22.04.2021 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 224 / Tagesordnungspunkt 21

Christian WirthAfD - Bundespersonalvertretungsgesetz

Loading Interface ...
Login or Create Account






Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Frau Nicolaisen, Frau Kollegin, so ganz kann ich Ihren Optimismus nicht teilen.

(Petra Nicolaisen [CDU/CSU]: Schade! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist uns egal!)

Es hat doch den Anschein, dass in den letzten Wochen die Bundesregierung sowie die Koalitionspartner eine Reihe mit der heißen Nadel gestrickter, eigentlich sehr wichtiger Gesetze durch den Bundestag peitschen möchten.

Das Bundespersonalvertretungsgesetz stammt aus dem März 1974; seitdem wurde nur Flickschusterei betrieben. Seitdem ist Deutschland dreimal Weltmeister geworden, einmal wiedervereinigt worden, seitdem haben drei SPD-Kanzler ihre Amtszeit nicht zu Ende bringen können und zwei CDU-Kanzler an ihren Stühlen geklebt; ich verzichte aufs Gendern.

Und dies alles vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung in diesem Fall als Dienstherr einer besonderen Fürsorgepflicht verpflichtet ist. Dies wirft ein Licht darauf, welche Wertschätzung den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst von der Koalition und der Bundesregierung entgegengebracht wird. Was im Koalitionsvertrag vom ersten Tag an vereinbart war, scheint Ihnen erst jetzt wirklich wichtig zu sein, wo Sie genau wissen, dass Sie Ihre Regierung – und im Falle der Union auch die Kanzlerschaft – verlieren werden; der Wähler lässt grüßen. Dabei hatten Sie genug Zeit. Dass Ihnen das Gesetz nicht wirklich wichtig ist, sondern wohl nur jemand zufällig noch einmal den Koalitionsvertrag quergelesen hat, zeigt ja Ihr erster Entwurf.

(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])

Handwerklich ist der Entwurf so weit in Ordnung. Das Gesetz ist leserlich und besser strukturiert, da gebe ich Ihnen recht, aber ohne jede Perspektive für die Zukunft und ohne Fantasie, eine Renovierung, aber keine Sanierung eines morschen Hauses.

Aus Ihrem ersten Entwurf sprach ein tiefes Misstrauen gegen jede Form digitaler Arbeit. Ihre Inkompetenz in digitalen Fragen und der seit Jahren spürbare Unwille, dieses Land in Fragen der Digitalisierung endlich auf ein der Wirtschaft entsprechendes Niveau zu führen, ist auch in diesem Gesetzesvorhaben spürbar gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Aus Fristen und Bestimmungen war klar abzulesen, dass Sie die Digitalisierung bestenfalls als Übergangslösung in Zeiten der Coronakrise haben wollen. Wenn die nächste Bundesregierung dann, spätestens nach der Wahl, die Pandemie für beendet erklärt,

(Lachen der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

sollte es dann schnell wieder zurück zu Notizzettel und Fax gehen. Was von der Schule bis zum Großkonzern seit nun einem Jahr geübt wird, was überraschend gut funktioniert, aber natürlich nie perfekt sein kann, konnten Sie sich anscheinend nicht für Ihre eigenen Beamten und Angestellten vorstellen. Das habe auch ich in meiner Rede in der ersten Lesung kritisiert.

Es spricht für Sie, dass Sie wenigstens zum Teil die Kritik ernst genommen und gelernt haben. Ihr Änderungsantrag ist nicht perfekt. Die Konkretisierung für die digitalen Sitzungen, Onlinesprechstunden usw. zeigt, dass, wenn Sie von selbst nicht drauf kommen, Sie immerhin diesmal bereit waren, zuzuhören. Die zusätzlichen Möglichkeiten zu digitaler Beschlussfassung sind ebenfalls lobenswert. Deswegen werden wir dieser überfälligen Novelle zustimmen, mit den angesprochenen Änderungen natürlich.

Klopfen Sie sich dafür aber nicht zu sehr auf die Schulter! Das alte Gesetz ist ein zu überlastetes, kaputtes Stückwerk, um es stehen zu lassen. Der Entwurf ist nicht schlecht genug, um unter diesen Umständen ein Nein wert zu sein. Die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sind zu wichtig und zu verdienstvoll, um sie im Regen stehen zu lassen.

Wenn man sich anschaut, dass die noch ein paar Wochen regierende Koalition heute gemeinsam auf 34 Prozent kommt, ist das der verdiente Lohn für Ihre Fantasielosigkeit, Ihre Trägheit und Ihre Zukunftsängste. Wenn nicht absehbar wäre, welche Katastrophe Ihnen folgen wird, würde Ihr absehbarer Abgang nicht nur die AfD, sondern wahrscheinlich auch die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst hoffnungsvoll stimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Dr. Wirth. – Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Thomas Hitschler.

(Beifall bei der SPD)

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7516800
Electoral Period 19
Session 224
Agenda Item Bundespersonalvertretungsgesetz
00:00
00:00
00:00
00:00
None