Johann WadephulCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Wachsende Gefahr einer Eskalation in der Ostukraine
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Rede wird einem deutlich, dass Russland selber gar keine Desinformationskampagne mehr zu initiieren braucht, sie hat ja die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag,
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
um die Sachen wirklich auf den Kopf zu stellen.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist eine Unverschämtheit, Herr Wadephul!)
– Bitte, Herr Gauland?
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir können eine politische Meinung haben, und Sie müssen uns nicht beleidigen! Wir vertreten gute Beziehungen zu Russland! Ja, das haben wir immer gemacht! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ball flach halten!)
– Herr Gauland, Lautstärke ist kein Argument. Ich will Ihnen nur sagen: Ich vertrete auch öffentlich – das haben Sie in der Vergangenheit lesen können – absolut die Linie, die in unserer Großen Koalition breit getragen wird – im Übrigen auch von anderen Fraktionen getragen wird und von der Bundesregierung realisiert wird –, dass wir gute Beziehungen zu Russland wollen. Aber Sie haben auch schon an anderer Stelle den Versuch unternommen, deutsche Geschichte – das erleben wir hier wieder, diesmal die Ukraine betreffend – einfach umzuschreiben, wie es Ihnen passt. Herr Gauland, das lassen wir nicht zu.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Russland hat völkerrechtswidrig, auch mit militärischen Mitteln, mit hybriden Mitteln, mit Mitteln der Desinformation Völkerrecht gebrochen und hat die Souveränität der Ukraine gebrochen. Das ist unverzeihlich.
(Zuruf des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])
Wenn Präsident Putin in den vergangenen Tagen gesagt hat, er würde rote Linien setzen, dann kann ich nur sagen: Rote Linien setzen die internationale Gemeinschaft und das internationale Recht und nicht ein autoritär regierender Präsident.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das machen wir gemeinsam. Und Sie sind gut beraten, sich daran zu beteiligen und das zu unterstützen. Es war Russland selbst, das noch als UdSSR diese Nachkriegsordnung, die Ordnung des Friedens und der Rechtssicherheit, des Interessenausgleiches mit konstruiert hat. Die OSZE, von der der Staatsminister gerade vollkommen zu Recht gesprochen hat, ist in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden aus einer Politik der Verständigung, die auch Sozialdemokraten in Regierungsverantwortung hier in Deutschland mit begonnen haben. Das war doch gut. Es wurde auch auf russischer, früher sowjetischer, Seite geschätzt, dass wir eine neue Rechtsordnung geschaffen haben und dass es dann nach dem Zerfall der Sowjetunion für die Ukraine Rechtssicherheit zu geben schien, indem niedergelegt wurde, die Ukraine verzichtet.
(Zuruf des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])
Es war doch ein zivilisatorischer Sprung nach vorne, dass ein Staat auf Atomwaffen verzichtet und dafür Sicherheit und Souveränität garantiert bekommt. Dieses zu brechen, ist ein so dermaßen großer katastrophaler Fehler in Europa. Das darf man nicht hinnehmen. Das müssen wir verteidigen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. An der Stelle dürfen wir wirklich nicht wackeln und nicht weichen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nein, wenn Präsident Putin sagt, der Westen ritte auf Russland herum, dann ist das falsch. Der Staatsminister hat die Beispiele genannt. Russland bricht immer wieder individuell – bei Nawalny, bei Skripal – Recht, internationales Recht. Den Tiergarten-Mord müsste man noch ansprechen. Russland hat Krankenhäuser und Zivilisten in Syrien bombardiert und unterhält Söldnertruppen in Libyen. Russland bricht internationales Recht, und Sie treten da sogar noch auf. Es sind Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion, die bei dem Machthaber Assad noch auftreten. Als es um die Friedenspartei ging, war es Ihnen wahrscheinlich schon unangenehm. Es sind Vertreter der Linkspartei, die nichts Besseres zu tun haben, als über Russland auf die Krim zu reisen und das durch ihre Anwesenheit zu legalisieren.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Können Sie das beweisen? Das ist eine Unterstellung! – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Von uns war noch keiner da! – Kersten Steinke [DIE LINKE]: Beweise!)
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesen Punkten müssen wir schon klar sein. Wir können die europäische Friedensordnung und Verständigung mit Russland, was wir wollen, nur verteidigen, wenn wir prinzipienfest sind.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: So ein Quatsch!)
Deswegen: Es gibt keinen Anlass für diese Truppenmassierung. Es ist keine Übung. Es gibt keine Aggression: weder von einem NATO-Manöver noch von der Ukraine. Deswegen die klare Aufforderung des Deutschen Bundestages an Russland: Ziehen Sie diese Truppen ab, deeskalieren Sie, kehren Sie zurück ins Normandie-Format. Deutschland ist gemeinsam mit Frankreich bereit, hier zu vermitteln.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Alexander Graf Lambsdorff das Wort.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516732 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 224 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Wachsende Gefahr einer Eskalation in der Ostukraine |