Nadine SchönCDU/CSU - Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schade, dass dieses Gesetzesvorhaben in der Öffentlichkeit bisher nicht mehr Aufmerksamkeit erfahren hat. Denn mit dieser Reform heute verändern wir das Leben von vielen, vielen Kindern und Jugendlichen in unserem Land. Deshalb war es auch so wichtig, dass wir uns ganz intensiv mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt haben. In meiner letzten Rede hatte ich mich bereits beim Ministerium bedankt, das den von uns eingeforderten ausführlichen Prozess wirklich gut umgesetzt hat. Aber auch wir im Parlament haben uns wochenlang in vielen Gesprächen, Anhörungen, Berichterstattergesprächen und natürlich auch in Gesprächen vor Ort intensiv mit der nicht ganz unkomplexen Materie auseinandergesetzt. Ich finde, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.
Deshalb zwei Worte an die Vorredner. Kollege Müller, wenn der ASD in Berlin schlecht ausgestattet ist,
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Das ist in allen Ländern so!)
dann liegt die Verantwortung in Berlin und nicht bei uns im Bundestag.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Deshalb empfehle ich, dass Sie sich bei Ihren Kollegen in Berlin dafür einsetzen, dass auch dort der ASD besser ausgestattet wird. Sie sagen jetzt, das sei in allen Ländern so.
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Ja!)
Dazu sage ich Ihnen: In Berlin ist es besonders schlecht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mir gehen an diesem Morgen viele Bilder durch den Kopf, viele Begegnungen der letzten Jahre, wo ich immer wieder festgestellt habe: Da haben wir Probleme im System der Jugendhilfe, da passt was nicht zusammen, da gibt es Schnittschnellen, die besser aufeinander abgestimmt sein müssten. Ich bin wirklich stolz, dass wir heute mit diesem Gesetz viele dieser Probleme lösen.
Es gibt zum Beispiel das Projekt „OASE“ aus meiner Heimat, aus St. Wendel; dies ist ein Projekt der Caritas. Dieses Projekt kümmert sich seit Jahren um Kinder psychisch kranker Eltern. Bisher lief das alles ehrenamtlich. Durch Spenden und durch sehr viel Aufwand wurde eine Struktur aufgebaut, mit der man gerade diese Kinder unterstützen konnte. Denn die Eltern sind in psychologischer Behandlung oder auch in ärztlicher Behandlung, aber die Kinder fallen bisher durchs Raster. Sie stellen sich die Fragen: Warum steht der Papa morgens nicht auf? Warum ist die Mama so aggressiv? Wie ist das mit dem Alkohol? Warum sind die manchmal so komisch? Und: Was hat das mit mir zu tun? Bin ich vielleicht schuld?
Diesen Kindern zu helfen, ihnen Gesprächsangebote zu machen, ihnen Gruppenangebote zu machen, wo sie sich austauschen können, auch ein Setting zu haben, wo sich die Ärzte miteinander unterhalten können, ist wichtig. Das gab es bisher nicht; das alles musste ehrenamtlich gestemmt werden. Wir als Unionsfraktion haben uns dafür eingesetzt. Ich will besonders Marcus Weinberg und Paul Lehrieder nennen, die an vorderster Front und zusammen mit den anderen Familienpolitikern diesen Prozess in der letzten Legislaturperiode gestartet haben, auch aufgrund solcher Erfahrungen, wie ich sie bei mir vor Ort gemacht habe. Heute haben wir die Lösung. Heute bieten wir gerade für diese Zielgruppe eine passgenaue Lösung an mit Unterstützung, Beratung, ehrenamtlichen Angeboten und Paten. Das wird gerade für diese Kinder ganz viel ändern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich denke an die vielen Gespräche mit den Pflegeeltern, die, finde ich, eine wahnsinnig tolle Aufgabe erfüllen, nämlich Kindern eine Heimat zu geben. Sie sagen: Wir machen das gerne. Wir machen das mit Herzblut und geben sehr viel Zeit und Liebe für diese Kinder in unseren Familien. Wir haben aber auch Probleme. Wir leben in einem permanenten Zustand der Unsicherheit. Wir haben oft zu wenig Unterstützung durchs Jugendamt. Wir hängen in der Luft, wenn Kinder erwachsen werden; dann gibt es einen harten Bruch, und das wollen wir eigentlich nicht. Wir wollen sie ins Erwachsenenleben begleiten, bis sie wirklich selbstständig sind.
Auch hier setzen wir mit diesem Gesetz an. Wir nehmen die Careleaver in den Blick und ermöglichen Angebote auch über die Volljährigkeit hinaus. Wir schaffen es, dass diese Familien besser unterstützt werden. Und die Kinder werden in Zukunft nicht mehr 75 Prozent ihres Einkommens abgeben müssen, sondern sie werden 75 Prozent behalten können. Einkommen aus Ferienjobs und ehrenamtlicher Arbeit können sie komplett behalten; und das ist auch gut so.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir nehmen die Familien in den Blick, wo die Kinder in Heimen oder in der Pflegefamilie sind, es aber eigentlich eine gute emotionale Bindung der Eltern zu diesen Kindern gibt. Diese sagen oft: Wir werden zu wenig unterstützt. – Künftig können diese Eltern auch Hilfen zur Erziehung bekommen, wenn die Kinder fremduntergebracht sind. Das ist wichtig; denn viele Kinder wollen zurück zu ihren leiblichen Eltern, und viele leibliche Eltern wollen die Kinder wieder zurückholen und suchen nach Unterstützung, nach Hilfe, um ihre Erziehungskompetenz zu stärken. Auch das ermöglichen wir mit diesem Gesetz.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die behinderten Kinder nehmen wir mit der inklusiven Lösung in den Blick. Wir stärken die Beteiligung.
Und – mein Herzensthema – bei sexuellem Missbrauch schaffen wir es, dass künftig der Austausch zwischen den ganzen Fachkräften, zwischen Ärzten und dem Jugendamt besser wird, damit Kinder ganzheitlich in den Blick genommen werden und damit wir Missbrauch und Gewalt vorbeugen können. Auch das ist ein Meilenstein.
Deshalb: Herzlichen Dank für dieses gute Gesetz!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516654 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 224 |
Tagesordnungspunkt | Kinder- und Jugendstärkungsgesetz |