22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 224 / Tagesordnungspunkt 12

Andrew UllmannFDP - Digitaler Impfpass

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stehe hier mit einem Redekonzept in der Hand, das ich nach den vorherigen Redebeiträgen über den Haufen werfen kann. Was hier gesagt worden ist, geht auf keine Kuhhaut mehr. Bezogen auf die Rede von Herrn Krauß frage ich mich ernsthaft: Wo waren Sie eigentlich gestern in der Debatte über das Infektionsschutzgesetz?

(Beifall bei der FDP)

Wir haben sechs Änderungsanträge eingebracht. Vielleicht haben Sie sie gar nicht gelesen, sondern nur Ihre Abstimmungskarten in die Urne geschmissen und nicht nachgedacht, über was Sie abgestimmt haben.

(Beifall bei der FDP)

Kollege Tino Sorge, ich schätze Sie sehr,

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Ich Sie auch!)

aber Sie haben in der Debatte die Begriffe „Impfpass“ und „Impfnachweis“ verwechselt. Das sind zweierlei Dinge. Ich hätte erwartet, dass Sie mehr differenzieren können.

(Zuruf der Abg. Sabine Dittmar [SPD])

Eines ist uns allen klar: Im Gesundheitswesen sind wir seit Jahren unterdigitalisiert. Mein Eindruck ist: Die Bundesregierung agiert, als wäre sie auf einem Sonntagsausflug: Wir tuckern mit der Regionalbahn durch die Lande, gucken nach draußen und stellen fest, wie schön alles ist, und wir reden ja miteinander. – Da läuft gar nichts.

(Beifall bei der FDP)

Die Digitalisierung ist eine Herausforderung für die Politik seit 2002 bzw. 2004. Bisher ist nichts passiert, außer Redebeiträge zu halten.

(Zurufe der Abg. Sabine Dittmar [SPD] und Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sogar innerhalb der Europäischen Union sind wir bei der Digitalisierung auf den letzten Plätzen. Dabei geht es nicht darum, Infrastruktur im Gesundheitswesen zu schaffen. Diese muss selbstverständlich bürgerrechtskonform und datenschutzkonform sein. Es geht darum, dass wir Prozesse im Gesundheitswesen digitalisieren. Wir brauchen mehr Zeit für die Patienten. Wir brauchen mehr Zuwendungsmedizin. Wir brauchen auch mehr Sicherheit und Effektivität im Gesundheitswesen. So geht Digitalisierung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Für mich als Infektiologe ist der digitale Impfausweis oder Impfpass etwas Essentielles, ein gutes Beispiel, wie Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangehen kann. Ich weiß nicht, ob Sie alle wissen, wo Ihr Impfausweis ist. Ich habe meinen Impfausweis rausgeholt. Zwölf Jahre alt ist diese Version, völlig zerfleddert. Es passiert immer wieder, dass Impftermine für die Auffrischung gar nicht eingetragen sind. Sogar ich als Fachmann vergesse diese Termine. Da ist natürlich eine digitale Form des Impfausweises mit Erinnerungsfunktion etwas ganz Tolles. Auch Versorgungsforschung kann das einbeziehen. Natürlich muss es EU-einheitlich, idealerweise auch international einheitlich sein. Es ist auch bequem, einen Impfausweis im Computer immer griffbereit zu haben. Das kennen wir alle.

Aber wie sieht es jetzt für die Pandemie aus? Auch da haben wir die Chance, einen digitalen Nachweis einzuführen, dass man gegen SARS-CoV-2 geimpft ist. Auch das ist möglich.

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?

Ja, sie darf.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Wir können es auch gern bilateral machen!)

Herr Ullmann, Danke schön, dass ich fragen darf. – Ich habe Ihnen zugehört. Sie haben sehr breit über den Impfpass – tatsächlich – und die Chancen eines digitalen Impfpasses gesprochen. Aber Ihr gesamter Antrag bezieht sich in sämtlichen Forderungspunkten auf den digitalen Impfnachweis. Schauen Sie sich das einmal sehr genau an und dann sehen Sie, dass genau das verloren gegangen ist.

Wenn wir uns jetzt schon darüber unterhalten: „Wie kommen wir im Gesundheitswesen mit der Digitalisierung voran?“, dann kann ich nur an die Wahlperiode mit FDP-Gesundheitsministern erinnern. Ich kann mich auch noch sehr lebhaft an die Wahlkämpfe erinnern, weil Daniel Bahr in meinem Wahlkreis war.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: War der nicht mal Gesundheitsminister?)

Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Es ist hoch und heilig versprochen worden, dass diese elektronische Patientenakte nicht kommt, und in genau dieser Wahlperiode, in der die FDP maßgeblich beteiligt war, ist in Sachen Digitalisierung nichts passiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist die entscheidende Wahlperiode gewesen, in der der Anschluss in der Digitalisierung verpasst worden ist. Das muss man an dieser Stelle deutlich sagen. Wenn Sie sich hier in Sachen Digitalisierung so aufplustern, sollten Sie sich doch daran erinnern.

Deshalb will ich Sie als Fachmann, gerade auch für Infektionskrankheiten, fragen: Wie können wir diesen Immunitätsausweis sachgerecht immer wieder so auf den aktuellen Stand bringen, dass wir damit auch die Gefahren, die mit der Infektionslage verbunden sind, berücksichtigen?

Herzlichen Dank für diese Frage. – Das zeigt wieder einmal – Frau Klein-Schmeink, nichts für ungut –, dass grüne Politik immer rückwärtsgewandt ist und darauf schaut, was in der Vergangenheit passiert ist.

(Beifall bei der FDP – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, wir Freie Demokraten haben klar gezeigt, dass wir vorwärts gewandt sind und Zukunftsweisendes für die Menschen in unserem Land erreichen wollen. Die Menschen in diesem Land haben auch explizit verdient, dass wir uns hier weiterentwickeln. Es wäre schön, wenn auch die Grünen bei dieser Weiterentwicklung mitmachen würden und nicht immer kritisieren, was damals vor 10, vor 20 oder vor 30 Jahren passiert ist. Es gibt auch bei der grünen Politik genug Beispiele für Dinge, die schiefgelaufen sind und wo heute andere Positionierungen eingenommen werden. Ich denke, diese Art der Diskussion ist wirklich nicht zielführend. Viel wichtiger ist, dass wir in der Politik vorwärtsgewandt sind und immer nach vorne schauen, wie es weitergeht.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich müssen wir sehen, wie wir diese Gefahren meistern können. Da kann die Digitalisierung natürlich viel helfen. Sie wird natürlich nicht bei allem helfen, das ist für uns auch sehr klar. Aber von der SPD und auch von der Union wird immer nur diskutiert und nichts gemacht. Sie diskutieren darüber: Wir haben ja bald eine ePA, vielleicht ab 1. Januar 2022. – Oder die EU diskutiert darüber, was sie mit einem Impfnachweis macht. Aber das sind immer nur Versprechungen. Wie häufig sind wir gerade in dieser Pandemie von Lockdown zu Lockdown vertröstet worden? Ich denke, diese Art der Politik brauchen wir nicht. Ich kann Ihnen nur empfehlen, nach vorne zu schauen und zukunftsgewandt auch hier auf moderne und gute innovative Medizin zu setzen.

So, ich komme zum Schluss meiner Rede.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr gut!)

In dieser Pandemie ist es wichtig, meine Damen und Herren, dass Geschwindigkeit und Gründlichkeit keine Gegensätze sind, sondern machbar. Wir sollten nicht reden, wir sollten machen. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung aus der Regionalbahn aussteigt, umsteigt auf die Schnellstrecke der ICE; denn wir können uns das Vertrödeln der Zeit nicht mehr leisten.

Kommen Sie zum Schluss, bitte.

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen muss Fahrt aufnehmen. Deklarieren Sie bitte nicht in diesem Jahr, dass die PDF-Datei der ePA ein Erfolg ist. Wir müssen endlich unseren Turbo anschmeißen.

Herr Kollege, bitte.

Die Menschen unseres Landes haben es verdient. Ich freue mich auf die weitere Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt im ICE zurück zum Platz!)

Vielen Dank, Herr Kollege Ullmann. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Heike Baehrens, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

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Electoral Period 19
Session 224
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