22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Tagesordnungspunkt 17

Melanie BernsteinCDU/CSU - Kulturelle Identität

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß gar nicht, zum wievielten Male die Geduld der Mitglieder des Hauses nun schon mit solchen Anträgen der AfD-Fraktion beansprucht wird. Das letzte Mal durfte ich mich hier im Januar mit einem Antrag zur deutschen Sprache auseinandersetzen, in dem es um die Smartphone-Nutzungsgewohnheiten von Deutschtürken und den Wortschatz von Hipstern ging, der zu viele englische Ausdrücke enthielte.

Heute sollen wir nun also die kulturelle Identität bewahren.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das wäre schön!)

Und was steht in Ihren Anträgen? Eine angebliche „Reduktion kultureller Identität auf eine Schuld- und Schamkultur“, die Zerstörung der „uralten Solidargemeinschaft zwischen Mann und Frau“, die „zerbröselt unter schrillen feministischen Attacken“. Sie sehen eine „Erosion unserer kulturellen Grundlagen“, der „entschiedener Widerstand“ entgegenzusetzen sei. Ich kann mich dem nicht anschließen.

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Ich auch nicht!)

Sie fordern Akademien, wo Sie doch sonst immer Stiftungen zur politischen Bildung abschaffen wollen. Ich sehe in unserem Land zahlreiche Institutionen, Museen, Theater, Ausstellungen, das Goethe-Institut, die alle unsere Sprache und Kultur bewahren und dafür auch ganz viel Wertschätzung und Engagement vom Bund erhalten.

Wenn ich mich in meinem Wahlkreis umschaue, sehe ich unsere kulturelle Identität bewahrt und den nächsten Generationen nahegebracht, übrigens meist ehrenamtlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Da gibt es Heimatmuseen, alte Schulen, kleine Bibliotheken, Mühlen mit Kulturangeboten und etwa auch sprachliches Erbe, wie Plattdeutsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie sehen dies alles nicht – oder Sie wollen es schlicht nicht sehen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sehen wir!)

Aber was bezwecken Sie denn damit? Worum geht es Ihnen mit derartigen Provokationen? Es geht Ihnen doch um nichts anderes als um Ihre eigene Öffentlichkeitsarbeit.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)

Indem Sie behaupten, die sogenannten Altparteien würden die kulturellen Grundlagen unseres Landes entweder vernachlässigen oder gar gezielt zerstören wollen, stellen Sie sich als Hort der Bewahrung nationaler Tradition dar und somit als Opfer der etablierten Parteien. Und das verkaufen Sie dann auf Ihren Kanälen in den sozialen Netzwerken als vermeintlich heldenhaften Widerstand gegen das System. Dieses Spiel spielen Sie seit Beginn der Wahlperiode, und diesem Geist sind auch die vorliegenden Anträge entsprungen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Denn diese resultieren ja aus einer Rede Ihres eigenen Björn Hocke, der auf Ihrem jüngsten Parteitag vor einer, wie er es nannte, „kulturellen Kernschmelze“ gewarnt hat.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Dr. Marc Jongen [AfD]: Wer zitiert daraus?)

Sie nutzen solche Sitzungen wie diese hier, um Gesprächsstoff bei Ihrer Klientel zu generieren und um zu eskalieren. Sie fotografieren leere Sitzreihen vor Sitzungsbeginn, um den sogenannten Etablierten Faulheit zu unterstellen.

(Dr. Marc Jongen [AfD]: Zur Sache!)

Dabei haben Sie die zweitschlechteste Präsenz aller Fraktionen bei namentlichen Abstimmungen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie kommen nur zur Abstimmung, um Geld zu sparen!)

Sie schleusen Provokateure in den Deutschen Bundestag, die dann Abgeordnete bedrängen und beleidigen. Ihre Devise heißt immer wieder: Protest und Provokation.

Umso schlimmer ist das, als sich alle anderen Fraktionen – und da schließe ich die Kolleginnen und Kollegen von FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke ausdrücklich ein – seit mehr als einem Jahr gemeinsam darum bemühen, unser Land durch die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg zu führen, was wahrlich keine einfache Aufgabe ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie verbringen Ihre Zeit derweil damit, gegen eine Maskenpflicht in den Räumen des Bundestages zu klagen. Das, meine Damen und Herren, ist eine recht traurige Bilanz von fast vier Jahren parlamentarischer Arbeit.

(Zuruf: Das ist wahr!)

Zum Abschluss möchte ich gerne unseren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble zitieren, der 2018 an dieser Stelle sagte: „Wer vom Volk spricht, aber nur bestimmte Teile der Bevölkerung meint, legt Hand an unsere Ordnung.“ Das ist ungefähr alles, was ich zu Ihren Anträgen heute zu sagen habe.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP hat das Wort der Abgeordnete Hartmut Ebbing.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516756
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Kulturelle Identität
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