Michael GerdesSPD - Tarifbindung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem der Linken und der Grünen! Es stimmt: Wir müssen etwas tun, um die Tarifbindung zu stärken. Als letzter Redner hat man dann eben hier das Vergnügen, dass schon alles gesagt worden ist. Deswegen will ich mich ein bisschen kurz halten. Es ist richtig, einen Antrag einzubringen, um die Tarifbindung zu stärken. Der Kollege Meiser, die Kollegin Müller-Gemmeke und natürlich auch mein Kollege Bernd Rützel haben ja mit dem, was sie gesagt haben, recht – leider ist es so –: Fakt ist, dass die Tarifbindung seit dem Jahr 2000 stetig gesunken ist.
Die Folgen sind bekannt: vor allem Niedriglöhne, längere Arbeitszeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch mangelnde Kaufkraft für die Wirtschaft,
(Zuruf von der LINKEN: Aha!)
fehlende Attraktivität der Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften und weniger Geld in den Sozialkassen. Deutlich wird dies zum Beispiel an Zahlen aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt, den Bundesländern mit den stärksten Gehaltsunterschieden. Dort erhalten die Beschäftigten in tariflosen Betrieben monatlich 17,7 bzw. 18,3 Prozent weniger Lohn und Gehalt im Vergleich zu ihren Kollegen mit tariflich bezahlten Arbeitsplätzen.
(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)
Noch deutlicher – das ist heute hier auch schon mehrfach gesagt worden – wird dies ganz aktuell bei den von uns viel beklatschten Pflegekräften: In Skandinavien sind 90 Prozent der Pflegekräfte gewerkschaftlich organisiert, in Deutschland deutlich weniger, zwischen 10 und 20 Prozent. Wir sehen und lesen nahezu täglich, wie wertvoll deren Arbeit ist, und erfahren gleichzeitig, wie schwer es ist, für diese Arbeit einen angemessenen Lohn und gute Arbeitsbedingungen auszuhandeln, ganz zu schweigen vom Mangel an Pflegekräften, dessen Ursache natürlich auch in den harten Arbeitsbedingungen und mangelnder Anerkennung liegt. Deswegen auch hier, von dieser Stelle, noch mal herzlichen Dank für Ihre Arbeit!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Tarifflucht ist kein gesellschaftliches Zukunftsmodell; es ist soziale Verantwortungslosigkeit. Das muss man mal deutlich sagen. Nur, was hilft gegen Tarifflucht am besten? Ohne Zweifel eine Stärkung der Gewerkschaften.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Und was Herr Pohl von der AfD jetzt hier gerade wieder abgezogen hat, dient eindeutig wieder dazu, einen Keil in die Gewerkschaftsbewegung zu treiben. Ich hoffe, dass viele Gewerkschafter heute zugehört haben und erfahren, wie Sie über Gewerkschaften und ihre Durchsetzungskraft denken.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Zuruf: Die sind doch gegen die Gewerkschaften! – Zuruf des Abg. Jürgen Pohl [AfD])
Ohne Zweifel ist eine Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen für ganze Branchen das Richtige, ohne Zweifel auch die Vergabe öffentlicher Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen und eine Stärkung der Tarifbindung,
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
und ohne Zweifel, meine Damen und Herren, gehören noch viele andere Punkte dazu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken und der Grünen, in den Forderungen des aktuellen Entwurfs des Zukunftsprogramms der SPD taucht der Begriff „Tarif“ insgesamt 18‑mal in unterschiedlichen Zusammenhängen auf.
(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD] – Zuruf von der SPD: Sehr gut! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Koalitionsvertrag hat der Begriff „Tarifbindung“ lediglich einmal gestanden!)
Seien Sie gewiss: Wir bleiben dran.
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Michael Gerdes. – Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7516795 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 224 |
Tagesordnungspunkt | Tarifbindung |