22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 224 / Tagesordnungspunkt 20

Carl-Julius CronenbergFDP - Tarifbindung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute Abend über Tarifbindung. Sie soll, so die Antragsteller, gefördert und geschützt werden. Die antragstellenden Fraktionen setzen dabei auf mehr staatliche Intervention. Wir Freie Demokraten hingegen glauben nicht, dass der Staat besser als die Wirtschaft weiß, was für Betriebe und Beschäftigte gut ist.

(Beifall bei der FDP)

Wir glauben vielmehr an Subsidiarität und Tarifautonomie. Das sind die Grundlagen, mit denen gleichermaßen für den Schutz von Beschäftigten, für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und für hohen Beschäftigungsstand Sorge getragen wird.

(Beifall bei der FDP)

Die Tarifbindung ist hoch, wenn Tarifverträge attraktiv sind, wenn also Dabeisein mehr Vorteile als Nachteile bringt.

(Zurufe von der LINKEN)

Überfordert der Tarifvertrag den Arbeitgeber, dann muss er entscheiden und manchmal auch schmerzhafte Entscheidungen treffen, lieber Kollege Meiser: Wenn die Existenz des Betriebs bedroht ist, sind manchmal schmerzhafte Einschnitte unvermeidlich. Das ist dann keine Flucht, sondern geradezu gelebte Verantwortung für Beschäftigte.

Die Fraktion Die Linke fordert eine deutliche Verschärfung der Nachbindung. Dabei sollte sie bedenken, dass das gerade in schwierigen Zeiten, etwa in Zeiten von Transformation oder von Corona, zu einer Austrittswelle führen kann, also exakt zu dem Gegenteil dessen, was Sie als Antragsteller beabsichtigen.

Immer wieder – das ist schon interessant – höre ich: Die Tarifbindung muss gestärkt werden. – Dann kommen Forderungen, die Tarifverträge unattraktiver machen. Die wirtschaftliche Logik erschließt sich einfach nicht, die politische dagegen schon: Die Lust von Politik, sich in alles und jedes einzumischen, ist kaum zu zügeln und in Wahlkampfzeiten geradezu grenzenlos.

(Beifall bei der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Die Hürden für die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen sind hoch, und das aus gutem Grund. Die grundgesetzlich geschützte negative Koalitionsfreiheit steht ihr entgegen; Torbjörn Kartes hat dazu ausgeführt. Nun sollen, so der Antrag der Grünen, diese Hürden abgebaut werden. Das ist riskant. Sie ersetzen Wettbewerb durch staatliches Tarifmonopol. Das kostet Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze, und da machen wir nicht mit.

Nicht nur die Grünen und Linken mischen sich gern ein. Auch die Bundesregierung tut dies immer wieder. Es ist schon erstaunlich: einerseits das Jammern über sinkende Tarifbindung und Mitbestimmung, andererseits die Ausweitung von Regulierungen, die originär in die Zuständigkeit der Tarifpartner fallen, zum Beispiel die Brückenteilzeit. Normsetzung durch den Gesetzgeber verdrängt so Normsetzung durch die Tarifpartner; das können nicht einmal die Gewerkschaften leugnen. Das schwächt Tarifbindung, und das ist schlecht.

(Beifall bei der FDP)

Tarifbindung muss einen Unterschied machen, insbesondere bei der Fachkräftegewinnung. Wer die Tarifbindung stärken will, der nimmt die Herausforderung der Arbeit von morgen in den Blick, der vertraut auf Sozialpartner, der verzichtet auf Einmischung. Mehr Flexibilität beim Arbeitszeitgesetz – Torbjörn Kartes, vielen Dank, dass Sie sich der Position von Johannes Vogel annähern –, mehr Mitarbeiter, Kapitalbeteiligung – Bettina Stark-Watzinger hat darauf hingewiesen –, eine moderne soziale Sicherung für Selbstständige: Das schützt die Zukunftschancen der Beschäftigten und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Torbjörn Kartes [CDU/CSU])

Vielen Dank, Carl-Julius Cronenberg.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wenn das Streikrecht eingeschränkt wird, das passt aber schon als staatlicher Eingriff, gell?)

– Das war jetzt die Kurzintervention vom Kollegen Ernst.

(Heiterkeit)

Nächste Rednerin: für Bündnis 90/Die Grünen Beate Müller-Gemmeke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7516792
Wahlperiode 19
Sitzung 224
Tagesordnungspunkt Tarifbindung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta