Hartmut EbbingFDP - Kulturelle Identität
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal – wie schon meine Vorrednerin gesagt hat – beschäftigen wir uns heute auf Wunsch der AfD mit einem Antrag zur Bewahrung der deutschen Sprache. Dieses Thema scheint eine der Hauptängste der AfD zu berühren. Mitte Januar sprachen wir hier schon einmal über die Bewahrung der deutschen Sprache. Damals unterstellten Sie noch unseren türkischstämmigen Mitbürgerinnen und ‑bürgern, weder ortsanzeigende Präpositionen zu beherrschen noch eines hochdeutschen Akzents mächtig zu sein.
(Lachen der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Heute wird es noch wirrer: Nun soll „der wachsende Einfluss des Islam“ und die „Radikalisierung des hegemonialen postmarxistischen Gedankenguts zu einer Dekonstruktion der deutschen kulturellen Identität“ führen.
(Dr. Marc Jongen [AfD]: Noch nicht mitbekommen?)
Als Hauptinstrument dieser Dekonstruktion wird behauptet, dass die deutsche Sprache geschlechtergerecht umgeformt wird.
(Volker Münz [AfD]: Ja, wird sie doch!)
Welch perfide Idee der von Ihnen so verachteten Mehrheitsgesellschaft!
(Beifall der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD] und Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Diese wagt es doch, Frauenrechte zu stärken und jahrhundertealtes Machotum endlich zu bekämpfen.
(Helge Lindh [SPD]: Das ist ja furchtbar!)
Diese längst überfällige Entwicklung soll das deutsche Volk seiner kulturellen Identität berauben? Das ist doch wirklich nicht Ihr Ernst.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Doch! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider ja!)
Was soll das denn für eine Identität sein, die Sie, die AfD, sich herbeiwünschen? Die des strukturellen Chauvinismus?
(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die AfD möchte, wie so oft, in tradierten, ausgrenzenden und spalterischen Denkschemata verharren. Die angebliche Angst um die deutsche Sprache soll hier missbraucht werden, um fortschrittliche Entwicklungen wie Emanzipation und Gleichberechtigung zu untergraben.
(Volker Münz [AfD]: Ist der Genderstern fortschrittlich?)
Insofern schlage ich mit der FDP vor, diesen Antrag rigoros – Entschuldigung, „rigoros“ ist ja mittellateinisch –, mit Bestimmtheit, abzulehnen
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
und die Pflege der deutschen Sprache denen zu überlassen, die etwas davon verstehen, wie zum Beispiel der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Ich glaube, ich habe zwei Minuten geredet. Das ist auch genug für diesen Antrag der AfD.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Helge Lindh.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516757 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 224 |
Tagesordnungspunkt | Kulturelle Identität |