetzt dieses Gesetz, das die Beteiligungsquote ein bisschen anpasst und auch die Haltedauer ein wenig anpasst!
(Bernhard Daldrup [SPD]: Verdoppelt, nicht anpasst!)
Sind Sie ernsthaft der Auffassung, dass dieser Gesetzentwurf ein sachgerechter Lösungsansatz ist? Ich habe Ihren Wortbeiträgen von gerade entnommen: Nein, Sie sind es selber nicht.
(Beifall bei der FDP)
Heute Morgen im Finanzausschuss hat der Kollege Güntzler – er ist, glaube ich, gar nicht da – mit Stolz darüber berichtet, mit welcher Akribie und Detailverliebtheit die Koalition Steuergesetze macht. Dieses Gesetz jedenfalls kann er dabei nicht gemeint haben; denn das geht tatsächlich in die Hose.
(Beifall bei der FDP)
Wir machen Ihnen deshalb einen Lösungsvorschlag, der etwas mehr in die Tiefe geht. Dieser Vorschlag sieht unter anderem eine zweifache 50-Prozent-Prüfung vor: Grundsätzlich sollte die Steuerpflicht beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen nur entstehen, wenn eine Gesellschaft erworben wird, deren Vermögen zu mindestens 50 Prozent auch aus dem Eigentum an Grundstücken besteht. Und zweitens sollte Grunderwerbsteuer dann anfallen, sobald der Erwerber mindestens eine Beteiligung von 50 Prozent plus 1 Gesellschaftsanteil erwirbt, damit eine gewisse Beherrscherstellung auch tatsächlich geändert wird. Schließlich, und das ist sehr wichtig, darf dann die Grunderwerbsteuer nur anteilig in der Höhe erhoben werden, wie der Käufer Anteile an der Firma erwirbt, der die Immobilie gehört. Spätere Aufstockungen müssen dann natürlich berücksichtigt werden.
(Beifall bei der FDP)
Das von Ihnen vorgelegte Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir deshalb leider ablehnen.
(Olav Gutting [CDU/CSU]: Och!)
Denn das wichtigste Ziel dieser Neuregelung, nämlich die Bekämpfung des Gestaltungsmissbrauchs im Zusammenhang mit Share Deals, wird hier nicht erreicht. Es ist ein typischer Kompromiss, in dem Falle einer, –
Herr Kollege, die Redezeit ist zu Ende.
– bei dem am Ende niemand zufrieden ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Für die Fraktion Die Linke hat das Wort der Abgeordnete Jörg Cezanne.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516561 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 223 |
Tagesordnungspunkt | Grunderwerbsteuer |