22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Tagesordnungspunkt 15

Klaus MindrupSPD - Klima- und Entwicklungspolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal kommen einem die Worte in den Sinn, die Albert Einstein gesagt haben soll: Es ist nicht klar, ob das Universum unendlich ist, aber die menschliche Dummheit ist unendlich.

(Zuruf von der AfD: Vor allem bei der SPD!)

Wenn das Thema Erderhitzung hier so dermaßen verharmlost wird, muss man sagen: Dieses Zitat stimmt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Vorsorge ist immer besser als Nachsorge. Für die SPD kann ich das ganz klar sagen: Wir haben keinen Planeten B; wir wissen das. Für uns gilt: Klimaschutz ist nicht alles, aber ohne Klimaschutz ist alles andere nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben das bewiesen. Wir haben das Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht, das Herzstück unserer Klimapolitik.

Ich möchte daran erinnern, dass hier, von diesem Pult, der UN-Generalsekretär Guterres dieses Klimaschutzgesetz als „besonders“ gelobt hat, als vorbildlich für die Welt. Ich habe da die Reaktion der Kolleginnen und Kollegen von den Grünen gesehen: Ihr seid alle so ein bisschen runtergesackt, weil das eine ganz andere Wahrnehmung ist, wenn man von außen draufschaut, als wenn man aus einer grünen Blase kommt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Klimaschutzgesetz – und das muss ich klar sagen – wirkt. Die Ziele werden überprüft. Es kommt nicht darauf an, ob wir in diesem Jahr bei 39 oder 40 Prozent oder sonst wo sind. Der Mechanismus ist das Entscheidende.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Wir sehen das im Augenblick im Bereich des Bausektors, wo der Bundesinnenminister, der auch Bauminister ist, ein Sofortprogramm vorlegen muss. Darauf bin ich gespannt.

(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir als Parlament werden das Ganze kontrollieren.

Vollkommen klar ist – und das steht auch im Klimaschutzgesetz –, dass man wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen muss. Um das 2-Grad- bzw. das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssen wir schneller und besser werden. Das ist doch Konsens! Deswegen hat sich Deutschland auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass man das Ziel „Treibhausgasneutralität“ europaweit verankert und dass wir jetzt scharfe Klimaschutzziele erhalten, die auch in Deutschland deutlich schärfer werden. Klar ist, dass wir dann auch unser Klimaschutzgesetz hinsichtlich der Ziele anschärfen müssen. Da steht nämlich, dass Klimaschutzziele nur verschärft werden können, und nicht andersherum.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da haben wir einen super Mechanismus aufgebaut, aber wer das aus ideologischer Verblendung nicht sehen will – Entschuldigung, da kann ich nicht weiterhelfen.

Deutschland ist in der EU der Impulsgeber, und die EU redet logischerweise mit den USA, weil es ein Wirtschaftsraum ist. Nicht nur Deutschland ist Partner in Paris, sondern auch die EU ist Partner in Paris. Ich finde es wirklich nicht in Ordnung, wie hier im Grunde genommen die Arbeit in unserem eigenen Land schlechtgemacht wird. Das ist wirklich nicht gut, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir können uns ein Scheitern nicht leisten.

(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Jetzt komme ich zu dem, was ich positiv finde. Wir haben einen Konsens dahin gehend gefunden, dass wir im Bereich des Bauens einen ganzheitlichen Ansatz haben müssen, wonach wir nicht nur den Energieverbrauch der Gebäude betrachten, der entsteht, wenn die Gebäude beheizt oder gekühlt werden, sondern auch den ökologischen Rucksack betrachten. Wir hatten, so glaube ich, zudem einen Konsens darüber, dass wir das Konzept „Bauhaus der Erde“, das eine Möglichkeit darin sieht, zukünftig mit biologischen Materialien zu bauen und CO

Jetzt komme ich aber zu meiner Kernkritik an den Anträgen der Grünen, die sich auf den deutschen Energiestandard beziehen. Sie fordern einen Gebäudestandard KfW 55 auch für den Altbau.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Dies zu übersetzen, wäre mehr als das, was im Augenblick im Neubau Standard ist. Für den Prenzlauer Berg bedeutete das: Entweder wir reißen 30 Prozent bis 40 Prozent der Gebäude in Prenzlauer Berg ab, oder wir packen sie in Styropor ein. – Das ist doch nicht wahr, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Und es ist auch nicht notwendig. Das steht im Widerspruch zu dem, was ich vorher gesagt habe. Wenn man den ökologischen Fußabdruck der Gebäude mit berücksichtigt, dann muss man intelligenter vorgehen. Ich bin der Auffassung, Sie trauen der Kraft der erneuerbaren Energien nicht. – Die müssen stärker unterstützt werden!

Wenn ich per Satellitenbild auf die Oderberger Straße schaue, wo ich wohne, sehe ich: Es gibt gerade mal ein Haus mit einer Photovoltaikanlage, und das ist unser Genossenschaftshaus. 50 Prozent Grünenwähler – ein Haus mit einer Solaranlage.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer verhindert das denn?)

Das wollen wir besser machen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer regiert denn seit Jahren?)

Deswegen haben wir das EEG so geändert, und deswegen haben wir jetzt die Gewerbesteuerfragen jetzt so geregelt, dass auch Hauseigentümer Photovoltaik aufs Dach setzen können.

Das Ganze ist eine Frage der Akzeptanz, eine Frage der Beteiligung. Und da muss ich die Grünen fragen: Was ist Ihr Ziel? Orientieren Sie sich an Hans-Josef Fell und Hermann Scheer: Beteiligung EEG? Oder sind Sie auf dem Weg von Rainer Baake: grüner Zentralismus? Das ist die Frage, die sich hier stellt. Das ist aus Sicht der SPD auch die Frage Ihrer Koalitionsfähigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich! Ihr regiert hier! Ihr macht das alles nicht!)

Als ich den Entwurf Ihres Grundsatzprogramms gesehen habe, waren Sie da noch anders unterwegs. Sie haben es Gott sei Dank korrigiert.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr macht das alles doch nicht! Unglaublich!)

Es geht um intelligente Lösungen, es geht um technischen Fortschritt, es geht um soziale Akzeptanz. Da müssen Sie sich auch mal kritische Fragen stellen lassen; denn Klimaschutz wird nur funktionieren, wenn wir die Menschen mitnehmen. Der Minimumfaktor ist nicht die erneuerbare Energie. Der Minimumfaktor ist die Akzeptanz.

Wir wollen die Industrieunternehmen mitnehmen. Wir wollen die Arbeitnehmer mitnehmen. Deswegen muss Klimaschutz sozial sein und wirtschaftlich vernünftig. Ich kann Ihnen nur sagen: Das geht nur mit der SPD.

(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum regiert ihr ja und macht das alles nicht!)

Wir singen schon lange: „Zur Sonne, zur Freiheit“, und das tun wir weiter.

Noch ein kleiner Nachtrag, weil der Kollege sich gerade nicht beruhigt: Wir hatten intern einen harten Kampf, aber die Klimapolitiker haben den in der SPD gewonnen, und wir stehen jetzt geschlossen. Das ist vielleicht der Unterschied zu dem Kampf, den Sie mit den Baakianern noch intern zu führen haben. Ich bitte darum, dass Sie diesen Kampf austragen.

(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das scheint aber nicht gut zu laufen mit der SPD! So eine Rede, wenn es doch so toll ist, hätte ich nicht gehalten! – Zuruf von der FDP: Heiliger Strohsack!)

Vielen Dank. – Das Wort geht an den Kollegen Olaf in der Beek von der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516709
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Klima- und Entwicklungspolitik
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