Daniela De RidderSPD - Konflikt in der Westsahara
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Marokko gilt als Perle des Orients und als Tor zu Afrika. Marokko ist nicht nur ein wunderschönes Reiseziel, sondern auch zentraler Partner Deutschlands und der EU in der MENA-Region. Dies gilt etwa für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Migration, Forschungskooperationen oder Klimaschutz. Wir honorieren auch die Verfassungsreform von 2011, auch mit Blick auf Menschen- und Frauenrechte.
Wenn es um die marokkanische Besetzung der Westsahara geht, haben wir allerdings auch eine klare Haltung. Westsahara verfügt über wichtige natürliche Ressourcen wie Phosphat und über einen der größten Fischgründe der Welt. Und Marokko ist sichtlich daran interessiert. Marokkos territoriale Ansprüche auf Westsahara halten wir allerdings weiterhin für völkerrechtlich höchst problematisch. Das macht auch die Mission MINURSO deutlich.
Dieser Konflikt reicht weit zurück. Der 1991 geschlossene Waffenstillstand hatte weitreichend positive Folgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das ist auch gut so. Die Frente Polisario hält sich an den Waffenstillstand; sie hat seit Langem dort den bewaffneten Kampf eingestellt. Mit der Resolution 619 betonte der UN-Sicherheitsrat das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis. Seit Langem aber befürchten diese, und dies keineswegs zu Unrecht, dass der Westsahara-Konflikt so deutlich vernachlässigt wird, dass niemand mehr davon Notiz nimmt und er ein eingefrorener Konflikt bleibt. Das allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre fatal. Frustration und Enttäuschung, gerade bei der jungen Generation, bergen nämlich die Gefahr einer Radikalisierung, und das gilt ganz besonders für die Situation in den Lagern. Ich nenne hier nur exemplarisch Rabouni und Tindouf; es wären aber auch noch andere zu nennen.
Die marokkanische Regierung bietet Westsahara Autonomie, aber eben keine Unabhängigkeit. Und das ist kein kleiner, sondern ein ganz bedeutsamer Unterschied. In dieser Situation wirkt ein Ereignis wie ein Schuss vor den Bug: Im Dezember 2020 nämlich hat Donald Trump die marokkanische Souveränität über Westsahara anerkannt. Als Gegenleistung normalisierte Marokko seine Beziehungen zu Israel. Dieses Vorgehen hat in der Tat dann auch Erwartungen Marokkos an Deutschland und an andere europäische Partner geweckt. Die so verursachte diplomatische Krise in den Beziehungen zwischen unserem Land und Marokko zeigt, zu welchen Konsequenzen solche Alleingänge führen können. Auch das ist problematisch, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir hoffen, dass die Biden-Administration hier mehr Sensibilität und mehr Verständnis für die Situation in der Region zeigt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es ist wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Waffenstillstand eingehalten wird und das Völkerrecht unverletzt bleibt. Wir wiederum wollen den Dialog sowohl zu Marokko als auch zu Westsahara weiter aufrechterhalten, dies im Übrigen auch im Gespräch mit unseren spanischen und unseren französischen Kolleginnen und Kollegen, der Afrikanischen Union, aber auch mit Algerien, die in diesem Konflikt keineswegs eine unproblematische Rolle spielen. Mit Blick auf Westsahara müssen wir allerdings auch unseren Gesprächspartnern in Marokko sagen: We agree to disagree.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Kollegin De Ridder. – Das Wort geht an Professor Dr. Lothar Maier von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516594 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 223 |
Tagesordnungspunkt | Konflikt in der Westsahara |