22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Tagesordnungspunkt 12

Tino SorgeCDU/CSU - Digitaler Impfpass

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte heute Morgen die Rede eigentlich ein bisschen versöhnlicher beginnen, Herr Kollege Höferlin. Wir haben vorhin drüber gesprochen. Vielleicht haben Sie den einen oder anderen Kaffee heute Morgen zu viel getrunken und deshalb ein bisschen zu viel Koffein intus.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das ist ganz schön frech!)

Aber: Der Antrag der FDP ist in einzelnen Punkten grundsätzlich gar nicht so schlecht. Also, wenn wir darüber reden, wie wir beispielsweise Geimpften ihre Freiheitsrechte möglichst schnell wieder zurückgeben können,

(Manuel Höferlin [FDP]: Die haben sie nicht verloren!)

wenn wir darüber reden, wie wir auch bei Digitalisierung schneller werden können, bin ich bei Ihnen; das können wir sehr gern diskutieren.

Wenn wir dann aber hier die alte Litanei der FDP hören: „Wir haben es schon immer besser gewusst! Wir wären schneller gewesen! Mit uns wäre es toller gewesen! Wenn wir mitgestaltet hätten, wären wir jetzt schon viel, viel weiter!“,

(Manuel Höferlin [FDP]: Wir haben es dokumentiert! Sie haben vor 80 Wochen nicht auf uns gehört!)

dann – es tut mir leid, Herr Kollege Höferlin – kann ich nur noch gähnen.

Denn – das ist in der Vordebatte schon angeklungen –: Wir führen hier jetzt eine Stunde eine Debatte zum digitalen Impfpass. Ist in Ordnung; kann man machen. Ich diskutiere immer sehr, sehr gern über Digitalisierung. Wenn Sie sich aber hierhinstellen und wieder so tun, als sei beim digitalen Impfpass überhaupt nichts passiert, als sei beim digitalen Impfpass überhaupt noch keine Regelung da,

(Manuel Höferlin [FDP]: Für den Impfnachweis, nicht für den Impfpass!)

dann darf ich Sie nur daran erinnern: Bereits im März haben wir uns europaweit darauf geeinigt, wie dieser Impfpass aussehen soll.

Und weil Sie gerade Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und dem BMG hier wieder mal vorwerfen, es würde nichts passieren: Bereits im März, also nahezu parallel, hat das BMG im Rahmen einer dringlichen Vergabe diesen Impfpass in Auftrag gegeben. Das heißt, das, was Sie hier fordern – Beschleunigung; es solle auf Hochtouren laufen –, ist bereits der Fall. Es läuft auf Hochtouren. Deswegen könnten wir den Antrag da schon für erledigt erklären.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und dafür sollen wir jetzt noch eine Stunde reden!)

Wie gesagt: Wir debattieren eine Stunde. Ich freue mich; wir haben ein bisschen mehr Redezeit. Das gibt mir die Möglichkeit, auf den einen oder anderen Punkt ein bisschen näher einzugehen, und zwar auch auf das Thema „Geimpfte – Nichtgeimpfte“.

Natürlich ist es völlig richtig, dass wir so schnell wie möglich alle unser normales Leben wiederhaben wollen. Natürlich ist es richtig, dass gerade Geimpfte, dass Genesene ihre Grundrechte wieder in vollem Umfang genießen sollen dürfen. Grundrechte sind Freiheitsrechte; da sind wir uns doch völlig einig.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das ist verfassungsrechtlich gar nicht anders möglich, Herr Kollege! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist das Grundrecht in Artikel 2!)

Aber, Herr Kollege Höferlin: Die Frage, wie wir dafür sorgen, dass Geimpfte möglichst schnell ihre Grundrechte wieder in vollem Umfang genießen können, nämlich mit dem digitalen Impfpass und der Klarstellung, dass keine Gefahr von dem Geimpften mehr ausgeht, dass er nicht mehr infektiös ist,

(Manuel Höferlin [FDP]: Das ist ja schon belegt!)

das ist keine rein politische Frage. Wir reden hier über eine wissenschaftliche Frage. Da geht es um Evidenz, und da müssen wir uns gegebenenfalls, auch wenn die Signale wissenschaftlich sehr gut sind, die Zeit nehmen und nicht vorschnell irgendwelche Dinge beschließen, Herr Kollege.

Darüber hinaus – das will ich auch noch sagen –: Wenn Sie in die Corona-Warn-App gucken würden, dann würden Sie feststellen: Es geht ja voran.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das habe ich ja gelobt – jetzt endlich!)

Sicherlich kann man sich jetzt darüber streiten, ob das nicht hätte schneller gehen können, ob man das nicht hätte besser machen können. Aber wir kennen doch alle die Debatten, die wir hier geführt haben, auch in der Öffentlichkeit, bei den Fragen: Was soll die Corona-Warn-App können? Wie wird diese App ausgestaltet – Tracing versus Tracking? Insofern, glaube ich, sind wir da mittlerweile auf einem sehr guten Weg.

Wir haben jetzt die Integration des Kontakttagebuchs sowie die Clustererkennung und das Check-in-Verfahren auf den Weg gebracht. Das sind alles Möglichkeiten, die über einen quelloffenen Code in die Corona-Warn-App integriert werden. Insofern kann ich uns allen nur raten, dies nicht alles schlechtzureden.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das habe ich auch nicht gemacht!)

Denn dann haben wir keine Akzeptanz in der Bevölkerung.

Aber, wo ich beim Thema Schlechtreden bin, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir haben auch noch einen Antrag der AfD. Ich will da jetzt nicht pauschal draufhauen. Ich finde es nur wirklich bemerkenswert, dass, wenn die ganze Welt darüber diskutiert, wie wir diese Pandemie möglichst schnell überwinden können, wenn die ganze Welt, wenn Israel, Schweden, Frankreich, Dänemark, wenn alle sich Gedanken machen, wie man diese Pandemie begleitend mit digitalen Möglichkeiten möglichst schnell überwinden kann, wie man Grundrechten möglichst schnell wieder volle Geltung verschaffen kann, dann Ihnen nichts weiter einfällt, als hier zu sagen: Wir müssen das Projekt digitaler Impfpass und die Corona-Warn-App sofort stoppen. – Also – es tut mir leid –, das ist nicht nur ignorant; ich hätte beinahe gesagt, das ist zutiefst asozial.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist dumm!)

Ich rate Ihnen auch, nicht immer nur an allen Expertisen vorbeizuargumentieren und nicht immer nur dagegen zu sein. Der Sachverständigenrat Gesundheit – Sie sollten mal das letzte Gutachten lesen – hat beim Thema Datennutzung es uns allen in der Politik ins Stammbuch geschrieben. Wie können wir Daten besser vernetzen? Wie können wir Daten besser nutzbar machen, um nicht nur Versorgung zu optimieren, um Forschung zu optimieren, sondern gerade in Pandemiezeiten mit digitalen Möglichkeiten schneller diese Pandemie zu überwinden?

Er hat es ganz konkret gesagt, und das war nicht das, was Sie wollen, nämlich: zurück ins analoge Zeitalter, Zettelwirtschaft. Nein, er hat genau das Gegenteil gesagt, nämlich: bessere Nutzung, bessere Vernetzung und gerade auch eine bessere Datennutzung im Sinne der Patienten. Denn Daten retten Leben, und die retten sie nicht, indem sie analog auf einen Zettel aufgeschrieben werden, sondern indem sie digital genutzt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das gibt mir die Möglichkeit, zum Schluss doch noch etwas versöhnlicher zu werden. Lieber Herr Kollege Höferlin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich glaube, man kann den Antrag zumindest so ein Stück weit in die Abteilung Serviceopposition einsortieren. Also: Wir sind uns im Ziel einig, dass wir auch mit dem digitalen Impfpass möglichst schnell unser Leben wieder normalisieren wollen, dass wir möglichst schnell unseren Grundrechten in allen Bereichen wieder zu voller Geltung verhelfen wollen. Insofern, glaube ich, sind wir uns im Ziel einig. Wir werden uns sicherlich auch über den Weg einigen.

Ich freue mich auf die Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Espendiller, AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516659
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Digitaler Impfpass
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta