Sebastian BrehmCDU/CSU - Grunderwerbsteuer
Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kühn, hören Sie genau hin, weil Sie vorhin den Koalitionsvertrag falsch zitiert haben. Hier steht geschrieben:
Nach Abschluss der Prüfarbeiten durch Bund und Länder werden wir eine effektive und rechtssichere gesetzliche Regelung umsetzen, um missbräuchliche Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer mittels Share Deals zu beenden.
(Markus Herbrand [FDP]: Da hat er doch recht!)
Die gewonnenen Mehreinnahmen können von den Ländern zur Senkung der Steuersätze verwendet werden.
Aktuell ist es so, dass die Grunderwerbsteuer je nach Bundesland unterschiedlich hoch ist. In Bayern sind es 3,5 Prozent, in Sachsen 3,5 Prozent; aber der Höchstsatz liegt in vielen anderen Ländern bei 6,5 Prozent, übrigens auch in Thüringen, wo die Linken regieren,
(Bernhard Daldrup [SPD]: Und in Nordrhein-Westfalen, wo die CDU regiert!)
und auch in Baden-Württemberg haben die Grünen damals als erste Amtshandlung die Grunderwerbsteuer auf 5 Prozent erhöht.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So bleibt es auch!)
Mit diesem Gesetz ist es jetzt wirklich auch an der Zeit für die Bundesländer, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese hohen Steuersätze zu senken, weil die hohen Steuersätze wiederum auch dafür verantwortlich sind, dass man eben Umgehungen zu erreichen versucht. Und dafür wollen wir uns einsetzen, dass die Länder dies tun.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, es ist dringend notwendig. Ansonsten müssten wir aus meiner Sicht als Bundesgesetzgeber einen einheitlichen Steuersatz wieder bei 3,5 Prozent ansetzen.
Um was geht es? Damit auch da kein falscher Eindruck entsteht: Wenn man ein Grundstück kauft, also zum Beispiel ein Einfamilienhaus, ist bei dem Kauf aus dem Kaufpreis Grunderwerbsteuer fällig. Kauft eine GmbH & Co. KG, also eine Personengesellschaft, ein Grundstück, ist selbstverständlich auch Grunderwerbsteuer fällig und wird bezahlt. Aber werden nun die Anteile von dieser GmbH & Co. KG an einen anderen Erwerber verkauft, war es bislang so: Wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 95 Prozent der Anteile verkauft worden sind, kam noch mal Grunderwerbsteuer hinzu – deswegen „noch mal“, weil beim Grundstückskauf, beim ursprünglichen Geschäft, selbstverständlich auch die Grunderwerbsteuer angefallen ist.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Für jeden privaten auch!)
Deshalb, wegen dieser Lücke, gab es bislang Möglichkeiten, ohne dass Grunderwerbsteuer fällig wurde, Anteile an Gesellschaften zu verkaufen, die Grundstücke halten, und diese Lücke wollen wir ein Stück weit schließen. Aber da von „Missbrauch“ zu sprechen, ist falsch; denn die gesetzlichen Regelungen haben dies bisher abgedeckt. Aber wir wollen es politisch ändern, und deswegen machen wir dieses Gesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dem Entwurf, der ursprünglich vorlag, konnten wir 2019 nicht zustimmen. Deswegen haben wir hart und lange gerungen und konnten auch einige wichtige Änderungen erreichen. Es ist ein Kompromiss zwischen den Koalitionsfraktionen. Die Änderungen waren aus unserer Sicht aber notwendig, um überhaupt eine Zustimmung zu ermöglichen. Was haben wir in den Verhandlungen erreicht?
Erster Punkt. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war eine Rückwirkung enthalten. Wir haben gesagt: Es kann nicht sein, dass ein Steuergesetz mit Rückwirkung in Kraft tritt, sondern es kann erst nach dem Tag in Kraft treten, an dem es verabschiedet wurde – eine richtige Maßgabe, die wir aushandeln konnten.
Zweiter Punkt. Der Kollege Daldrup hat es ja gesagt: Die SPD wollte schon bei einem Verkauf von 75 Prozent der Anteile Grunderwerbsteuer anfallen lassen.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Das wäre besser gewesen!)
Wir haben gesagt – wir haben übrigens auch bei den verfassungsrechtlichen Fragen eine andere Meinung –: Wir machen das bei 90 Prozent mit. – Wir haben 90 Prozent durchgesetzt, bei einer Frist von zehn Jahren. Und wir haben die Regelung in richtiger Weise auf die Kapitalgesellschaften ausgedehnt.
Aber es gibt eben bei den Kapitalgesellschaften auch zwei wesentliche Ausnahmen, und die sind sehr notwendig und wichtig:
Erstens. In einem Konzern werden natürlich auch durch Umstrukturierungen – das sind ganz normale, tägliche Geschäfte – Grundstücke von einer Konzerntochter vielleicht an die andere Konzerntochter gegeben. Deswegen haben wir auch mit dem Gesetzentwurf gewartet, bis rechtliche Klarstellungen bei der Konzernklausel erfolgten. Das heißt, dass Grundstücksgeschäfte innerhalb eines Konzerns grunderwerbsteuerfrei bleiben. Das war notwendig; denn sonst hätte es zu einer ungerechtfertigten Belastung in Firmengruppen und Konzernen geführt.
Die zweite wichtige Regelung – die konnten wir reinverhandeln – ist die sogenannte Börsenklausel. Bei Unternehmen, die an der Börse gehandelt werden – und die Anteilseigner drehen sich bei großen Börsengesellschaften mindestens einmal im Jahr –, hätte sonst für jedes Grundstück jedes Jahr erneut Grunderwerbsteuer im gesamten Konzern gezahlt werden müssen. Deswegen war die Börsenklausel wichtig, die wir geregelt haben.
In der Tat – das will ich abschließend sagen – steht in unserem Koalitionsvertrag aber auch, und zwar vor dem Share-Deals-Passus –:
Wir prüfen einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien ohne Rückwirkung beim Länderfinanzausgleich.
(Zuruf des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])
Wir würden uns wünschen, dies noch gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auf den Weg zu bringen. Wir werben dafür, weil es wichtig ist, Eigentum zu schaffen. Manche wollen ja Einfamilienhäuser verbieten; aber wir wollen Eigentum ermöglichen. Deswegen werben wir dafür und hoffen, dass wir das in dieser Wahlperiode noch miteinander durchsetzen können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516565 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 223 |
Tagesordnungspunkt | Grunderwerbsteuer |